Kommentar: G8 ohne Impulse
20. Mai 2012Die Frage nach dem zweitägigen Gipfel in Camp David lautet natürlich: Hat er Ergebnisse gebracht? Haben die acht versammelten Staats- und Regierungschefs zusammen mit ihren afrikanischen Gästen irgendwie die Welt verändert? Nein, haben sie nicht. Bekannte Standpunkte wurden ausgetauscht. Sowohl zur Schuldenkrise in Europa als auch zur Lage an den Krisenherden der Welt. Die Initiative zur Stärkung Afrikas, die schon vor drei Jahren geboren wurde, wurde bei einem Mittagessen mit afrikanischen Führern noch einmal bekräftigt. Das war es dann auch.
Verzwickte Lage in Europa
Ich hoffe, dass dieses magere Ergebnis nur der offizielle Teil der Veranstaltung war. Wenn die Dame und die Herren schon informell zusammen sitzen, erwarte ich, dass sie wirklich ungeschminkt und ungeschönt diskutieren, wenn die Türen zu sind. Zu besprechen gibt es wahrlich genug. Die Lage in Europa wird immer verzwickter. Bundeskanzlerin Merkel jetzt als die Schuldige hinzustellen, weil sie auf Konsolidierung der Haushalte besteht, ist geradezu absurd.
Ohne eine schmerzhafte Sanierung der Staatsfinanzen, die vielen Ländern, auch dem Land des gewandten Gastgebers Barack Obama, noch bevorsteht, gibt es keinen langfristigen, dauerhaften Ausweg aus der Schuldenkrise. Da mögen der neue französische Präsident Hollande und der italienische Übergangspremier Monti noch so viele kuschelige Gemeinsamkeiten mit dem im Wahlkampf stehenden US-Präsident Obama entdecken, am Ende zählen die Fakten. Ein Fakt ist, dass über neue Schulden finanzierte Konjunkturprogramme ein Irrweg wären. Da hat die Bundeskanzlerin Recht, auch wenn sie in der exklusiven Achter-Runde offenbar ziemlich einsam war.
Nächster Stopp: Brüssel
Immerhin hat sie durchgesetzt, dass das Abschluss-Papier des G8-Gipfels stark interpretationsfähig ist. Jeder kann daraus lesen, was ihm in den innenpolitischen Kram passt. Schuldenreduzierung und Wachstum müssen gemeinsam geschafft werden. Richtig! Nur neue Rezepte oder Ideen, wie das geleistet werden kann, vermisse ich leider. Das Problem wird an den nächsten Gipfel weitergereicht, wenn die Europäer wieder unter sich sind. Am Mittwoch bereits wird Francois Hollande in Brüssel beim EU-Gipfel seinen ersten großen Auftritt haben. Die Ideen des Sozialisten hören sich wohlfeil an, doch mit den Eurobonds, also der Vergemeinschaftung der Schulden, wird er bei Bundeskanzlerin Merkel hoffentlich auf Granit beißen. Die Risiken sind einfach zu groß für die wenigen solventen Staaten, die in Europa noch übrig sind.
Griechenland geht alle an
Ein gutes Ergebnis hat der Gipfel aber immerhin: Das Bekenntnis zu Griechenland in der Euro-Zone. Das Land kann und darf man nicht einfach sich selbst überlassen. Das Angebot an die Griechen ist klar. Hilfe ist an Bedingungen geknüpft. Jetzt haben die Griechen das letzte Wort. Die Wahl im Juni wird sogar für Barack Obama interessant. Scheitert der Versuch, Griechenland in der Euro-Zone zu halten, könnte die folgende Rezession in Europa die Weltwirtschaft und damit auch die USA mit in den Strudel ziehen. Und das kann Obama so kurz vor der Präsidentschaftswahl im November überhaupt nicht gebrauchen. In einer globalisierten Welt sind wir alle Griechen, Europäer, Amerikaner, weil alle voneinander abhängig sind.