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Wächter des Waldes

15. August 2011

Um die indonesischen Wälder nachhaltig aufzuforsten, braucht die Regierung die Unterstützung der indigenen Bevölkerung. Doch das Misstrauen der Bevölkerung ist nach jahrzehntelanger Ausplünderung der Wälder groß.

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Vertreter des Sasak-Volks in traditioneller Tracht (Foto: DW)
Waldschutz ist Teil ihrer Lebensaufgabe: das Sasak-Volk auf LombokBild: DW

Laute Rufe, geballte Fäuste, auf Pappkartons hastig gekritzelte Forderungen - aufgebrachte Dorfbewohner versuchen zu verhindern, dass eine internationale Besuchergruppe den Mejet Wald in Nordlombok betritt.

Eigentlich sind die Teilnehmer einer Waldkonferenz auf der indonesischen Insel Lombok gekommen, um ein erfolgreiches Waldprojekt zu besichtigen. Doch die Dorfbewohner sind verärgert und misstrauisch. Sie vermuten, dass der Besuch nur ein Vorwand sei, um den Wald an ausländische Investoren zu verkaufen. Schließlich war das in der Vergangenheit oft so.

Nach einigem Hin und Her wird das Programm geändert. Es gibt keine Besichtigung. Stattdessen nehmen alle, sowohl Besucher als auch Dorfbewohner, an einem Treffen mit dem örtlichen Regenten teil.

Existentielle Ängste

Waldbewohner in Lombok, Indonesien, protestieren gegen den Besuch einer internationalen Gruppe(Foto: DW)
Viele Dorfbewohner misstrauen AußenstehendenBild: DW

Hier wird erst einmal beruhigt und geschlichtet. Zusammen mit dem örtlichen Regenten wird erklärt, dass die Besucher in erster Linie lernen wollen - sie seien nicht gekommen, um den Wald aufzukaufen. Langsam beruhigen sich die Gemüter. Für die Dorfbewohner steht ihre Existenz auf dem Spiel. Sie haben viel investiert, um den Wald optimal zu nutzen.

Was für viele Dorfbewohner selbstverständlich ist, nämlich die Nutzung des anliegenden Waldes, ist für die indonesische Regierung ein großes Problem. Das indonesische Waldministerium schätzt, dass es rund 33.000 Dörfer gibt, die auf staatlichen Waldgebieten oder in deren Nähe liegen. Rechtlich gesehen nutzen sie illegal den Wald, auch wenn sie seit Generationen dort leben. Um eine Lösung für das Problem zu finden, hat die indonesische Regierung angeboten, die Waldnutzung an die Bevölkerung zu verpachten. Die Lokalbevölkerung erhält damit das Nutzungsrecht für ein bestimmtes Waldgebiet. Im Gegenzug verpflichten sich die Dorfbewohner, den staatlichen Wald zu pflegen und zu schützen. Doch was passiert, wenn der staatliche Produktionswald fließend in ein Naturschutzgebiet oder eine traditionelle Stätte übergeht?

Ein Leben für den Wald

Am Fuße des Rinjani, des zweithöchsten Vulkans Indonesiens, liegt das Dorf Santong und der dazugehörige Santongwald. Ein Trampelpfad führt tiefer in den Wald, gesäumt von hohen Bäumen, die sich in den Himmel recken. Sie dienen als Schutz für Kaffeebäume, Bananenstauden, Vanillepflanzen und Nelkengewächse.

Kaffeebäume und Banaenstauden wachsen im Schutz hoher Bäume (Foto: DW)
Seit 1996 forsten Dorfbewohner den Santongwald systematisch aufBild: DW

Seit 1996 betreibt die Bevölkerung hier die sogenannte Agroforestry - die gemischte ackerbauliche und forstwirtschaftliche Landnutzung, um den Wald wiederaufzuforsten. Das Gebiet ist 221 Hektar groß, davon dürfen rund 140 Hektar genutzt werden, der Rest ist Naturschutzgebiet. Rund 260 Familien leben von den Erträgen des Waldes.

Alles scheint harmonisch. Doch auch hier gibt es Reibungspunkte, sagt Masidep ein Vertreter des in Lombok ansässigen Sasak-Volkes. "Die meisten hier denken nur an Profit", klagt Masidep. Für die indigene Bevölkerung, jedoch zähle der Schutz des Waldes viel mehr. "Wir müssen den Wald wahren und auch das Wasser, denn Wasser spendet Leben. Das müssen alle respektieren", argumentiert er.

Hüter des Gleichgewichts

Die Sasak sind eine ethnische Gruppe, die auf der indonesischen Insel Lombok etwa 85 Prozent der Einwohner ausmacht. Stolz erzählt Masidep, dass er seinen Stammbaum bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen kann. In dieser Gegend sind die Klans der Sasak seit Jahrhunderten die Wächter des Waldes. So ist die Rangga-Familie traditionell zuständig für den Waldschutz, erzählt Rangga Topan Yamanullah.

Eine Frau balanciert einen Sack mit Tierfutter auf dem Kopf
Ohne den Wald können viele Dorfbewohner nicht überlebenBild: DW

Die Sasak können beweisen, dass sie schon länger in Lombok leben. "Es gibt Überlieferungen über alte Rituale: Wenn man den Wald betritt, muss man sich vorher säubern. Es gibt bestimmte Tage, Zeiten, wann das günstig ist - nicht so wie jetzt", erklärt Rangga Topan Yamanullah. "Jetzt zählt nur noch, was die einzelnen verdienen. Wir dagegen sind hier, um das Gleichgewicht der Welt zu wahren."

Die Sasak sehen den Waldschutz als Teil ihrer Lebensaufgabe. Doch von den unterschiedlichen Gruppen, die den Santongwald nutzen, sind nur ein Drittel Sasak. Die Mehrheit besteht aus zugewanderten Indonesiern. Die Sasak hoffen einerseits, dass die indonesische Regierung ihnen die gleichen Rechte zur Waldnutzung einräumt, wie der restlichen Bevölkerung. Andererseits erwarten sie, dass die Regierung ihre heiligen Stätten schützt und die umliegenden Wälder nicht zu Produktionswäldern umfunktioniert.

Wettlauf mit der Zeit

Das Beispiel des Santongwaldes zeigt, wie viele Fragen noch zu klären sind. Wem gehören die Nutzungsrechte der Wälder, wie verlaufen die Grenzen der jeweiligen Waldgebiete, und wie kann die lokale Bevölkerung in den Waldschutz eingebunden werden, ohne dass sie wirtschaftliche Einbussen haben? Alles Fragen, die die indonesische Regierung noch beantworten muss.

Indonesische Kinder und Jugendliche suchen im Wald Schutz vor dem Regen (Foto: DW)
Kinder des Sasak-Volkes lernen früh den Wald zu schützenBild: DW

Die Zeit drängt: Indonesien verliert trotz eines zweijährigen Abholzmoratoriums jährlich über eine Million Hektar Waldfläche. Internationale Untersuchungen haben gezeigt, dass die besten Wächter der Wälder die Menschen sind, die seit Generationen mit und von dem Wald leben. Also macht es auch für die indonesische Regierung Sinn, sich mit der indigenen Bevölkerung zu verbünden, um den Wald zu schützen und wieder aufzuforsten.

Das Waldministerium arbeitet bereits an Lösungen, sagt Erna Rosdiana vom Direktorat für die Entwicklung von sozialer Aufforstung. Der Besuch in Lombok habe ihr gezeigt, wie die Situation vor Ort tatsächlich aussehe. Sie wird versuchen, Lombok zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu besuchen - in der Hoffnung, dass beim nächsten Besuch der Empfang freundlicher ausfallen wird.

Autorin: Ziphora Robina
Redaktion: Helle Jeppesen