Die eigenartige Diät der Pandas
12. Mai 2019Etwas unbeholfen, tapsig, drollig, so so niedlich. Auf den Riesenpanda treffen unzählige Adjektive aus der Knuddel-Kategorie zu. Was beachtlich ist, denn streng genommen ist die schwarz-weiße Fellkugel immer noch ein Bär. Nur eben einer, der nicht gerade für seine Raubtier-Qualitäten bekannt ist.
Was er jedoch mit seinen etwas aggressiveren weißen und braunen Kollegen gemeinsam hat: "Gefräßig" gehört wohl ins Beschreibungsspektrum aller Bären. 16 Stunden täglich verbringt der Panda mit Fressen. Sehr sympathisch, nicht wahr?
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Leckere Bambus-Diät
Doch was dabei auf dem Speiseplan steht, ist relativ übersichtlich: Bambus, Bambus, und... tja, Bambus. Saftig, grün und schön faserig – zu 99 Prozent steht das Süßgras ganz hoch im Kurs beim Riesenpanda. Was lange nicht heißt, dass er wahllos is(s)t. Von 100 Sorten Bambus sind dem Panda gerade einmal 25 gut genug. Wenn der Bambus ausgeht, zieht er zum nächsten Bambus-Imbiss weiter.
Manchmal gerät eine andere Pflanze, ein kleiner Nager oder Fisch zwischen die dicken Tatzen. Doch das sind dann Ausrutscher – wenn die Raubtier-Gene doch mal durchkommen. Normalerweise geht der Panda mit dem Trend – und ernährt sich streng vegetarisch, wenn nicht sogar vegan. Daran hat er sich sogar angepasst – mit einem Pseudo-Daumen, mit dem er die Bambusstangen gut festhalten kann, einer Schädel- und Kieferform fürs bessere Pflanzenfressen.
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Alle Achtung dafür! Denn eigentlich hat der Panda noch immer den Verdauungstrakt, Verdauungsenzyme und Darmmikroben eines Raubtiers, was nicht so recht mit dem Vegetarier-Dasein einhergeht. Von 20 Kilogramm Bambus pro Tag kann er nur 20 Prozent verwerten. Macht vier Kilogramm. Wie das endet, können wir uns alle denken? Mit bis zu 100 Toilettengängen (Toilette im weitesten Sinne) pro Tag. Denn irgendwie muss er die unbrauchbaren Pflanzenreste ja loswerden.
(K)ein Evolutionssprung?
Doch neue Forschungsergebnisse deuten nun darauf hin, dass der Panda mit seiner fleischlosen Attitude gar nicht so verwunderlich ist wie angenommen. Die Studie dazu haben Forscher der University of Sydney und der Chinese Academy of Science in "Current Biology" veröffentlicht. Ihre Untersuchung basiert auf dem Konzept der sogenannten "Geometrie der Ernährung". Dieses Ernährungskonzept geht davon aus, dass die Nahrungsauswahl aller Lebewesen – also auch von uns Menschen – durch das Verhältnis der Nährstoffe zueinander bestimmt wird, wie dem prozentualen Anteil der Makronährstoffe.
Um die Ernährung des Riesenpandas zu bewerten, konzentrierten sich die Forscher also darauf, wie die Mischung von Nährstoffen und anderen Nahrungsbestandteilen seine Gesundheit und Krankheit beeinflussen, anstatt sich auf einen einzelnen Nährstoff in der Isolation zu konzentrieren.
Bambus als Fleischersatz
"Das zeigt, wie wichtig es ist, sowohl Lebensmittel als auch Nährstoffe für das Verständnis der evolutionären Ökologie von Tieren zu berücksichtigen", sagt Professor David Raubenheimer vom Charles Perkins Centre der University of Sydney und der School of Life and Environmental Sciences.
Denn trotz der fast ausschließlich pflanzlichen Ernährung der Riesenpandas sieht der Protein- und Kohlenhydratgehalt dieses Lebensstils eher wie der eines Hyperkarnivors aus – also wie von Tieren, die mehr als 70 Prozent ihrer Nahrung von anderen Tieren beziehen - Fleischfressern.
Damit kommen die Forscher zu dem Ergebnis, dass der evolutionäre Schritt der Pandas gar nicht so gravierend war wie bislang angenommen. "Sie sind zwar Pflanzenfresser in Bezug auf die Lebensmittel, die sie essen, aber die Makronährstoffmischung der Nahrung ist eher wie Fleischfresser", erklärt Professor Raubenheimer.
Vorbildlich!?
Und tatsächlich könnten wir uns am Panda an Beispiel nehmen. Zwar gibt es in unseren Supermärkten diversen anderen Fleischersatz, wie Tofu oder Soja. Doch Bambus ist hinsichtlich seines Nährwerts auch nicht zu unterschätzen, da er viel Eiweiß liefert und gleichzeitig sehr fettarm ist. Bereits in der alten Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) hatten Bambussprossen einen guten Ruf. Sie wirken kühlend und stillen den Durst.
Sie müssen ja nicht gleich 20 Kilo am Tag verdrücken – und bitte auch nicht ungekocht. Denn in rohen Bambussprossen steckt die für Menschen giftige Blausäure, die erst durch Kochen unschädlich wird.