Formel 1 in der Krise
31. Oktober 2014Auf dem Rennkalender stehen noch drei Rennen, doch für zwei Teams ist die Saison schon jetzt beendet: Marussia und Caterham, die erst seit 2010 dabei sind, können sich die noch ausstehenden Grand Prix in den USA, Brasilien und Abu Dhabi schlicht nicht mehr leisten. Ihre Geschäfte werden mittlerweile von Insolvenzverwaltern geführt. Damit ist das Feld am Wochenende so klein wie zuletzt 2005 in Monaco.
"Das ist keine komplette Überraschung. In den vergangenen Jahren haben wir gesehen, dass es für kleinere Rennställe eng wird, ihr Budget zu finden", erklärte der deutsche Weltmeister Sebastian Vettel bestürzt. "Vor allem in diesem Jahr mit den höheren Kosten und dem neuen Reglement. Das hat es für sie vielleicht schwer gemacht."
Ausgabengrenze oder neuer Verteilerschlüssel?
Sponsoren steigen aus, die Einnahmen sinken, die Kosten steigen. Zudem kommen immer wieder neue Rennorte dazu, die den Reise-Etat erhöhen. Zwei Teams haben schon das Handtuch geworfen, mit Sauber, Force India und Lotus stehen drei weitere Kandidaten auf der Kippe. Leichter hätten es diese Teams, wenn etwa Chefvermarkter Bernie Ecclestone das Geld gerechter aufteilen würde, so dass nicht immer nur die Besten absahnen. Der genaue Verteilungsschlüssel der über 500 Millionen Euro, die pro Jahr ausgeschüttet werden, ist nicht bekannt. Aber klar ist: Die Großen werden überproportional begünstigt. Eine zumindest im Ansatz solidarische Verteilung der Einnahmen wie etwa in der Fußball-Bundesliga ist der Formel 1 fremd.
Der Automobil-Weltverband FIA kündigte an, dass Caterham und Marussia keine Strafe zu erwarten hätten und wies erneut auf die Dringlichkeit einer Budgetobergrenze hin. Die drohende Insolvenz "wirft einmal mehr die Frage nach dem wirtschaftlichen Gleichgewicht in der Formel 1 auf." Die FIA will mit der Formula One Management um Ecclestone und den Teilhabern der Formel 1 daran arbeiten, "die Meisterschaft attraktiv zu halten und eine angemessene Teilnahme von Teams in den kommenden Jahren zu ermöglichen." Entsprechende Initiativen seien notwendig, "um das Überleben des bestehenden Starterfeldes sicherzustellen oder potenzielle neue Bewerber anzuziehen." Doch FIA-Chef Jean Todt konnte sich mit dem Vorschlag bislang nicht durchsetzen: Die Top-Teams um Ferrari oder Red Bull wehren sich gegen die Idee und stecken mittlerweile rund 300 Millionen Euro in ihr Team - also mehr als sechs Mal so viel wie die einst vorgeschlagene Obergrenze von 45 Millionen Euro.
Regeländerung bei Qualifikation
Die FIA musste wegen des reduzierten Starterfelds beim Großen Preis der USA in Austin den Qualifikationsmodus anpassen. Demnach werden nach dem ersten und zweiten Abschnitt in der Qualifikation am Samstag jeweils vier Autos ausscheiden. Bislang in dieser Saison waren bei einem Starterfeld von 22 Autos jeweils sechs von ihnen nach der K.o.-Runde ausgeschieden, so dass zehn Wagen in den finalen Durchgang kamen.
Ein brisanter Vorschlag kommt von Ecclestone: Das Feld könnte jeweils mit einem dritten Auto der Topteams aufgefüllt werden. Eine Idee, die verheerende Auswirkungen nach sich ziehen könnte: Die großen Rennställe um McLaren-Mercedes, Ferrari, Red Bull und Mercedes würden vermutlich die Punkte unter sich aufteilen und damit den Abstand zum Rest des Feldes noch weiter vergrößern. Die verbliebenden Teams müssten noch härter um Sponsoren kämpfen. Ohne Werksunterstützung oder einen sportbesessenen Milliardär als Besitzer oder Mäzen wäre das Projekt Formel 1 auch für andere Teams nicht mehr langfristig zu finanzieren.
Keine Überraschung
Ein vorläufiges Aus von Caterham und Marussia zeichnete sich schon lange ab. Entsprechend nüchtern bewertet Fahrer Adrian Sutil, dessen Rennstall Sauber ebenfalls finanziell angeschlagen ist, die Situation. "Der Zustand war schon bekannt. Es war das ganze Jahr ein Thema, dass viele Teams auf der finanziellen Seite schwächeln", sagte er. "Vielleicht gibt es auch mal den Punkt, wo es keinen Sinn macht und es besser ist, vielleicht aufzuhören anstatt es immer weiterzuführen und in Schulden zu geraten."