Die Liebe kam vor der Hochzeit
9. April 2005Es dürfte eine der größten Ironien der langen Geschichte der britischen Monarchie sein: Der geschiedene Thronfolger Charles verschiebt die Hochzeit mit seiner langjährigen Geliebten, um an einer Beerdigung teilzunehmen - der eines Papstes. Vor fast 500 Jahren waren der Wunsch nach einer Scheidung und Verheiratung mit einer Geliebten noch der Anlass für den britischen König Heinrich VIII., sich und die Kirche seines Landes von Rom loszusagen.
Nicht mit diesen Ohren
Irgendwie ist das typisch für das Leben Königs in Spe. "Mit solchen Ohren kann man nicht König werden", warnte Lord Mountbatten schon früh seinen Neffen Prinz Charles. Die Bemerkung lastet wie ein Fluch auf ihm: Schon 53 Jahre lang ist Charles (56) der britische Thronfolger, und ein Ende ist nicht abzusehen. Wenn Elizabeth II. (78) annähernd so alt wird wie ihre Mutter Queen Mum, die 2002 als 101-Jährige starb, dann wird er ein Greis sein, ehe er die ihm vorbestimmte Aufgabe übernehmen darf.
Und das Liebesleben des Thronfolgers mit den tragischen Ohren stand auch unter keinem wirklich günstigen Stern - obwohl es zeitweise so aussah. Schließlich war er Anfang der 1980er Jahre der Bräutigam einer "Traumhochzeit" - und seiner Ehefrau, Prinzessin Diana, lag die ganze Welt zu Füßen. Doch er liebte vor, während und nach seiner Ehe eine andere: Camilla Parker Bowles. Eine Frau, die viele Schmähungen ertragen musste. Als "Rottweiler", "Kuhmilla", und "Gräfin Dracula" wurde sie schon von der Presse betitelt. Von ihrer Stimme heißt es, sie könne "einen schwerhörigen Labrador aus drei Kilometer Entfernung herbeirufen" (The Guardian). Doch: wo die Liebe hinfällt. Und ausgerechnet mit der eher Kleinadligen musste sich Charles beim ehebrecherischen Flüstern erwischen lassen, wo er davon träumte, ihr Tampon zu sein.
"Prinz Tampaccino" wird der Thronfolger von der traurigen Gestalt von der italienischen Presse aber wegen eines anderen belauschten Gesprächs genannt. "Ich habe noch nie irgendetwas erreicht", klagte er 1989 am Telefon seiner Geliebten. Alsdann verglich er sich mit einem in der Kloschüssel schwimmenden Tampon, der sich einfach nicht wegspülen lässt.
Rettung in Selbstironie
Gemildert wird das Selbstmitleid aber durch seine britische Fähigkeit zur Selbstironie. Als er einmal mit einem dicken Verband auf dem Auge zu einer Museumseröffnung erschien, sagte Prinz Charles: "Wenn man sich schon seit so langer Zeit mit Bäumen unterhält, wie ich es tue, trifft man früher oder später zwangsläufig auf eine angriffslustige Eiche."
Vielleicht wird ihm diese Selbstironie auch darüber weghelfen, dass es ihm die angriffslustige englische Presse auch zukünftig nicht leicht machen wird und dass seine Mutter - will man dem Hofgemauschel Glauben schenken - über die nun offiziöse Liason nicht allzu "amused" zu sein scheint. Zusammen mit Camilla plant Charles in einem Gottesdienst im Anschluss nach ihrer standesamtlichen Trauung einen charakterlichen Offenbarungseid: Wie das Büro von Charles am Donnerstag in London mitteilte, hat sich das Paar für das Schuldbekenntnis den strengsten zur Verfügung stehenden Text ausgesucht. In dem Gebet von 1662 heißt es: "Wir bekennen uns zu unseren mannigfaltigen Sünden und beklagen unsere Schlechtigkeit." (sams)