Berlusconi: Urteil erwartet
11. März 2013Während des italienischen Wahlkampfs lagen alle laufenden Prozesse gegen Silvio Berlusconi auf Eis. Nach der Parlamentswahl nimmt die italienische Justiz den Aktenberg "Silvio Berlusconi“ erneut in die Hand. Drei Urteile sind für März angekündigt, darunter der skandalträchtige "Ruby-Prozess“.
Was war passiert? Am 15. Februar 2011 erhob ein Mailänder Gericht Anklage gegen Silvio Berlusconi. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Amtsmissbrauch und sexuelle Beziehung zu einer Minderjährigen. Dabei geht es um Karima el-Marough, die unter dem Spitznamen "Ruby Rubacuori" (übersetzt: Herzensstehlerin) bekannt ist. Der Angeklagte soll Geschlechtsverkehr mit der damals minderjährigen Marokkanerin gehabt haben. Sie und auch andere Frauen sollen von ihm und einem Kreis von Vertrauten Berlusconis für exklusive Dienste bar bezahlt oder mit beruflichen Versprechungen belohnt worden sein. Das Urteil wird am 18. März 2013 erwartet.
Nach dem Urteil ist vor dem Urteil
Berlusconis Vorstrafenregister ist lang. Ein Mailänder Gericht verurteilte den Milliardär bereits Anfang März 2013 im sogenannten "Unipol-Prozess“ in erster Instanz zu einem Jahr Haft. Der Fall: Der Linkspolitiker Piero Fassino soll in einem von Ermittlern abgehörten Gespräch den früheren Chef der Versicherungsgesellschaft Unipol, Giovanni Consorte, zu einer Bankenübernahme geraten haben. Den vertraulichen Telefonmitschnitt über diesen illegalen Insiderhandel soll Berlusconi Ende 2005 über seinen Bruder Paolo Berlusconi und dessen Zeitung "Il Giornale" an die Öffentlichkeit gebracht haben. Die Versicherungsgesellschaft Unipol steht der Mitte-Links-Partei nahe. Giovanni Consorte war im Wahlkampf zu den Parlamentswahlen im April 2006 stärkster Gegner Berlusconis. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Mit diesem veröffentlichtem Telefonmitschnitt habe Silvio Berlusconi der Opposition schaden wollen. Es ist davon auszugehen, dass Berlusconis Anwälte Berufung einlegen und das Verfahren in nächster Instanz neu verhandelt wird.
Anders verhält es sich im noch laufenden "Mediaset-Prozess“. Hier wird der Angeklagte Silvio Berlusconi voraussichtlich am besten wegkommen. Der Medienmogul wurde in erster Instanz wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt, drei Jahre davon fielen aber in die sogenannte Amnestieregelung. Denn 2006 erließ Ministerpräsident Romano Prodi von der Mitte-Links-Regierung diese Regelung, um Italiens überfüllte Gefängnisse zu entlasten. Das Urteil in zweiter Instanz wird am 23. März erwartet.
Die Liste seiner Verurteilungen ist lang: Beamtenbestechung, Steuerbetrug, illegale Parteienfinanzierung. Der geschiedene Italien-Regent hat es immer wieder geschafft, seinen Hals rechtzeitig aus der Schlinge der Justiz zu ziehen. Denn als Ministerpräsident hatte Silvio Berlusconi durch mehrere extra eingeführte Immunitätsgesetze dafür gesorgt, dass die laufenden Verfahren gegen ihn während seiner Amtszeit ausgesetzt wurden oder sogar Straftatbestände entkriminalisiert wurden. Aktuell ermittelt die Staatesanwaltschaft in einem neuen Fall gegen Italiens Ex-Premier. Der Vorwurf: Korruption und illegale Parteifinanzierung.
Der Einfluss der Prozesse auf Berlusconis Politik
Trotz seines umstrittenen Lebensstils bleiben ihm seine Wähler treu. Berlusconi beherrscht Italiens große Medienunternehmen. Seine Justizprobleme geraten dort in den Hintergrund. "Diejenigen, die schon Berlusconi-Fans sind, schauen natürlich auch schon dementsprechende Sender und in seinen Sendern bekommen sie dann auch Informationen, die ihrem Weltbild entsprechen. Und in diesem Weltbild sind natürlich diese Anklagen nur Teil einer Hexenjagd gegen die politische Figur Berlusconi,“ sagt der Münchner Politikwissenschaftler Stefan Köppl. Berlusconi versucht immer wieder sich als Opfer der italienischen Justiz darzustellen. So rief er seine Anhänger auf, am 23. März gegen die italienischen Richter zu protestieren. Kaum ein europäischer Politiker nimmt den Ex-Regenten noch ernst. Während der Parlamentswahl hätten "ganz viele europäische Regierungschefs durchblicken lassen, dass sie es nicht so toll fänden, wenn Italien wieder von Berlusconi regiert wird.“ Köppl fügt hinzu: "Berlusconi ist auf dem internationalen Parkett unten durch.“ Für den Fall, dass Berlusconi erneut Regierungschef werden würde – was nach Meinung von Stefan Köppl unwahrscheinlich ist – müsse man natürlich mit seinen Kapriolen und ungewöhnlichen Verhandlungsweisen zurechtkommen.
Sein Rücktritt im November 2011 war für viele Italiener und Politiker überfällig. Durch seinen teils exzessiven Lebensstil ist Silvio Berlusconi aber wohl moralisch hingerichtet. Dass er jemals in ein italienisches Gefängnis muss, ist mittlerweile praktisch ausgeschlossen. Denn Verurteilte, die älter als 70 Jahre sind, werden in Italien unter Hausarrest gestellt. Ein Gesetz made by Berlusconi.