Ein Indianerhäuptling als Jugendidol
6. Februar 20091965 wurde in deutschen Kinos besonders viel geweint. Winnetou III. kam auf die Leinwand und starb am Ende des Films durch die Kugel eines Verbrechers. Da hatte das Winnetou-Fieber gerade seinen Höhepunkt erreicht. Der Schauspieler der legendären Kinofigur Pierre Brice war das Jugendidol der sechziger Jahre. Mehr als fünfzig Mal hob ihn die Jugendzeitschrift Bravo auf die Titelseite ihres Heftes. In den Monaten bevor der Bandit Rollins seinen tödlichen Filmschuss auf den prominentesten Indianer-Häuptling aller Zeiten abfeuern konnte, wurde in der Bravo heftig diskutiert und gefordert, Winnetou nicht sterben zu lassen. Nach dem Film gab es heftige Proteste.
Er sah einfach verdammt gut aus
Geboren wurde Pierre Brice 1929 im nordfranzösischen Brest. Als 19jähriger meldete er sich freiwillig für den Indochinakrieg. Nach seiner Rückkehr versuchte er sich als Fotomodell, Tänzer und schließlich als Schauspieler. Zunächst mit wenig Erfolg. 1962 entdeckte der Erfolgsproduzent Horst Wendtland, der schon mit Edgar Wallace Filmen groß herausgekommen war, den überaus gutaussehenden jungen Franzosen auf der Berlinale. Durch seinen Auftritt im spanischen Film „Los Atracadores“ wurde er dort zum besten Nebendarsteller gekürt. Mit Wendtland kam der Durchbruch. Die Darstellung der Karl May-Erfindung Winnetou wurde für Pierre Brice die Rolle seines Lebens.
Alle liebten ihn
Man ließ Winnetou nach 1965 wiederauferstehen, mitsamt Filmschwester Nschotschi, dem Indianervater Intschu-tschuna und dem Medizinmann Klekih-petra. Dass diese Namen aus dem Kuriosakabinett Karl Mays zum Allgemeingut in der Bundesrepublik werden konnten, zeigt die Breitenwirkung der deutschen Wildwest-Inszenierungen. Allerdings war im Kino ab 1968 dann Schluss.
Einmal Winnetou, immer Winnetou
Im Fernsehen ging es weiter. Und später ab 1976 dann unter freiem Himmel im sauerländischen Elspe und schließlich in Bad Segeberg. Hier wurde die Berühmtheit Pierre Brice zur Winnetou-Legende, auch wenn der Franzose anfangs nur gebrochen Deutsch sprach. Seine deutsche Lebensgefährtin und spätere Frau Hella Krekel hilft, das schnell zu ändern.
Vor den Auftritten in Elspe hatte Pierre Brice zwar noch ein Auftritts-Intermezzo in Theater und Fernsehen, doch erst im Sauerland lagen ihm wieder die Massen zu Füßen, auch dann noch als der Held immer älter wurde. Als Pierre Brice Anfang der 1990er Jahre das Lederkostüm ablegte, hatte er 11 Winnetou-Filme gedreht und endlose Male mit seinem Pferd deutschen Wildweststaub aufgewirbelt.
Fluch uns Segen des Erfolgs
Der Erfolg von Winnetou war so groß, dass für Pierre Brice kaum noch etwas anderes in Frage kam, als den sanftmütigen Apachenhäuptling zu spielen. Unter anderem in seiner 2004 erschienen Autobiografie „Winnetou und ich“ bedauert er diese Festlegung. In Frankreich ist Pierre Brice kaum bekannt. Seine mythische Größe ist auf Deutschland begrenzt.