Die Tonne des "Columbus"
2. Mai 2006"Columbus" wurde überwiegend beim Bremer Raumfahrtunternehmen EADS Space Transportation (ST) gebaut – so wie schon in den 1970er Jahren das Raumlabor "Spacelab". An der Entwicklung und am Bau von "Columbus" waren zehn europäische Länder beteiligt. Das 880 Millionen Euro teure Labor wird zunächst mit einem Spezialfrachter von Bremen zum Kennedy Space Center in Florida geflogen. Im Herbst 2007 soll es dann von einem amerikanischen Space Shuttle zur ISS gebracht werden. "Wir sind auf die Shuttle angewiesen", sagt der Präsident von EADS ST, Evert Dudok.
An der Raumstation soll "Columbus" fest andocken und für mindestens 15 Jahre im Einsatz sein. EADS ST ist dann als Hausmeister für Betrieb und Nutzung von "Columbus" verantwortlich.
Konservendose mit Profi-Labor
Die acht Meter lange Druckkabine von viereinhalb Metern Durchmesser ähnelt äußerlich einer riesigen silbrigen Konservendose. Eine 48 Millimeter dicke Spezialwand schützt das Modul vor dem Einschlag von kleinsten Himmelskörpern (so genannten Mikro-Asteroiden) und gefährlichem Weltraumschrott.
"Columbus" kann drei Wissenschaftsastronauten aufnehmen. Die Forscher können Experimente etwa in den Disziplinen Biotechnologie, Grundlagenphysik und Medizin durchführen, die unter den Bedingungen der Schwerkraft auf der Erde nicht möglich sind. So verhalten sich Werkstoffe oder Flüssigkeiten anders als auf der Erde. Auch das Verschmelzen metallischer Legierungen und das Vermischen flüssiger Substanzen im All interessiert die Forscher. In der "Columbus"-Kabine können sie unter anderem an Zellen, Gewebekulturen und Mikroorganismen, kleinen Pflanzenarten und wirbellosen Tieren forschen.
Verschobene Premiere
Die europäische Raumfahrtindustrie sieht sich mit der Entwicklung von "Columbus" gut für Nachfolgeprojekte gerüstet. "'Columbus' hat Europa zusammengeschweißt", sagt Projektleiter Günther Brandt (62) von EADS Space Transportation.
Dass die Europäische Weltraumagentur (ESA) auf die Space Shuttles der USA angewiesen ist, um das 13 Tonnen schwere Labor ins All zu transportieren, sieht Brandt nicht als Problem - trotz mehrfacher Verzögerungen wegen technischer Probleme an den Raumfähren. Ursprünglich war die All-Premiere von "Columbus" bereits im Oktober 2004 geplant. Durch die Explosion der Raumfähre "Columbia" am 1. Februar 2003 wurde der Start jedoch verschoben. Damals wurde die siebenköpfige Crew des Shuttle in den Tod gerissen.
Zwangspause zum Nachbessern genutzt
"Jede Startverschiebung durch die NASA ist natürlich eine Enttäuschung", sagt Projektleiter Brandt, der "Columbus" liebevoll seine "Tonne" nennt. "Aber wir haben diese Zeiten gut genutzt und einige Änderungen eingebaut. So wurde der Betrieb durch relativ kleine Eingriffe einfacher gemacht, etwa durch das Nachrüsten mit schnelleren Rechnern oder das Verlegen von zusätzlichen Kabeln."
Nun hat "Columbus" freie Bahn. Beim Festakt in Bremen wünschte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem Labor eine "gute Reise ins All". Durch "Columbus" würden sich wissenschaftliche Möglichkeiten von unschätzbaren Wert ergeben. Merkel bekannte sich ausdrücklich zum finanziellen Engagement für die Raumforschung in Deutschland: "Das ist ein kleiner, aber ausgesprochen feiner Bereich, der einem Land, das sich als Hochtechnologieland und führendes Wissenschaftsland versteht, sehr sehr gut ansteht." (reh)