Die Vergessenen von Kolumbien
Am Sonntag stehen in Kolumbien Präsidentschaftswahlen an. Die Spanne zwischen Arm und Reich ist dort weltweit mit am größten. Tausende Bürgerkriegsflüchtlinge schauen unsicher auf einen möglichen Regierungswechsel.
Ungleichheit
Obwohl seit eineinhalb Jahren offiziell Frieden besteht, hat sich die Lage der Bürgerkriegsflüchtlinge nicht geändert. "Kolumbien ist gespalten zwischen denen, die ein richtiges Haus besitzen und uns, die eine Hütte mit Blechdach haben, denen, die essen, wann sie möchten, und uns, die mit einer Mahlzeit am Tag auskommen müssen," sagt der dreifache Vater Jose Pineda.
Am Abgrund
Pineda floh mit seiner Familie, nachdem er brutal gefoltert worden war. Der blutige Bürgerkrieg, der die letzten fünf Jahrzehnte wütete, führte zur massenhaften Vertreibung der kolumbianischen Landbevölkerung aus ihrer Heimat. Mehr als 220.000 Menschen starben, tausende von Familien flohen in die vermeintliche Sicherheit der Städte. Dort leben sie in Slums am Rande der Gesellschaft.
Umstrittener Frieden
2016 schloss die kolumbianische Regierung unter Präsident Juan Manuel Santos ein Friedensabkommen mit den linksgerichteten "Revolutionären Streitkräften Kolumbiens" (FARC). Santos erhielt dafür den Friedensnobelpreis. Mit dem Vertrag sind aber nicht alle zufrieden. Kritisiert wird vor allem, dass die früheren FARC-Rebellen amnestiert wurden und sich mittlerweile politisch betätigen dürfen.
Alltag im Elend
Die in Armut lebenden Flüchtlinge sind enttäuscht, dass der Frieden ihre Aussichten in keiner Weise verbessert hat. Als sie aus ihrem Land vertrieben wurden, mussten sie außerhalb der Städte Hütten errichten und fürchten seitdem die Räumung. Ganze Familien leben dort unter miserablen Bedingungen. Die wenigsten haben das Geld für ein Busticket - wenn der Bus überhaupt einmal kommt.
Verlorenes Zuhause
"El Ensueno" gehört zum Slum "Ciudad Bolivar", der im Süden der Hauptstadt Bogota liegt. Der ehemalige Polizist Oscar Lezama und seine Familie gehören zu den Opfern des Konfliktes. Wie sie leben immer noch 13 Millionen Menschen in Armut. Der Krieg ist für sie noch nicht vorüber.
Kindheit mit Gewalt
In "El Ensuelo" und anderen Regionen wachsen Kinder zwischen bewaffneten Banden auf, die Drogenhandel, Schutzgelderpressung und illegalen Bergbau von den linken FARC-Rebellen übernommen haben. Die Zukunft der Armen hängt davon ab, ob es der künftigen kolumbianischen Regierung gelingen wird, einen dauerhaften Frieden zu schaffen und Gewalt von den ländlichen Regionen fernzuhalten.
Scheinbare Normalität
Die Menschen in "El Ensuelo" gehen ihrer Arbeit nach. Die Sicherheitslage hat sich seit der Entwaffnung der FARC-Rebellen zwar deutlich verbessert: Weite Teile des Landes sind wieder zugänglich, militärische Auseinandersetzungen sind beendet. Die Gewalt in einigen Regionen könnte aber die Armut und die gesellschaftliche Spaltung verschärfen.
Kaffee-Ernte
Paramilitärische Kräfte besetzten die Farm der verwitweten Deysi Garcia in Viota. Später fand man dort zwei Leichen. Aus dem Gefängnis freigelassen, gelang es der Mutter von fünf Kindern, ihre Kaffee-Pflanzen zu retten. Die amtierende Regierung hat ein ambitioniertes Programm der Landrückgabe eingeführt, aber ohne genauere Pläne für die, die in die Städte verdrängt wurden.
Ungewisse Zukunft
Der Wahlfavorit Iván Duque von der rechtsgerichteten Partei Centro Democrático will das Abkommen mit den FARC wesentlich verändern. Sollten die Ex-Guerilleros daraufhin wieder zu den Waffen greifen, könnte das den Friedensprozess um Jahre zurückwerfen.
Schlechte Alternativen
Bei der Parlamentswahl im März lagen die Gegner des Friedensvertrags vorne. Die FARC-Partei kam nur auf einige Zehntausend Stimmen. Eine neue Eskalation der Rebellen würde vor allem wieder die Landbevölkerung treffen. "Wir bleiben neutral, um nicht in Schwierigkeiten zu geraten", sagt die 45-jährige Luz Maria Guehia. "Aber wir haben Angst, dass wir wieder vertrieben werden könnten."