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Unerwünschte Investitionen

Karl Zawadzky (rri)26. Juni 2007

Ausländische Regierungen kaufen sich immer öfter über Investmentfonds in deutsche Unternehmen ein. Die Bundesregierung erwägt deshalb einen besseren Schutz vor unliebsamen Avancen etwa aus China oder Russland.

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Chinesische Flagge, darunter Dollar-Noten (Symbolbild)
China: Viel Geld für Einkäufe im AuslandBild: AP Graphics/DW

Innerhalb der Bundesregierung wird über Mechanismen nachgedacht, mit denen deutsche Konzerne vor einer Übernahme durch ausländische Staatsfonds geschützt werden können. In anderen großen westlichen Industriestaaten gibt es solche Schutzregeln seit langem. Damit wird in Berlin eine Anregung des Vorstandschefs der Deutschen Bank, Josef Ackermann, aus der vergangenen Woche aufgenommen. Ackermann hatte sich dafür ausgesprochen, strategische Geschäftsfelder zu definieren, "wo wir das Gefühl haben, da müssen wir die Kontrolle haben". Dabei geht es nicht nur um Rüstungsunternehmen, sondern zum Beispiel auch um Energie- und Hochtechnologiekonzerne.

Hintergrund der Überlegungen sind die gigantischen Devisenreserven zum Beispiel in China, Russland und in Ölstaaten. Zunehmend investieren diese Geld über staatliche Investitionsfonds in ausländische Unternehmensbeteiligungen. Ackermann sprach in diesem Zusammenhang von einem "neuen Staatskapitalismus".

Bedenken beim Währungsfonds

Auch der Internationale Währungsfonds hegt zunehmend Bedenken gegen die Fonds unter Obhut von Regierungen, deren Volumen sich nach IWF-Schätzungen auf insgesamt 2,5 Billionen Dollar beläuft. Die Portfolios und Anlagestrategien der Staatsfonds seien ebenso wenig durchschaubar wie die der hochriskanten Hedge-Fonds, erklärte IWF-Chefvolkswirt Simon Johnson in Frankfurt: "Staatliche Vermögensfonds sind eine Blackbox. Wir wissen nicht, was passiert und wir sollten uns darüber Sorgen machen." Die Politik müsse diese Fonds im Auge behalten, denn allein schon wegen ihrer schieren Größe könnten sie großen Einfluß auf die Finanzmärkte haben.

Wolkenkratzer in New York (Quelle: AP)
Die Private-Equity-Gesellschaft Blackstone ist Telekom-GroßaktionärBild: AP

Der Investitionsfonds des Emirates Dubai hat kürzlich zwei Prozent des Grundkapitals der Deutschen Bank erworben. Ein russischer Konzern ist an einer Beteiligung an der Deutschen Telekom interessiert. China hat sich mit drei Milliarden Dollar bei der amerikanischen Private-Equity-Gesellschaft Blackstone engagiert und hat dafür lediglich 0,3 Prozent seiner Devisenreserven ausgegeben. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück fragt: "Was passiert, wenn sie zehn oder zwanzig Prozent ihrer Währungsreserven so einsetzen?"


China: 1000 Milliarden Dollar auf der hohen Kante


Durch seine beispiellose Exportoffensive hat China Devisenreserven von mehr als 1000 Milliarden Dollar angesammelt, wovon bislang ein erheblicher Teil in amerikanischen und europäischen Staatspapieren angelegt worden ist. Die russischen Devisenreserven werden auf rund 400 Milliarden Dollar geschätzt. Auch arabische Öl- und Gasexporteure haben große Devisenreserven angesammelt, die sie zunehmend in westliche Unternehmen investieren.

Kanzlerin Merkel mit Sheich Al Sabah, dem Premier von Kuwait (Quelle: AP)
Kanzlerin Merkel mit Sheich Al Sabah, dem Premier von Kuwait. Das Land ist Großaktionär bei DaimlerChrysler.Bild: AP


Seit vielen Jahren ist Kuwait der größte Einzelaktionär bei DaimlerChrysler, während der Iran ebenfalls seit vielen Jahren eine Beteiligung an ThyssenKrupp hält. Nach Auffassung von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos sind solche Investitionen auch weiterhin willkommen. Glos, der sich zur Zeit mit Vertretern deutscher Unternehmen in China aufhält, erklärte: "Wir schotten uns nicht gegen Investitionen aus anderen Ländern ab. Wir können und wir wollen das auch nicht verhindern."

Politische Einflussnahme befürchtet


Wohl aber wird nach Auskunft von Staatssekretär Thomas Mirow vom Bundesfinanzministerium "sehr aufmerksam beobachtet, wie sich staatlich kontrollierte Kapitalgesellschaften aus Russland, China und dem Nahen Osten an Unternehmen beteiligen oder diese kaufen". Nach den Worten des Staatssekretärs ist vielfach der Sinn solcher Investitionen unklar. Dahinter steht die Befürchtung, dass es sich nicht ausschließlich um reine Kapitalbeteiligungen handelt, sondern auf solche Weise der Patentschutz umgangen wird oder gar politische Interessen verfolgt werden.

Ölbohrinsel (Quelle: AP)
Abgelehnt: Chinas Übernahmeversuch von UnocalBild: AP


In Frankreich und den USA gibt es Mechanismen gegen unliebsame Firmenkäufe durch ausländische Unternehmen – zum Beispiel in den USA seit Ende der achtziger Jahre einen Ausschuss für ausländische Direktinvestitionen (Committee on Foreign Direct Investment in the United States, CFIUS). Vertreter des Weißen Hauses, des Außen-, Verteidigungs- und Heimatschutzministeriums prüfen nicht etwaige Probleme wettbewerbsrechtlicher Art, sondern Fragen der "nationalen Sicherheit", die durch ausländische Investitionen berührt werden. So wurde der Kauf von sechs Häfen an der amerikanischen Ostküste durch den staatlichen Hafenbetreiber Dubai Ports World ebenso unterbunden wie die Übernahme der kalifornischen Ölgesellschaft Unocal durch den chinesischen Ölkonzern CNOOC.

IWF-Gespräche über Firmenbeteiligungen


Da die Zahl der staatlich kontrollierten Investmentfonds ebenso rasant zunimmt wie deren Kapitalausstattung, hat es im April am Rande der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington ein Gespräch der sieben führenden westlichen Industriestaaten mit Russland, China, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten über Firmenbeteiligungen gegeben. Dieses Gespräch soll auf der IWF-Jahrestagung im Oktober fortgesetzt werden.