Die Ruhe vor dem Ansturm - Oktoberfest mal anders
Laut und voller Menschen mit Maßkrügen: So kennt man die Festzelte des Oktoberfestes. Doch Michael von Hassel zeigt sie aus einer ungewohnten Perspektive: menschenleer – und in ihrer Architektur einer Kathedrale gleich.
Bierzelte wie Kathedralen
Riesengroß und so ruhig, das sie fast zur Andacht einladen: Die Zelte des Oktoberfests, so wie sie der deutsche Fotograf Michael von Hassel festgehalten hat. In seiner Serie "Oktoberfest Cathedrals" hat der er die Bauten der Theresienwiese in einem kaum gesehenen Moment abgelichtet: Nachts, komplett menschenleer und doch hell erleuchtet.
Die Ruhe vor dem Ansturm
Ein befreundeter Wirt ließ von Hassel als erster in sein Zelt und half ihm dabei, die anderen Wirte des Oktoberfests zu kontaktieren. Über zwei Jahre besuchte von Hassel nachts zwischen drei und fünf Uhr die vierzehn großen Oktoberfestzelte. Er wollte sie vor dem Besucheransturm und vor den morgendlichen Lieferungen, aber nachdem die Putztruppe das Zelt gereinigt hatte, vor die Linse bekommen.
Hyperrealismus ohne Photoshop
Die intensiven, extrem gesättigten Farben lassen die Fotos fast surreal wirken. Diese Farben sind kein Produkt von Photoshop, denn der Künstler sagt, er lehne Nachbearbeitung am Computer ab. Der Effekt entsteht durch Mehrfachbelichtung und das Übereinanderlegen von mehreren Negativen. Von Hassel selbst bezeichnet seinen Stil als hyperrealistisch.
Erfolgreicher Autodidakt
Seit seiner Kindheit ist von Hassel begeisterter Fotograf, doch er hat nie eine Kunsthochschule besucht. Der 38-Jährige arbeitete zuerst als Banker und studierte Betriebswirtschaftslehre, beschloss dann aber, sein Hobby zum Beruf zu machen. Mit Erfolg: Seine Bilder wurden schon in vielen deutschen Städten, aber auch im Ausland, darunter in Moskau und Istanbul, ausgestellt.
Ein seltener Moment der Stille
Ein Motiv, das Michael von Hassel fasziniert: eigentlich belebte Orte zu einer stillen Stunde festzuhalten. Er sagt, sie hätten dann eine besondere Schönheit. Erst ganz ohne Menschen begreife man die volle Größe und Struktur eines Raumes - etwa hier beim traditionellen Augustiner-Festzelt.
Aber wieso Kathedralen?
"Oktoberfest Cathedrals" hat von Hassel seine Fotoserie nicht nur getauft, weil die Zelte die Ruhe und beeindruckende Größe einer Kathedrale haben. Für ihn gibt es viele weitere Parallelen mit Gotteshäusern und Gottesdiensten: etwa die traditionelle Kleidung oder das rituelle Essen und Trinken. Auch der Aufbau sei ähnlich, mit Seitenschiff, Mittelschiff und der Musikbühne anstelle eines Altars.
Das größte Volksfest der Welt
Die Festzelte des Oktoberfestes sind etwas ganz Besonderes, denn sie sind Teil des größten Volksfestes der Welt. Über zweieinhalb Wochen kommen jährlich um die 6 Millionen Besucher auf die Wiesn in München. Die meisten der von Hassel fotografierten Zelte fassen zwischen 6.000 bis 8.000 Besucher. Eines der größten ist das hier zu sehende Hofbräu-Zelt.
Bayrischer Himmel und bayerische Politik
Von Hassel gilt als fähiger PR-Mann in eigener Sache und ist in Bayern gut vernetzt. "Bavarian Skies", sein Bild vom sogenannten Hacker-Festzelt, hängt heute in der CSU-Zentrale im Vorzimmer des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer.