Die USA, ein zerrissenes Land - auch im Kino
Nichts spiegelt die Spaltung der Supermacht so wider wie der Blick, den Hollywood auf amerikanische Geschichte wirft. Seit 12 Monaten ist Donald Trump US-Präsidenten - auch ein Symbol für die Zerrissenheit des Landes.
1. Kapitel: der Western
Kein anderes amerikanisches Filmgenre hat den Mythos von der Besiedlung des Kontinents durch den "weißen Mann" so oft erzählt wie der Western. Dabei waren die Rollen lange klar verteilt: Die Cowboys und weißen Siedler waren die "Guten", die Indianer, die "Rothäute", die "Bösen" - selbst in einem anerkannten Klassiker wie John Fords "The Searchers" aus dem Jahre 1956.
Der Anti-Western
Erst spät setzte sich bei Autoren, Produzenten und Regisseuren der Gedanke durch, dass die amerikanische Geschichte nicht so eindeutig verlaufen ist, wie Hollywood das den Zuschauern lange erzählt hatte. Dass es bei der Besiedlung des Kontinents zu vielen blutigen Massakern an den Indianern gekommen war, zeigten dann vor allem in den 1970er Jahren Filme wie "Little Big Man" mit Dustin Hoffman.
2. Kapitel: Filme über Politiker
Der Blick Hollywoods auf Politik und Politiker war ebenfalls lange geprägt von Heroismus und Verklärung. Insbesondere Präsidenten wie Abraham Lincoln, aber auch zeitgenössische Politiker, wurden oft als Helden der Gesellschaft präsentiert. Über Lincoln wurden Dutzende Filme gedreht, Schauspieler wie Henry Fonda schlüpften in die Rolle des edlen Charakters - wie in "Young Mr. Lincoln" (1939).
Der Blick hinter die Polit-Kulissen
Doch Hollywood wäre nicht Hollywood, wenn es sich nicht auch dazu aufgeschwungen hätte, Gegenbilder zu entwerfen. In dem 1963 inszenierten Film "Der Kandidat" mimt ebenfalls Henry Fonda einen ehrwürdig-idealistischen Politiker. Doch Regisseur Franklin J. Schaffner setzte Fonda in der Gestalt des von Cliff Robertson gespielten Kandidaten einen ruch- und skrupellosen anderen Politikertyp entgegen.
3. Kapitel: Kriegsfilme
Insbesondere nach 1945 setzte Hollywood auf eine Verklärung amerikanischer Kriegseinsätze. Über den Zweiten Weltkrieg und über das US-Engagement in Korea wurden zahlreiche Streifen mit heroischem Ansatz gedreht. Die "Rambo"-Filme mit Sylvester Stallone nutzen dann den Vietnam-Krieg, um amerikanische Ideale, vor allem aber auch das Prinzip der Selbstjustiz zu verherrlichen.
Der kritische Kriegsfilm
Gerade über den amerikanischen Kriegseinsatz in Vietnam entstanden aber auch zahlreiche kritische Filme. Eine neue Generation von jungen Regisseuren, die unter dem Begriff "New Hollywood" in den 1970er Jahren bekannt wurde, nahmen den Südostasien-Krieg zum Anlass, sehr kritisch auf die US-Gesellschaft zu blicken. Robert Altmans zynischer Film "M*A*S*H*" von 1970 war einer der ersten.
4. Kapitel: Science Fiction/Raumfahrt
Ein Hohelied auf den Pioniergeist amerikanischer Raumfahrt wurde in Filmen wie "The Right Stuff" angestimmt. US-Technologie und der Mut von Testpiloten und Astronauten erschienen in einem verklärten Licht. Der deutsche Verleihtitel des Films aus dem Jahre 1983 verdeutlichte noch besser, um was es ging: "Der Stoff, aus dem die Helden sind".
Alles nur Fake News?
Doch Hollywood konnte auch anders. 1978 inszenierte Peter Hyams den Film "Unternehmen Capricorn", der von einer gewaltigen Täuschung der NASA erzählt. Die angebliche Fahrt einer US-Mission zum Mars ist dort nur inszeniert. In Wahrheit hat sie nie stattgefunden. Hintergrund: Damals kursierten Verschwörungstheorien, die besagten, dass die Amerikaner auch die Mond-Missionen nur vorgetäuscht hätten.
5. Kapitel: Amerikas Traum vom Aufstieg
1990 war "Pretty Woman" einer der größten Hits im Kino. Die traumhaft anmutende Geschichte der Prostituierten Vivian Ward, die zur Millionärsgattin wird, bot eine Variante des amerikanischen Traums vom Aufstieg des Tellerwäschers zum Millionär. Menschen in aller Welt stürmten damals die Kinos, um sich von einer nahezu heilen, optimistischen (Hollywood-)Welt verzaubern zu lassen.
Die Kehrseite der Wirtschaft
Aber auch hier verdüsterte sich irgendwann der Blick amerikanischer Regisseure und Drehbuchautoren. Markantes Beispiel für einen kritischen Blick auf Wirtschaft und soziales Gefüge war 1987 der Film "Wall Street" von Oliver Stone. Die Darstellung des Börsenmaklers Gordon Gekko durch Michael Douglas war legendär - und angesichts späterer Entwicklungen an den Börsen durchaus auch prophetisch.
6. Kapitel: Die Presse
Die Kraft und Unbestechlichkeit der amerikanischen Presse feiert Hollywood seit Jahrzehnten. Die Institution Presse, vornehmlich repräsentiert durch die Zeitungen, wird in diesen Filmen zum wahren Hüter des Gemeinwesens. Jüngstes Beispiel: Steven Spielbergs neuer Film "The Post", in dem es um die Aufdeckung eines Politskandals in den 1970er Jahren geht.
Pressemacht als Abschreckung
Erstaunlicherweise hatte Hollywood aber auch schon früh einen Blick dafür, dass auch die Macht der Presse missbraucht werden kann. Diesen realistischen Ansatz verfolgte beispielsweise 1941 Orson Welles in seinem Meisterwerk "Citizen Kane", in dem er den fiktiven Zeitungsmagnaten Charles Foster Kane porträtierte. Vorbild für die Figur war der US-Verleger William Randolph Hearst.
7. Kapitel: Gesellschaftsbilder
Man kann nicht sagen, dass Hollywood früher nur unterhaltende und verklärende Filme produzieren ließ, und erst spät zu einer auch kritischen und reflektierenden Haltung fand. Richtig aber ist wohl: Früher war alles bunter und schöner, die Menschen tanzten sich durch farbige Kulissen - wie hier in "Der Zauberer von Oz". Hollywood bot den Zuschauern unterhaltende Ablenkung und Zerstreuung.
Ende der Illusionen nach 1968
Die jungen Regisseure von "New Hollywood" brachten in den '60er und '70er Jahren frischen Wind in die verkrusteten Hollywood-Strukturen. Filme wie "Bonnie & Clyde", vor allem aber Dennis Hoppers furioser Film "Easy Rider" zeigten den Zuschauern auch die Kehrseiten des amerikanischen Traums.