Die Astronautinnen stehen fest
19. April 2017Da waren's nur noch zwei. Insa Thiele-Eich und Nicola Baumann haben die finale Auswahl bei "Die Astronautin" gewonnen. Eine von ihnen soll 2020 mit der gleichnamigen privaten Initiative ins All geschickt werden.
Das Finale fand in Berlin statt - und startete dramatisch. Auch wenn man sich einen Vergleich zur TV-Sendung "Germany's next Topmodel" verkneifen möchte - ein bisschen erinnert der Einspieler der Kandidatinnen doch daran: Special Effects und Posing vor einem Nachbau der ISS inklusive. Zugegeben geht's bei "Die Astronautin" am Ende trotzdem mit weniger Drama und Make-up zu als bei Heidi Klum und ihren Models. Aber: Bei beiden geht es um die Rekrutierung von Nachwuchs.
"Die Astronautin" wurde 2016 von Claudia Kessler ins Leben gerufen. Kessler leitet die Personalvermittlung HE Space und wollte früher selbst Astronautin werden - "aber entweder war ich zu jung oder zu alt", erzählt sie beim Finale. Stattdessen startete sie vor knapp einem Jahr den Aufruf: Deutschland sucht die erste deutsche Astronautin! Dafür ist es auch höchste Zeit, denn bisher blieb der Flug ins All deutschen Männern wie Thomas Reiter oder Alexander Gerst vorbehalten. Auch aus internationaler Sicht sind Frauen auf der ISS bislang unterrepräsentiert.
An Qualifikationen mangelt es den Frauen jedenfalls nicht - das hat der Wettbewerb mit seinen über 400 Bewerberinnen gezeigt. Auch Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) ist mittlerweile überzeugt. Anfangs skeptisch, sprach sie beim Finale von einem "großen Tag". Sie hofft, dass die Kandidatinnen Vorbilder für Mädchen sein können, die sich noch nicht so gern mit Naturwissenschaften beschäftigen.
Geeignet wären natürlich alle Anwärterinnen, betont der ehemalige Astronaut Ulrich Walter. Aber Entscheidungen müssen eben getroffen werden.
Und das hier sind die Kandidatinnen, die nun ganz besonders nah am Astronautinnen-Traum dran sind:
Nicola Baumann
Nicola Baumann ist Eurofighter-Pilotin. Sie wurde am 10. März 1985 in München geboren und lebt heute in Köln. Dort ist sie bei der Bundeswehr für die Luftraumüberwachung in Deutschland und den NATO-Nationen zuständig.
Sie ist verheiratet und geht in ihrer Freizeit gerne Skifahren, Mountainbiken, Kitesurfen und Tauchen. Auf die Frage, worauf sie sich beim Astronautentraining am meisten freut? Auf die sportlichen Aktivitäten - kein Wunder, bei den Hobbies.
Insa Thiele-Eich
Insa Thiele-Eich ist Meteorologin. Sie wurde am 21. April 1983 in Heidelberg geboren. Heute lebt sie in Königswinter und arbeitet als wissenschaftliche Koordinatorin am Meteorologischen Institut der Universität Bonn. Sie beschäftigt sich mit Grundlagenforschung für eine verbesserte Wetter- und Klimavorhersage. Thiele-Eich ist verheiratet und Mutter von zwei Töchtern. Zu ihren Hobbies gehören Klettern, Laufen, Marathonstaffeln, Fotografie und Klavier spielen.
Übrigens: Wem der Name im Zusammenhang mit Raumfahrt bekannt vorkommt - Gerhard Thiele, der Vater von Insa Thiele-Eich, war ebenfalls Astronaut und gehörte dem europäischen Astronautenkorps der ESA an. 2000 war er für elf Tage im All - und ist nun bestimmt mächtig stolz auf die großen Pläne seiner Tochter.
So ganz realisieren kann sie es auf Nachfrage selbst noch nicht. "Dafür brauche ich bestimmt noch ein paar Tage oder Wochen."
Wie geht es nun weiter?
Die Zeit wird sie haben. Denn erst einmal bleibt für die beiden Anwärterinnen alles beim Alten - sie bleiben vorerst in ihren Jobs. "Zuerst muss die Finanzierung sichergestellt werden", sagt Claudia Kessler. Über 40 Millionen Euro werden benötigt. Derzeit läuft noch eine Crowdfunding-Kampagne und desweiteren hoffen die Initiatoren auf liquide Sponsoren, etwa aus der Industrie. "Wir haben schon Schuhe von Nike bekommen. Vielleicht ist da ja noch ein bisschen mehr drin", scherzt Kessler. "Und wenn dann auch noch die Bundesregierung, das DLR und die ESA in die Mission mit einsteigen, würden wir uns natürlich umso mehr freuen." Die Gespräche laufen wohl.
Zwei Gewinnerinnen?
Die ersten Trainings sollen für beide Anwärterinnen etwa Mitte des Jahres starten. Dann stehen erste Tauchübungen und Parabelflüge an - und viele Monate Survivaltraining, Fitness-, Sprach-, Medienkompetenz-, Belastbarkeitstrainings, und Theoriestunden in Raumfahrttechnik werden folgen.
Stellt sich die Frage, warum man gleich zwei Gewinnerinnen kürt und einem zeitintensiven Trainingsprogramm unterzieht. "Das gehört sich so", versichert Ex-Astronaut Ulrich Walter. Es gebe immer einen sogenannten "Prime-Astronaut" und einen "Backup-Astronaut". Wer dann tatsächlich ins All fliegen wird, wird verhältnismäßig kurzfristig entschieden, etwa ein Jahr vor Missionsstart. "Am liebsten möchten wir natürlich beide zur ISS schicken", ergänzt Kessler. Na, dann drücken wir natürlich auch beiden weiterhin die Daumen!