Die Generation der Zufriedenen
2. September 2015Die "Generation Mitte", das sind 35 Millionen Deutsche zwischen 30 und 59 Jahren. Sie sind die Leistungsträger der Gesellschaft - und mit ihrem Leben gerade ziemlich glücklich: 91 Prozent der 30- bis 59-Jährigen bewerten die allgemeine Lebensqualität als gut oder sehr gut. Der Druck zu Veränderungen ist gering, von Wirtschaft und Bundespolitik erwarten sie aber eigentlich mehr. Das geht aus einer Allensbach-Erhebung im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft hervor. "Es gibt wenige Länder auf der Welt, wo so viele die Lebensqualität positiv bewerten", sagte Allensbach-Meinungsforscherin Renate Köcher. Deutschland sei so anziehend, weil es stabil sei und ökonomisch prosperiere.
Das wirtschaftliche Umfeld schätzen zwei von drei der 1020 Befragten für ihre Generation als gut oder sehr gut ein. "Die Ängste um die Sicherheit des Arbeitsplatzes sind so gering, wie seit Jahrzehnten nicht mehr", sagte Köcher. Doch die Wirtschaft sei nicht der einzige Grund für die positive Stimmung. Auch die politische Stabilität trage viel dazu bei. Defizite sieht die "Generation Mitte" der Umfrage zufolge vor allem im Bildungssystem, in der Kriminalität und darin, dass man sich auf das Gesetz nicht verlassen könne. Sie wünscht sich vom Staat weniger Steuern und Abgaben, geringere Unterschiede zwischen arm und reich und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Angst vor dem Alter
Bei der Lebensqualität gibt es aber nach wie vor große Unterschiede zwischen den sozialen Schichten, die die Meinungsforscher anhand von Einkommen, Schulbildung und Beruf bilden. Das zeigt sich insbesondere bei der Bewertung der individuellen Lebensqualität: Gut drei Viertel (76 Prozent) bezeichnen sie als gut oder sehr gut. Aus der Gruppe der Befragten mit niedrigem sozioökonomischem Status bewertet aber nur knapp die Hälfte ihre Lebensqualität als gut oder sehr gut. Nur jeder Fünfte in der niedrigsten von drei sozioökonomischen Gruppen gibt an, sein Lebensstandard habe sich in den vergangenen fünf Jahren eher verbessert. In der reichsten Gruppe sind es 45 Prozent.
Fast die Hälfte der Befragten macht sich der Umfrage zufolge Sorgen, dass die Altersvorsorge nicht ausreicht. Auch hier blicken niedrige soziale Schichten pessimistischer in die Zukunft. Zugleich werde auch immer weniger vorgesorgt, sagte Köcher. Drei von vier Befragten gaben an, ihre finanzielle Zukunft gar nicht zu planen oder nur eine grobe Vorstellung davon zu haben. Nur 41 Prozent rechnen damit, von den hohen Vermögenswerten zu profitieren, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vererbt werden. Fast die Hälfte von ihnen plant dieses Geld auch für den Lebensstandard im Alter fest ein. Die Summe werde aber nicht ausreichen um die Sorgen der "Generation Mitte" zu beseitigen. Lediglich jeder Zwanzigste der potenziellen künftigen Erben rechnet mit einem Nachlass von mehr als 300.000 Euro.
An der Spitze der Voraussetzungen für ein gutes Leben stehen der Umfrage zufolge ein gutes Bildungssystem (76 Prozent) , eine gute Gesundheitsversorgung (86 Prozent), Meinungsfreiheit (76 Prozent), eine gute Rechtssicherheit (73 Prozent) und politische Stabilität (67 Prozent).
So machen die 30- bis 59-Jährigen auch den nationalen Wohlstand nicht allein an der wirtschaftlichen Stärke fest: Als wichtigste Indikatoren nennen mehr als zwei Drittel den Lebensstandard im Alter, die Qualität des Bildungssystems, die Höhe der Arbeitslosigkeit, die Qualität der Gesundheitsversorgung und die Höhe der Unterschiede zwischen Arm und Reich.
Laut Statistik umfasst die "Generation Mitte" rund 35 Millionen Personen, die knapp zwei Drittel der Erwerbsbevölkerung stellen und 82 Prozent der steuerpflichtigen Einkünfte erwirtschaften.
stu/se (afp, dpa, rtr)
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