Die Ökonomie des Krieges
28. Januar 2007Die Kriege der Vergangenheit hatten eines gemeinsam: Sie haben die Finanzen des Landes aufs Höchste belastet. Doch die Kriege haben sich geändert, und somit auch ihre Finanzierung. Statt mit hochgerüsteten, staatlich finanzierten Armeen sind die neuen Kriege der Warlords und Milizen mit Ressourcen finanziert, die unter ihrem unmittelbaren Einfluss stehen.
Die "neuen Kriege" - wie sie der Politologe und Autor des gleichnamigen Buches Herfried Münkler nennt - zeichnen sich in ihrer Organisation vor allem durch eins aus: geringe Kosten. Billige automatische Gewehre und Landminen aus Restbeständen; Mehrfachraketenwerfer auf einem Kastenwagen ersetzen den Schützenpanzer von damals. Die Armee muss nicht mehr ausgebildet und trainiert werden: Eine Maschinenpistole mit hoher Schussfrequenz ersetzt das Zielen. Der Ausbruch eines Konflikts kann religiöse oder politische Gründe haben. Durch Interessengruppen die von diesem Streit profitieren, wird die Auseinandersetzung dabei zusätzlich angeheizt. Reiche Geldgeber im Ausland unterstützen so die Kriegsstaaten finanziell. Sie investieren bereits im Vorfeld, damit der Konflikt vom Streit zum Krieg wird und sie im Kriegsgebiet mit beiden Seiten Geschäfte machen können. Denn auch dieser Krieg ist nicht kostenlos. Auch Söldner, Bestechungen und die Logistik müssen finanziert werden, deshalb sind die Guerillas und Milizen auf Unterstützungszahlungen angewiesen.
Blutdiamanten
So haben etwa in Sierra Leone die Diamantenminen den Krieg direkt finanziert. Bis vor einigen Jahren waren vier Prozent der in Umlauf befindlichen Diamanten aus derartigen Minen. "Konflikt-" oder "Blutdiamanten" sind mittlerweile auch ins Bewusstsein der Medien geraten, selbst Hollywood thematisiert diese Art der Kriegsfinanzierung in einem Blockbuster: Im Januar 2007 erschien "Blood Diamonds" von Edward Flick, der den Konflikt in Sierra Leone thematisiert.
Ressourcen und Ressourcenfluch
Die Ressourcen bestimmen die Schauplätze: Nicht selten sind rohstoffreiche Länder krisengeschüttelt. Diese Ressourcen könnten den Ländern wirtschafliche Stabilität bringen. Stattdessen führt der Ressourcenfluch oft zur Störung der Volkswirtschaft und damit zu einem Rattenschwanz an Problemen. Die aus dem Verkauf der Rohstoffe erwirtschafteten Gelder fließen direkt in die Finanzierung des Konflikts. Der Abbau von Bodenschätzen, der sich nicht um die Sicherheit oder Menschenrechte von Arbeitern zu kümmern braucht, hat eine größere Gewinnspanne - wer bezahlte Söldner als Wächter einsetzt, hat kein Problem mit Gewerkschaften. Die Arbeitskraft ist billig und das Leben der Arbeiter zweitrangig.
Die Waffen und die Waffenindustrien
"Wenn gelegentlich doch einmal schwere Waffen zum Einsatz kommen, handelt es sich um eine Art von Resteverwertung", schildert Herfried Münkler die Lage der Waffenbestände aus dem "Kalten Krieg". In mehr als 25 Staaten gibt es illegale Kleinwaffen-Industrien und meistens stellen sie ein innerpolitisches Wirtschaftsstandbein für die produzierenden Länder dar. Legale "graue Märkte" sind dabei ein ebenso großes Problem wie die weltweiten Schwarzmärkte, die bis in die Bevölkerung reichen. Teilweise werden Drogen gegen Waffen getauscht. Ein weiteres wesentliches Element der Kriegsfinanzierung ist der Handel mit Menschen. Mädchen- und Frauenhandel, Verkauf von Arbeitssklaven oder Kleinkindern und Säuglingen. Familien aus den Wohlstandsländern versuchen immer öfter, so ihren Kinderwunsch zu verwirklichen, ohne sich den daraus resultierenden Folgen des "Geschäfts" klar zu sein.
Abgefangene Helfer
Ein anderes Opfer der Rebellen sind Hilfskonvois. Milizen bemächtigen sich der benötigten Arzneien oder verkaufen die Beute – um sich weiter zu finanzieren. Überfälle schwer bewaffneter Banditen auf Hilfskonvois und Lager führen so dazu, dass die Helfer aus den Kampfgebieten abgezogen werden und den Bedürftigen die nötige Hilfe entzogen wird.
Die Folgen dieser Entwicklung sind nur schwer abzuschätzen. Auch, wenn die kurzfristigen Kosten der neuen Kriege gering sind, ziehen sie auf längere Sicht viel höhere Wiederaufbaukosten nach sich. Während die großen Kriege der Geschichte häufig die Funktion der Staatsbildung hatten, bringt die neue Form der Kriege nur Zerstörung und Verlust, aber keine Lösung des Konflikts.
Bela Beier, Rafael Bujotzek und Ferdinand von Reinhardstoettner, Studiengang Online-Journalismus, Hochschule Darmstadt