"Blockupy" Frankfurt
1. Juni 2013Zum Beispiel Elanora. Die Italienierin ist eine von etwa 2500 Demonstranten, die am Freitag (31.05.2013) bei "Blockupy Frankfurt" mitmachen. Mit ihrer Aktivistengruppe "Global Project" ist sie aus ihrer süditalienischen Heimatstadt Neapel nach Frankfurt gekommen. Nun protestieren sie vor der Europäischen Zentralbank (EZB) gegen die EU-weite Sparpolitik. "Wir im Süden Italiens sind ärmer als Griechenland", sagt Elanora. "Deshalb leiden wir auch sehr unter den Sparmaßnahmen."
Auch aus anderen Ländern Südeuropas sind Demonstranten angereist, um ihrem Frust über die europäische Wirtschaftspolitik Luft zu machen. Eine Politik, von der sie denken, dass sich durch sie das soziale Klima in ihren Heimatländern immer weiter verschlechtert.
Wo das Geld ist
Für den 42-jährigen Lehrer Nicole, der zurzeit in Belgien lebt, ist die Reise in Deutschlands Bankenhauptstadt ein Zeichen seiner Solidarität mit seinen Freunden und seiner Familie in Spanien. "Fünfzig Prozent der Jugendlichen sind arbeitslos in Spanien", erzählt er der DW. "Die Menschen essen Abfälle." Nicole hat schon mit anderen Demonstranten die EU-Kommission in Brüssel blockiert. Frankfurt, sagt er, sei ein wichtiger Ort: "In Brüssel sind die Politiker. Aber hier ist das Geld!"
Die 25-jährige Griechin Antonia aus Thessaloniki lebt inzwischen in den Niederlanden. "Auch viele meiner Freunde sehen es als einzigen Ausweg, im Ausland nach Arbeit zu suchen", sagt sie der DW. "Andere haben sich entschlossen, weiter zu studieren. Viele schreiben jetzt an ihrer Doktorarbeit." Diese Freunde hätten es sich nicht leisten können, sie nach Frankfurt zu begleiten. Antonia war es wichtig, stellvertretend für sie alle hierhin zu kommen. "Es ist mir wichtig, meine Meinung zum Ausdruck zu bringen", sagt sie. "Als Griechin verstehe ich, wie sich meine Landsleute fühlen."
Blockupy, nicht Occupy
"Blockupy" ist keine geschlossene Bewegung, sondern ein vor einem Jahr gegründeter Zusammenschluss einiger europäischer Gruppen. "Blockupy Frankfurt" ist die erste Veranstaltung in diesem Jahr, für insgesamt sechs Tage kommen die Aktivisten zusammen. Höhepunkt des Treffens: Der Versuch, die Europäische Zentralbank so zu blockieren, dass niemand in das Gebäude hinein- oder aus dem Gebäude hinauskommt.
"Einzigartig an Blockupy ist, dass es nicht von oben organisiert wird, sondern dass alle möglichen Gruppen mit den unterschiedlichsten Themen, die mit der Eurokrise zu tun haben, nach Frankfurt kommen und hier protestieren können", sagt Ani Dießelmann von Blockupy.
Infolge seiner offenen Organisationsform wird Blockupy allerdings - ähnlich wie die Occupy-Bewegung - kritisiert. Es fehle an einer einheitlichen Botschaft oder konkreten Politikvorschlägen. Antikapitalistische Parolen prägen das Bild. Den Euro abschaffen und zu den Landeswährungen zurückkehren wollen aber wohl nur wenige. Für welche Reformen hier gekämpft wird, ist nicht immer klar.
Ani Dießelmann sieht das anders. Schnell betont sie, als Teil der Bewegung "Interventionistische Linke" könne sie nicht objektiv und für alle Strömungen der Blockupy-Bewegung sprechen. Ein gemeinsames Thema sieht sie aber doch: "Wir fragen, wie politische Macht so organisiert und ausgeübt werden kann, dass es den Namen 'demokratisch' wirklich verdient", sagt sie.
Europaweite Proteste am Samstag
Daneben ist Blockupy Frankfurt vor allem wichtig für die beteiligten Gruppen. Mit mehr als 30 Diskussionen, Workshops und Konzerten ist es ein "Branchentreffen" von Aktivisten aus ganz Europa - und damit etwas, das vielen nationalen Gruppen gefehlt hat. "Die EZB-Blockade ist ein Beispiel für eine direkte Aktion, von dem man lernen kann", sagt Avout von den niederländischen "Internationalen Sozialisten". Er hat sich extra für Blockupy nach Frankfurt aufgemacht. "Es ist wichtig, ein Netzwerk zu bilden und unsere Kommunikation zu stärken. Die Krise ist europäisch, also sollten auch wir uns europaweit organisieren", sagt Avout.
Für Nicole aus Belgien ist das Blockupy-Treffen auch ein Zeichen der Solidarität. "Wenn Du durch die Zeltlager gehst, dann siehst Du natürlich viele Deutsche, aber auch Menschen aus Italien, aus Belgien oder Frankreich, von überall." Für den Samstag (01.06.2013) erwartet er sich europaweite Proteste in 70 Städten. "Unsere Leute haben sich gesagt, zuerst nehmen wir Frankfurt in Angriff", erzählt Nicole. "Und dann haben unsere portugiesischen und spanischen Freunde gesagt, in Ordnung, wir haben zwar kein Geld für die Reise, aber wir werden den Protest in unsere eigenen Städte tragen."