U21 vor der Olympia-Quali
20. Juni 2019Beim 5:0 hat der Torjubel der deutschen U21-Spieler schon etwas Routiniertes. Diesmal hatte der Torwart der Serben nach einem Konter nicht gut ausgesehen. Luca Waldschmidt zog aus 18 Metern in Richtung Tormitte ab, dem bedauernswerten Schlussmann glitt der Ball über die Fäuste in den Winkel (80. Minute). Aber da war das zweite Gruppenspiel eh schon gelaufen.
Denn auch vorher hatte Waldschmidt der Partie seinen Stempel aufgedrückt. Nach dem 1:0 von Marco Richter am Ende einer wunderbaren Kombination (16.) brauchte Waldschmidt zum 2:0 nur noch den Fuß hinzuhalten. Marco Richter hatte uneigennützig aufgelegt (30.). Dann die nächste Kostprobe des Freiburger Stürmers: ein Alleingang über 30 Meter, am Ende ein strammer Falchschuss genau ins rechte Eck (37.).
Das Tor zum zwischenzeitlichen 4:0 besorgte Mahmoud Dahoud (69.) mit einem 22-Meter-Hammer in den Winkel, Andrija Zivkovic verkürzte mit einem verwandelten Foulelfmeter (85.) auf 1:5, den Schlusspunkt zum 1:6 (0:3) vor knapp 10.000 Zuschauern in Udine setzte Arne Maier in der Nachspielzeit mit einem gefühlvollen Schlenzer ins rechte Kreuzeck.
Vier Tore besser als der Superstar
Für Waldschmidt waren es die Turnier-Treffer Nummer zwei, drei und vier. Der 23-jährige zog damit in der Torjägerliste der Junioren-Europameisterschaft in Italien an seinem Sturm-Kollegen Richter vorbei, der jetzt bei drei Treffern steht - nach zwei Spielen. Der vermeintliche Superstar der Serben, Luka Jovic, der gerade von Eintracht Frankfurt für 60 Millionen Euro zu Real Madrid wechselt, war bei Jonathan Tah fast restlos abgemeldet.
Nach dem 3:1 gegen Dänemark hat das deutsche Nachwuchsteam damit vor dem letzten Gruppenspiel das Weiterkommen und damit die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio so gut wie sicher. "Wir haben und viel vorgenommen und es auch gut umgesetzt. Es war wieder ein geiler Team-Auftritt", freute sich der 21-jährige Augsburger Profi Richter nach der Partie im ARD-Fernsehen und ging damit deutlich mehr aus sich heraus als sein zwei Jahre älterer Mitspieler Waldschmidt. Der war im Interview sichtlich verlegen, brachte nicht viel mehr heraus als typische Fußballer-Floskeln von wegen einer guten Leistung, guter Zusammenarbeit. "Wenn´s einmal läuft, macht es auch allen Spaß."
Jubel vielleicht in der Kabine
Auf seinen Zurückhaltung angesprochen, druckste Waldschmidt etwas herum: "Klar bin ich glücklich, vielleicht zeige ich es hier noch nicht so ganz, aber vielleicht gleich in der Kabine." Egal, wenn er es weiter auf dem Platz zeigt, möchte man sagen. U21-Trainer Stefan Kunz ebenfalls sichtlich darauf bedacht, die Euphorie beim Titelverteidiger nicht in den Himmel wachsen zu lassen : "Die Entwicklung der jungen Spieler liegt uns am Herzen", weicht er bei der Frage nach dem Waldschmidt-Phänomen aus, "und diese Entwicklung haben wir bei einigen Spielern gesehen."
Losgelöst von Einzelpersonen ist Kuntz die Zufriedenheit dann doch anzumerken: "Das war ein tolles Spiel, viele unserer Ideen sind aufgegangen. Wir haben in vielen Bereichen kleine Schritte nach vorne gemacht, sind aber noch lange nicht da, wo wir gerne hin möchten." Damit meint Kuntz, selbst 1996 Europameister bei den "Großen" das Halbfinale, das Minimalziel bei diesem Turnier in Italien. Denn das Erreichen der Playoff-Runde bedeutet gleichzeitig die Qualifikation für die Sommerspiele in Tokio.
"Gar nicht so schlecht..."
"Meine Jungs zeigen jetzt, dass es im Moment mit den deutschen Talenten nicht so schlecht aussieht", sagt Kunz süffisant. Vor allem, wenn man bedenkt, dass deutsche Top-Talente wie Kai Havertz, Timo Werner oder Leroy Sané ebenfalls noch bei den Junioren mitspielen könnten, aber schon längst den Sprung in den Kader von Bundestrainer Joachim Löw geschafft haben. Für den Gruppensieg bei der U21-EM reicht nun schon ein Unentschieden gegen Österreich am Sonntag. Aber von wegen Unentschieden. "Wir gehen natürlich auf Sieg!", verspricht Torjäger Marco Richter.