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Deutschland ist top - aber wie lange noch?

Henrik Böhme27. Mai 2014

Deutschland zählt zu den Top-Standorten der Welt. Das zeigt eine aktuelle Umfrage. Doch das muss in Zukunft nicht so bleiben, bloß weil es dem Land im Moment so gut geht, meint Henrik Böhme.

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Henrik Böhme DW Wirtschaft
Bild: DW

Natürlich, das klingt auf den ersten Blick ziemlich gut: Deutschland steht bei Investoren aus der ganzen Welt hoch im Kurs. Ein wirtschaftsfreundliches Klima, eine zumindest auf den ersten Blick intakte Infrastruktur, bestens ausgebildete Arbeitskräfte, ein hohes Maß an Rechtssicherheit. Macht summa summarum Platz vier in der soeben veröffentlichten Rangliste der weltweit tätigen Unternehmensberatung EY (Ernst&Young). Das ist eine Verbesserung um zwei Plätze. Und wenn man dann noch sieht, dass die Befragung vor der aktuellen Krise zwischen Russland und seinem Nachbarn Ukraine durchgeführt wurde und Russland im Ranking noch einen Platz vor Deutschland rangiert, dann kann man wohl davon ausgehen, dass, würde man heute nochmal die über 800 Manager befragen, sogar ein Podestplatz für Deutschland drin wäre.

Vorne in der Liste - und das wird wohl auf längere Sicht so bleiben - stehen China und die USA. Deutschland aber habe in jüngster Zeit den stärksten Zugewinn an Attraktivität verbuchen können, schreiben die Autoren der Studie weiter. Und bestätigen zugleich Deutschlands Position als "eindeutig robusteste und wettbewerbsfähigste unter den großen Volkswirtschaften Europas".

Als wäre das noch nicht genug der guten Nachrichten, erhärtet der aktuelle Konjunkturkompass der staatlichen KfW-Bank die guten Aussichten: Plus zwei Prozent Wachstum bei der Wirtschaftsleistung sind drin in diesem Jahr. Das scheint ein nachhaltiger Aufschwung zu werden, denn er wird nicht mehr nur allein von der Exportkraft der deutschen Unternehmen getragen, sondern auch von der deutlich gewachsenen Binnennachfrage. Die Leute verdienen mehr und geben das Geld auch aus und die Unternehmen investieren verstärkt in neue Maschinen und Anlagen.

Jetzt aber treten wir mal kräftig auf die Euphoriebremse. Denn, so sagt es ein deutsches Sprichwort: Wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis tanzen. In der Studie der Unternehmensberater steht auch der Grund dafür: Mehr Unternehmen wollen Teile ihrer Produktion ins Ausland verlagern. Gleichzeitig planen weniger ausländische Unternehmen, sich in Deutschland neu anzusiedeln oder mehr Geschäftsbereiche zusätzlich nach Deutschland zu verlagern.

Das hat verschiedene Ursachen: Zum einen ist Deutschland wie alle anderen entwickelten Volkswirtschaften auch, in die globalisierte Wirtschaft integriert. Da ist alles in Bewegung, weil die Unternehmen ständig auf der Suche nach den besten Bedingungen für eine effiziente Produktion sind. Zum anderen aber, und da wird's gefährlich, sehen freilich auch die befragten Manager den nachlassenden Reformeifer in Deutschland und vermerken mit Besorgnis milliardenschwere Wahlgeschenke wie die Rente mit 63. Ich erinnere mich nur zu gut an die Zeit Anfang der 1990er Jahre, als die Euphorie der deutschen Wiedervereinigung und die damit einhergehende Sonderkonjunktur vorbei war: Da war Deutschland der kranke Mann Europas. Es war ein steiniger Weg mit tiefen Einschnitten in die Sozialsysteme, die das Land wieder nach vorne brachten. Wenn die große Koalition in Berlin so weitermacht wie bisher, ist sie drauf und dran, Deutschlands Platz an der Sonne zu verspielen. In die Top-Rankings der kommenden Jahre wird man es dann nicht mehr schaffen.