DFB-Team vor Portugal-Spiel: Jetzt erst recht
18. Juni 2021Die Greenkeeper auf dem Adi-Dassler-Sportplatz in Herzogenaurach haben alle Hände voll zu tun. Die Rasensprenger laufen auf Hochtouren, denn die Sonne kennt auch an diesem Tag keine Gnade. Rund 30 Grad Celsius zeigt das Thermometer. Für die letzte Trainingseinheit vor dem Spiel gegen Portugal muss der Trainingsort noch einmal perfekt vorbereitet sein.
Bundestrainer Joachim Löw steht am Rande des Platzes. Er spricht lange Zeit mit seinen beiden Innenverteidigern Antonio Rüdiger und Matthias Ginter. Der 61-Jährige nutzt seine wiedergefundene Kommunikationsfreude und schwört erst seine Verteidiger und dann das ganze Team auf das zweite EM-Gruppenspiel gegen Portugal ein.
Löw gestikuliert viel und motiviert seine Mannschaft so gut es eben geht, denn das Duell mit dem amtierenden Europameister dürfte ähnlich schwer werden, wie das Auftaktspiel gegen Weltmeister Frankreich. "Wir haben alles in die Waagschale geworfen, es hat aber oft im letzten Drittel der letzte Pass gefehlt", sagt Verteidiger Ginter: "Wir haben uns kaum Torchancen rausgespielt. Da ist die ganze Mannschaft gefragt. Wenn das funktioniert, bin ich optimistisch, dass wir am Samstag ein gutes Ergebnis erzielen."
Mehr Offensiv-Aktionen gefordert
Optimismus wecken, die Stimmung hochhalten - diese Aufgabe scheint Löw bisher gut im Griff zu haben. Die Spieler haben sichtlich Spaß bei der Arbeit. Selbst Leroy Sané, der gegen Frankreich nur eingewechselt wurde und die vergangenen Wochen etwas abwesend wirkte, hat sein Lachen wiedergefunden. "Wir haben eine geile Mannschaft und viel Qualität. Es war nicht unser schlechtestes Spiel gegen Frankreich, wir können aber noch mehr. Das ist das Gute", sagt Emre Can. Er glaube fest an einen Sieg, wenn "wir in der Offensive etwas sauberer sind. Dann haben wir mehr Torchancen."
Denn das große Manko der Nationalmannschaft bleibt das Toreschießen. Um das zu ändern, hat Can bereits eine Idee. "Die Innenverteidiger in der Dreierkette müssen andribbeln. Die Außen müssen versuchen, das offensive Eins-gegen-eins zu suchen. Wir müssen die Lücken zwischen den Ketten finden, da gehört vieles dazu", so der Mittelfeldspieler.
Ob Löw bei seiner Aufstellung etwas ändern wird, um mehr Offensiv-Power zu entwickeln, ist offen. Allerdings hat Sané gute Chancen, für den gegen Frankreich enttäuschenden Kai Havertz in die Mannschaft rücken. Zudem ist Leon Goretzka nach seiner Verletzung wieder topfit und könnte dem Team mehr Robustheit und Dynamik verleihen. Ein Startelf-Einsatz dürfte für den vielseitig einsetzbaren 26-Jährigen laut Löw aber noch zu früh kommen. "Leon hat schon länger nicht gespielt. Ich denke, dass er auch eine gute Option sein wird im Laufe des Spiels", verriet Löw nach dem Auftaktspiel.
Portugal ist längst mehr als Cristiano Ronaldo
Neben der Offensive muss auch die Verteidigung besonders aufmerksam sein, denn da hat Portugal einiges zu bieten. Der Europameister muss sich schon längst nicht mehr nur auf Superstar Cristiano Ronaldo verlassen. "Das Problem ist die Masse der guten Offensivspieler", sagt Mats Hummels. "2014 war Ronaldo noch der Fixpunkt der Offensive. Jetzt haben sie eine große Fülle an herausragenden Spielern." Namentlich bekommt es die deutsche Defensive mit Bruno Fernandez, Bernardo Silva oder Diogo Jota zu tun.
Dennoch dürfte der Fokus auf Ronaldo liegen, der im direkten Duell auf Ginter treffen könnte. "Er zählt noch immer zu den besten Stürmern der Welt, hat jetzt auch wieder zwei Tore gemacht, da gilt es höllisch aufzupassen", sagt der Verteidiger: "Es wäre aber ein Fehler, sich komplett auf Ronaldo zu konzentrieren. Sie haben viele gute Offensivspieler und sind gut besetzt, da müssen wir kompakt verteidigen, um wenig zuzulassen."
Ginter: "Voll auf Sieg spielen"
Die DFB-Elf steht im zweiten EM-Spiel bereits unter Druck. Verliert der Weltmeister von 2014 auch gegen Portugal, droht nach der WM 2018 das nächste Ausscheiden nach einer Gruppenphase. An der Einstellung dürfte die Nationalelf dieses Mal nicht scheitern. Ginter hat sogar so etwas wie ein "Jetzt-erst-recht-Gefühl" bemerkt: "Wir wollen diese positive Energie aufrechterhalten, die uns zwei Wochen lang in der Vorbereitung begleitet hat - auch wenn wir jetzt verloren haben. Wir wollen am Samstag voll auf Sieg spielen."