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Die neue Apartheid – Slums in Nairobi

23. Februar 2007

Nairobi nennt sich gerne "City in the Sun". Dabei wäre "City of the Slums" eine passendere Beschreibung für die kenianische Hauptstadt. Mehr als 200 Slums zählt man in Nairobi – der berüchtigste ist Kibera.

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Überblick über das Dorf Soweto, Teil des Slums von Kibera in Nairobi
Kibera - der größte Slum in ganz AfrikaBild: DW

Eine Million Menschen, das ist die geschätzte Einwohnerzahl des größten Slums auf dem afrikanischen Kontinent – von Kibera. Die genaue Zahl kennt keiner, sicher ist nur: Sie wächst jeden Tag.

Endstation Slum


Lehmhütten und die neue Apartmenthäuser
Leben im DreckBild: DW

Nairobi mit seinen modernen Hochhäusern und der geschäftigen Innenstadt wirkt wie ein Magnet auf die Kenianer. Die Menschen kommen auf der Suche nach Arbeit, mit der sie sich selbst und am besten noch die Familie ernähren können, die auf dem Land geblieben ist. Die meisten stranden in den Slums, bleiben arbeitslos und schaffen nur selten den Absprung in eine bessere Wohngegend.

Etwa 60 Prozent von Nairobis Einwohnern leben in Slums, auf einer Fläche die gerade mal fünf Prozent des Stadtgebiets ausmacht. "Das Leben hier ist hart, aber immerhin kann man sich das Leben hier noch leisten", sagt Sirus Mwendo, der seit 15 Jahren in Kibera lebt.

Wenn Menschen in Rattenlöchern wohnen…


Die Toilettenbenutzung kostet Geld...
"Flying Toilets" sind billigerBild: DW
Rostige Wellbleche, eng an eng gebaut, keine Straßen, keine Strommasten, kein Grün - das ist das Bild von Soweto, einem der Slumviertel Kiberas. "Unsere Häuser sehen aus, als wären sie für Ratten." Steven Kimani deutet um sich und zeigt auch auf sein kleines Hotel aus Lehm, Holz und Blech, das mitten in Soweto liegt. Weder das Haus noch seine Umgebung ist sonderlich einladend. Durch die ohnehin schon engen Pfade ziehen sich offene Abwassergräben und Pfützen, in denen mehr Müll als Wasser schwimmt.

Auch die Wasserleitungen laufen durch diese Kanäle. Die Menschen hier wissen, dass die Rohre porös sind und Keime durchlassen. Aber es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als das schmutzige Wasser an einem der privat kontrollierten Wasserhähne zu kaufen - zu Preisen, die manchmal über denen von London oder New York liegen können. Durchfallkrankheiten gibt es umsonst dazu.

In die Plastiktüte gekackt – und weg damit!

Die Skyline von Nairobi
Der schöne Schein trügtBild: DW


Eines der größten Probleme hier sind fehlende Toiletten. Auf 75.000 Menschen in Soweto kommen gerade mal 110 Toiletten, für die bei den meisten noch Gebühren bezahlt werden müssen. Schon lange behelfen sich die Bewohner deshalb mit den so genannten "Flying Toilets" - Plastiktüten, in denen die Notdurft verrichtet wird, und die dann vor Nachbars Haustür landen.

Über 200 Nichtregierungsorganisationen versuchen in Kibera, gegen den wachsenden Berg von Umweltproblemen anzukämpfen. Aber egal ob Toilettenbau, lokale Müllabfuhr oder Saubermach-Aktionen, das Bild von Afrikas größtem Slum hat sich kaum geändert.

Leise Hoffnung…


Mann auf einem Markt in Nairobi
Warten auf ein besseres LebenBild: AP
Vorsichtige Hoffnungen weckt ein Projekt zur Aufbesserung der Slums, das die kenianische Regierung gemeinsam mit UN-Habitat in Soweto gestartet hat. Ziel dieses so genannten "Upgradings" ist es, zunächst 500 Familien in neue Häuser umzusiedeln. Eine kleine Zahl angesichts der Masse von Slumbewohnern. Doch geht es nach den Planern, soll dies der erste Schritt sein, um Platz zu schaffen für Straßen, Müllsammelstellen, Sanitäranlagen - und nach und nach für mehr Häuser, die nicht nach Rattenbehausungen aussehen.

Es klingt nach einer Sisyphos-Aufgabe, die vielen Slumbewohner umzusiedeln. Aber nicht nur deshalb sind die Slumbewohner skeptisch. Denn Soweto ist nicht das erste Upgrading-Projekt in Nairobi. Ungeklärte Besitzverhältnisse, Übergriffe auf Sozialarbeiter und neue Häuserblocks, die schließlich von Regierungsangestellten bezogen wurden, haben deshalb Zurückhaltung statt Vorfreude gelehrt.

… für einen Wandel?

Das Parlamentsgebäude in Nairobi
Was tut die Regierung?Bild: DW


Auch Pater Daniele von der katholischen Comboni-Mission glaubt nicht an ein Umdenken in der Politik. Ganz im Gegenteil: "Wenn nur fünf Prozent des Landes von Nairobi für 2,5 Millionen Menschen zur Verfügung stehen, dann ist das eine große Apartheid." Für viele ist das Upgrading-Projekt in Soweto deshalb die Probe aufs Exempel, ob der Kampf gegen den wuchernden Häuserdschungel von Nairobi mit seinen katastrophalen Lebensbedingungen für Mensch und Umwelt überhaupt gewonnen werden kann.

Autorin: Maja Dreyer
Redaktion: Peter Koppen