Abenteuer Tour du Faso
20. Oktober 2011Zehn Etappen, 1.280 Kilometer, Temperaturen von fast 40 Grad und stellenweise unasphaltierte Straßen: Die Tour du Faso (21.-30.10.2011) ist eine echte Herausforderung an ihre Teilnehmer, die aus Afrika und Europa kommen.
Seit 1987 gibt es die Landesrundfahrt, die zwischenzeitlich von der Organisation der Tour de France (ASO) geleitet wurde und nun von der Regierung Burkina Fasos als Aushängeschild des Landes gefördert wird. Mit dabei ist erstmals seit 15 Jahren auch wieder eine deutsche Mannschaft, die mit um das Gelbe Trikot fahren will. Begleitet wird sie von einem Kamerateam, das einen Kinofilm über das Abenteuer Tour du Faso dreht. Der Kapitän des deutschen Teams ist Karsten Keunecke, der im DW-Interview über die große Begeisterung an der Strecke, die flirrende Hitze und die Chancen seines Teams spricht.
DW-World.de: Mit welchen Erwartungen reisen Sie und ihr Team nach Burkina Faso?
Karsten Keunecke: Die Mannschaftskollegen sind allesamt sehr reiseerfahren. Die meisten von uns kennen die Bedingungen in Afrika sowie die Mentalität der Menschen dort. Trotzdem wird jeder Fahrer neue Grenzerfahrungen machen. Es ist ein Abenteuer, aber es soll auch Spaß machen.
Das Fahrrad ist das Hauptfortbewegungsmittel
Sie selbst sind die Tour du Faso bereits vor zwei Jahren gefahren. Was unterscheidet das Rennen von europäischen Rundfahrten?
Neben dem Klima und der Topographie sind es vor allem organisatorische Dinge, die die Tour du Faso von europäischen Rennen unterscheidet. Vieles wird improvisiert in Burkina Faso. So gibt es in mehreren Etappenankünften keine Hotels. Dann schlafen wir in provisorischen Zeltstädten. Andere Dinge sind dem großen Vorbild, der Tour de France, nachempfunden, wie zum Beispiel die umfangreichen Siegerzeremonien oder auch die Werbekarawane, die vor dem Feld herfährt.
Viele Tausend Menschen stehen jeden Tag an der Strecke. Was bedeutet Radsport in Burkina Faso?
Das Fahrrad ist in Burkina Faso das Hauptfortbewegungsmittel, insofern ist der Sport schon in der Breite verankert. Aufgrund fehlender Ausbildung bleibt vielen Talenten allerdings der Schritt zum Hochleistungssport verwehrt. Der Begeisterung für den Sport tut das jedoch keinen Abbruch, und so stehen die Menschen besonders in den Dörfern und Städten im dichten Spalier an der Strecke.
Die Rennen starten sehr früh am Morgen um der großen Hitze zu entgehen. Wie sieht ein normaler Renntag für Sie in Burkina Faso aus?
Der Wecker klingelt spätestens um 5:30 Uhr. Dann geht es direkt zum Frühstück. Manchmal folgt ein Bustransfer zum Startort. Falls nicht, ist es etwas stressfreier und man hat dann etwas mehr Zeit zum Packen der Sachen. Gegen 8 Uhr startet die Etappe, die in der Regel zwischen drei und fünf Stunden dauert. Am frühen Nachmittag folgen Mittagessen, Bustransfer ins Hotel oder zu den Zelten. Dort erholen wir uns und reparieren unsere Räder. Manchmal haben wir noch die Kraft den Tag mit einem kühlen Bier ausklingen zulassen.
Manche fahren Jahrzehnte altes Material
Gehen alle Fahrer mit vergleichbarem Material an den Start?
Die afrikanischen Teams haben mittlerweile materialtechnisch enorm aufgerüstet. Die ambitionierten Nationalmannschaften stehen uns Europäern nicht nach. Carbonrahmen und die Topgruppen der Ausrüsterfirmen sind der Stand der Dinge. Lediglich Exoten wie die Mannschaften aus Togo und Benin fahren mit abenteuerlicheren Rädern. Sie fahren zum Teil Jahrzehnte alte Stahlrahmen mit Rahmenschalthebeln, die es in Europa schon lange nicht mehr gibt.
Was ist die größte Herausforderung: die Hitze, die Gegner oder der Straßenbelag?
Die Hitze ist sicher der größte Gegner. Der Sommer in Deutschland war eher mäßig, so dass die Klimaumstellung erst vom Körper verarbeitet werden muss. Denn mittags klettert das Thermometer auf bis zu 40 Grad in Burkina Faso. Der raue Straßenbelag kann, gerade wenn man eine Schwächephase durchlebt, auch zur Qual werden. Aber trotz alledem macht das Rennen sogar manchmal richtig Spaß.
Die Favoriten kommen aus Marokko
Es gehen starke Nationalmannschaften wie die aus Marokko an den Start, dazu gute Teams zum Beispiel aus Frankreich. Wer ist der Favorit?
Die Marokkaner sind sicher die Topfavoriten. Da knapp zehn Tage nach Ende der Tour du Faso die Afrikameisterschaften stattfinden, werden sie auch mit der besten Mannschaft an den Start gehen, um sich den letzten Feinschliff zu holen.
Welche sportlichen Ziele hat das erste deutsche Team seit 1996 in Burkina Faso?
Mit Serge Herz haben wir einen Fahrer in unseren Reihen, dem bei Sprintankünften durchaus Etappensiege zuzutrauen sind. Ansonsten versuchen wir unser Glück in Ausreißergruppen. Für die Gesamtwertung wäre es schön, wenn wir einen Fahrer in den Top 10, vielleicht sogar auch in den Top 5 platzieren könnten.
Das Gespräch führte Joscha Weber
Redaktion: Wolfgang van Kann