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Die Welt des Wassers studieren

Heike Mund5. September 2013

Überschwemmungen und Dürre, Überfluss und Durst - der weltweite Umgang mit Wasser ist zum Problem geworden. Am UNESCO-Lehrstuhl für Hydro Change in Aachen suchen Wissenschaftler und Studenten nach Lösungen.

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Wassertropfen fallen ins Wasser (Foto: Fotolia/FG)
Bild: Fotolia/FG

Komplizierte Fachsimpelei ist nicht seine Sache. Wenn es um sein Forschungsgebiet, das Wasser geht, mag der Aachener Professor Heribert Nacken es gerne verständlich und bemüht dafür auch schon mal die Dinosaurier. Denn die haben sich schon vor Millionen Jahren um das kühle Nass gestritten. "Letztendlich ist die Summe Wasser, die wir auf der Welt haben, eine begrenzte Größe", betont der Wissenschaftler, der den deutschen "UNESCO-Lehrstuhl für Hydrologischen Wandel und Wasserressourcen-Management", kurz "Hydro Change", an der RWTH Aachen leitet. "Das bedeutet: Immer mehr Menschen müssen sich um die gleiche Menge Wasser kloppen.“

Nach Angaben der Vereinten Nationen haben rund 780 Millionen Menschen weltweit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Der Kampf um die knappe Ressource Wasser ist in vielen Regionen der Erde Auslöser für Konflikte. Naturkatastrophen und Wetterextreme in Folge des Klimawandels nehmen zu. Am UNESCO-Lehrstuhl erforscht Heribert Nacken, wie Wasser weltweit gerechter und sparsamer genutzt werden kann. Intensiv beschäftigen sich der Wissenschaftler und seine Studierenden daher mit dem Bau von Staudämmen und Talsperren, der Renaturierung von Flüssen, Fluss-Stabilisierungen und dem Hochwasserschutz.

UNESCO-Lehrstuhl Hydro Change an der RWTH Aachen: Lehrstuhlinhaber Prof. Heribert Nacken in seinem Büro (Foto: DW/Heike Mund)
Professor Heribert Nacken will das Thema Wasserwirtschaft für alle verständlich machenBild: DW/H. Mund

Wasserwirtschaft für alle verständlich machen

"Wir haben das Thema Wasser früher viel zu technisch angesehen", meint Nacken selbstkritisch. "Mittlerweile ist auch uns Ingenieuren klar, dass die ganzen ökologischen Dinge mit berücksichtigt werden müssen." Das UNESCO-Motto "Nachhaltigkeit lernen" ist für den Professor nicht nur in seinen Forschungen Auftrag und Ansporn, sondern auch in seinen Lehrmethoden. Die gefielen der UNESCO so gut, dass sie seinen Lehrstuhl 2010 auszeichnete - als einen von nur insgesamt zehn deutschen Lehrstühlen. Weltweit gibt es fast 800.

Nackens Philosophie ist das lebenslange Lernen: Vom Kindergartenalter an bis zum Seniorenstudium können seine interaktiven Lernmodule verwendet werden. Vom Comic bis zum Youtube-Video kommen bei ihm die unterschiedlichsten Medien kreativ zum Einsatz. So kann jeder Student die für ihn passende Lernmethode finden, erläutert der Professor sein Lehrmodell. "Wenn jemand sich lieber ein Video im Netz angucken will statt in meine Vorlesung zu kommen, ist das völlig in Ordnung."

Hochwasserhelfer in der überfluteten Innenstadt von Grimma (Foto: Getty Images)
Vor allem Ostdeutschland - hier die Innenstadt von Grimma - war in diesem Sommer vom Hochwasser betroffenBild: Getty Images

Praxisnaher Unterricht in Hochwasserschutz

Reines Auswendiglernen und das Pauken von Klausurenstoff - das ist ihm zu wenig. Die Studenten sollen in den virtuellen Lernräumen mit dem Thema arbeiten, bis sie es begriffen haben. "Ihr müsst in der Lage sein, zu eurer Oma, zu eurem Opa zu gehen und mit eigenen Worten zu erklären, was der Wasserkreislauf ist. Und wie der funktioniert. Oder wie Hochwasserrisiko-Management funktioniert", ermuntert er seine Studierenden.

In diesem Sommersemester war das Hochwasser in Deutschland das übergreifende Thema, aus dem auch Nacken praxisnahen Anschauungsunterricht machte. In Sondervorlesungen berichteten Assistenten von ihren Erfahrungen vor Ort, erzählt Masterstudentin Brigitta Poddey. Und alle durften anschließend ihre Ideen zum Hochwasserschutz einbringen.

Zu selbst entwickelten Lösungsansätzen zu kommen, sei Grundkapital für den späteren Beruf, meint Brigitta optimistisch. "Hochwasserschutz ist zukunftsträchtig, denn überall auf der Welt werden Ingenieure gebraucht, die sich damit auskennen."

Mehr über Wasserkraftanlagen lernen

Kein Wunder, dass an Nackens Lehrstuhl auch viele ausländische Studierende zu finden sind. Die Chinesin Wangjuan Dong etwa möchte in Deutschland möglichst viel über Wasserkraftanlagen lernen. Denn davon würden in China immer mehr gebaut, um Strom und Energie zu erzeugen, erzählt sie. An die RWTH Aachen ist Wangjuan Dong gekommen, um hier ihren Master zu machen.

Die ersten Studienmonate seien hart gewesen, sagt sie. Da habe sie teilweise gedacht, sie schaffe das Ingenieurstudium nicht. Ein einziger Deutschkurs reiche nicht aus, um die Professoren verstehen zu können. "Sie stehen vorne und reden so schnell, dass ich fast nichts verstehe." Auch die Klausuren seien für sie sehr schwer gewesen. "In China haben wir mehr Zeit und weniger Aufgaben." Mit Nackens multimedialen Lehrmethoden kommt Wangjuan Dong dagegen gut zurecht. Im virtuellen Lernraum kann sie alles in Ruhe nacharbeiten.

Die Masterstudentin Wangjuan Dong (rechts) mit Kommilitoninnen (Foto: DW/Heike Mund)
Masterstudentin Wangjuan Dong (rechts) interessiert sich vor allem für den Bau von WasserkraftanlagenBild: DW/H. Mund

Wissenskapital fürs Berufsleben

Seine Studenten gehen gut vorbereitet in die Klausuren, merkt Nacken stolz an. Die Durchfallquote ist in Aachen deutlich geringer als an anderen Universitäten. "Hier bei uns wollen wir die kreativen Geister ausbilden, die neue Probleme auch lösen können. Insofern ist Kreativität ein ganz großer Punkt."

Seinen Absolventen stehen damit auch weltweite Berufsperspektiven offen. Denn wie alle Professoren der UNESCO-Lehrstühle verfügt auch Nacken über sehr gute internationale Kontakte, weil er das weltweite Netzwerk der Organisation nutzen kann. "Unsere Zielregion ist aber eher der arabische Raum", erklärt der Professor. Besonders in Ägypten sei er viel unterwegs. Mit guten Ratschlägen zum Wassermanagement hält er sich allerdings zurück. "Wasserwirtschaft hier und Wasserwirtschaft dort - das sind zwei Paar Schuhe", betont Nacken. "Da braucht es neue Lösungen."