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Paris mal anders

John Laurenson, Paris / ng17. August 2012

Mit ihrer Stadtführung "Black Paris Tours" zeigt die Amerikanerin Ricki Stevenson Touristen in Paris, dass die Metropole mehr afrikanische Geschichte zu bieten hat als nur die Künstlerin Josephine Baker.

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Afroamerikanische Touristen auf dem Place Josephine Baker in Paris (Foto: John Laurenson, DW-Korrespondent)
Bild: John Laurenson

Eine Reisegruppe steht in der Eingangshalle der imposanten Art-Deco-Halle Salle Pleyel in Paris und lauscht Ricki Stevenson, die dieses Wahrzeichen der Pariser Kultur einmal von einer ganz anderen Seite beleuchtet - die der Geschichte der Afro-Amerikaner in Paris. "Louis Armstrong hatte hier 1934 seinen ersten Auftritt in Paris", sagt Stevenson und ergänzt, dass er insgesamt vier Jahre in der französischen Hauptstadt blieb.

Da damals in den USA strikte Rassentrennung herrschte, war es eine Erleichterung für schwarze Künstler, Musiker, Aktivisten und Schriftsteller, nach Paris zu kommen. Kaum angekommen, kletterten die meisten von ihnen auf den Triumphbogen, "wo man frei ist", wie der US-Autor William Wells Brown sagte, der als Sklave geboren wurde.

Ein sicherer Ort

"Man kann das zurückverfolgen bis 1780, als in Frankreich Gesetze erlassen wurden, die flüchtigen Sklaven zusicherten, dass sie nicht gezwungen würden, wieder in die Sklaverei zurückzugehen", so Stevenson.

Clyde Wright beim Klavierspielen in Paris (Foto: John Laurenson, DW-Korrespondent )
Wright lebt seit den 1950er Jahren in ParisBild: John Laurenson

Als Frankreich schließlich 1803 Louisiana, das damals vom Golf von Mexiko bis nach Kanada reichte, aufgab, entschieden sich rund 50.000 freie Afro-Amerikaner, nach Frankreich zu gehen. Selbst als 1865 die Sklaverei in den USA abgeschafft wurde, zogen immer mehr Schwarze nach Paris. Ab etwa 1950 unterschied sich die Lebensqualität für Nicht-Weiße dort deutlich von der in den USA.

Der heute 84-jährige Clyde Wright, Mitglied der Gospelgruppe "Golden Gate Quartet", zog in den 1950er Jahren nach Paris. Frankreich war zwar kein Rassismus-freies Paradies sagt er, während er in seiner Pariser Wohnung auf seinem Keyboard eine Melodie auswählt. "Man hat das schon noch gemerkt, wie manche Leute uns anschauten", sagt er. Aber in Frankreich gab es eben nicht den institutionalisierten Rassismus wie in den USA.

"In den USA drehte sich alles um die richtige Bildung. Man musste die richtigen Schulen besuchen, damit man eine anständige Ausbildung bekam", erinnert er sich. Als er sieben Jahre alt war, wurde ihm klar, dass das für ihn nie möglich wäre. "Aber in Frankreich gab es diese Rassentrennung nicht. Alle gehen auf dieselbe Schule. Ich dann halt auch", so Wright.

Auf den Spuren des "schwarzen" Paris

Afro-amerikanische Künstler wurden damals in Paris als internationale Stars anerkannt und auch entsprechend behandelt. Als Josephine Baker wegen einer Tournee in ihre Heimat zurückkehrte, durfte sie zwar in einem berühmten New Yorker Hotel übernachten, man bat sie aber, einen Seiteneingang für Personal zu nehmen, damit sie andere Gäste nicht zu sehr schockierte. Sie weigerte sich. In Frankreich hätte man sie darum erst gar nicht gebeten.

Die "Black Paris Tour" führt vorbei an den Lieblingsorten der Exil-Amerikaner und veranschaulicht die Bedeutung berühmter Menschen mit schwarzen Wurzeln für die Geschichte Frankreichs. Die Großmutter von Alexandre Dumas zum Beispiel, Autor der "Drei Musketiere", war schwarz. Viele wissen das nicht, aber wenn man sich seine Statue in der Nähe des Monceau-Parks anschaut, wird einem das schnell klar.

Afroamerikanische Touristen in Paris (Foto: John Laurenson, DW-Korrespondent)
Die Tour ist besonders bei Afro-Amerikanern beliebtBild: John Laurenson

In Frankreich spricht man nicht gerne über Herkunft, auch nicht im positiven Sinne, es ist schlicht nicht politisch korrekt. Aber Stevensons Führung kommt gut an. "Man versteht danach besser, was es bedeutet, schwarz zu sein in Paris", sagt Marlene Mouanga, eine amerikanische Touristin. "Man versteht, was Schwarze zur Gesellschaft hier beigetragen haben. Vorher war Paris für mich eben der Eiffelturm. Die Führung gibt einem eine ganz andere Perspektive. Das hat mich schon sehr bewegt", sagt sie.

Die Führungsteilnehmer machen Mittagspause in einem senegalesischen Restaurant, das in einem armen Stadtteil mit einem hohen Migrantenanteil liegt, in der Nähe der U-Bahnhaltestelle Chateau Rouge. Sie gehen vorbei an Obst- und Gemüsemärkten und Männern, aus deren Jacken Schmuck und Uhren zum Verkauf hervorblitzen.

Wenige Touristen verirren sich nach "Little Africa", wie Stevenson das Viertel nennt. Viele "Black Paris Tour"-Teilnehmer waren noch nie in Afrika, und hier können sie wenigstens einen kleinen Eindruck gewinnen.

Neues Bewusstsein

Bei der "Black Paris Tour" geht es darum, die Errungenschaften von Schwarzen zu honorieren. "Wenn man merkt, dass man in den Spuren dieser berühmten Leute geht, dann kann das dein Leben verändern", so Stevenson. "Man reagiert und denkt ganz anders. Mir haben schon Leute gesagt: 'Ich werde nie mehr eine Minderheit sein in dieser Welt.' Wir können schon stolz auf uns sein, was wir erreicht haben".

Stevensons Tour bietet einen neuen, anderen Blick auf Paris, eine der meistbesuchten Städte der Welt. Die Mona Lisa, zum Beispiel, einer der wertvollsten Schätze des Louvre-Museums, wurde zwar von Leonardo da Vinci gemalt, aber richtig berühmt wurde das Gemälde erst, als Paris-Fan und Afro-Amerikaner Nat King Cole seinen berühmten Hit nach ihr benannte.