Die Stadt und die documenta
Athen – historischer Zufluchtsort
Vertreibung und Flucht sind zentrale Themen der documenta. In Athen stranden Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan auf dem Weg nach Europa. Doch schon in den Zwanzigerjahren war die Stadt Zufluchtsort, als es im griechisch-türkischen Krieg zu Massenvertreibungen aus Kleinasien kam. Der unkontrollierte Wohnungsbau, der daraufhin einsetzte, prägt bis heute das Straßenbild.
Ruinen als Inspiration
Andreas Angelidakis ist Kurator, Architekt und Künstler. Die Inspiration für seine Arbeiten bezieht er immer wieder aus Motiven der Ruine – seien es alte, moderne oder gar imaginäre. In seiner Arbeit für die documenta befasst er sich mit der Geschichte Athens – und den Spuren, die Migrationswellen in Struktur und Architektur der Stadt hinterlassen haben.
Symbol des Widerstands
Die Künstlerin Georgia Sagri vor dem Polytechnio – für die Griechen ein Symbol des Widerstands. Während der Militärjunta besetzten Studenten 1973 die Hochschule drei Tage lang, bevor das Regime den Aufstand blutig niederschlug. Das Polytechnio ist einer von mehreren Spielorten der documenta, die mit den dunklen Kapiteln der griechischen Geschichte verknüpft sind.
Die Stadt als Leinwand
Athen, das ist die Hauptstadt der Graffities und der Street Art - von politischen Parolen bis zu monumentalen Wandbildern. Die „betenden Hände“ des Malers Albrecht Dürer zeigen hier nicht wie im Original nach oben, sondern nach unten - als ob Gott für die Menschen beten würde. So lautet auch der Titel des Kunstwerks: „Für uns betend“.
Athen Underground
Anfangs setzte die Krise ungeheure Energien frei: Künstler okkupierten Räume, stellten eigene Projekte auf die Beine. „Athen ist das neue Berlin“ hieß es. Auch wenn manchen inzwischen ein wenig die Luft ausgegangen ist: Athen hat, wie Berlin, eine vibrierende Underground-Szene. Die Kuratoren hoffen nun, dass mit der documenta neue Impulse in die Stadt kommen und neue Netzwerke entstehen.
Neue Perspektiven auf Athen
Der britisch-nigerianische Fotograf, Kurator und Künstler Akinbode Akinbiyi ist ein Chronist der Großstädte – von Lagos bis Berlin. In Athen spürt er mit der Kamera die vielen Facetten der Geschichte auf. Sein Blick steht für den Perspektivwechsel, den die documenta 14 sucht - jenseits des westlichen Kulturbetriebs.
Kunst im Foltergefängnis
Diese Baracke im Parko Eleftherias (Freiheitspark) nutzte die documenta bereits im Vorfeld für Diskussionen und Performances. Sie gehört zum ehemaligen Foltergefängnis der Militärjunta, die mit brutaler Willkür, Zensur und Mord regierte. Zehntausende – vor allem Linke – wurden in dieser Zeit eingesperrt. Im April 2017 jährt sich der Putsch antikommunistischer Offiziere zum 50. Mal.
Kunst im Hafen
In Piräus – dort wo so viele Flüchtlinge Athen erreichen, hat der Künstler Hiwa K Aufnahmen für seine Videoarbeit "Pre-Image" gemacht. Er stammt aus dem Norden des Irak und floh 1988 über Griechenland nach Deutschland. Seine Erfahrungen von Krieg, Flucht und Sterben transformiert er in Installationen, Perfomances und Filme. Er selbst sieht sich weniger als Künstler denn als Geschichtenerzähler.
Die Stadt als Herausforderung
Die Athener haben ihren kritischen Geist in der Krise nicht verloren. Und natürlich gibt es auch Vorbehalte gegen die Großausstellung aus Deutschland. Sie beute die griechische Tragödie aus, als pittoreske Kulisse für die internationale Kunstelite. Gegenüber des documenta-Büros im Stadtteil Exarcheia prangt das Graffiti eines „Eingeborenen“. Herausforderung und Ansporn für das documenta – Team.