Deutscher Afrika-Preis in Berlin verliehen
27. November 2018Selbst königliche Hoheiten bemühte Jurypräsident Volker Faigle in seiner Rede um klar zu machen, warum der Deutsche Afrika-Preis zum ersten Mal an zwei Umweltschützer verliehen wurde. Der britische Prinz William hatte vor wenigen Wochen eine internationale Konferenz mit einem emotionalen Appell eröffnet, den Raubbau an der Umwelt zu stoppen. Ein wichtiger Zwischenruf, so Faigle. "Auch wir sind heute Abend Zeugen eines Zwischenrufs mutiger Menschen aus unserem Nachbarkontinent Afrika, die in beeindruckender Weise auf die Bedrohung der Natur aufmerksam machen und sich in vorderster Front engagieren."
Schon seit 1993 zeichnet die Deutsche Afrika-Stiftung afrikanische Persönlichkeiten aus, die sich für Frieden, Demokratie und nachhaltige Entwicklung einsetzen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hob in seiner Laudatio die Bedeutung Afrikas für Europa hervor. Die Zukunft Europas werde entscheidend durch die weitere Entwicklung Afrikas mitbestimmt, so Schäuble. Afrika brauche dringend wirtschaftlichen Wohlstand, aber nicht allein.
"Es geht auch um die langfristige Sicherung der Lebensgrundlagen der Menschheit. Der Kampf für den Erhalt der vielfältigen und einzigartigen Fauna und Flora ist von existenzieller Bedeutung, der Schutz der Umwelt eine wirklich globale Aufgabe", so Schäuble. Dafür stünden auch die beiden Preisträger, Gerald Bigurube und Clovis Razafimalala. "Sie riskieren persönlich viel. Sie stehen im Weg - denen, die illegal Geschäfte mit kostbarem Rosenholz auf Madagaskar machen, denen die für Megaprojekte den sensiblen Lebensraum für Tiere und Pflanzen in Tansania zerstören wollen."
Bigurube (66) setzt sich seit über 40 Jahren für Tansanias Naturwelt ein, zu der weltberühmte Gebiete wie der Serengeti-Nationalpark gehören. Erst als Chef der staatlichen Nationalparkbehörde TANAPA, nun als Landesdirektor der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt. Jurypräsident Faigle lobte ihn als besonnenen Brückenbauer. Bigurube stünde "für einen nachhaltigen Naturschutz, der im Einklang mit gesellschaftlichen Notwendigkeiten und Entwicklungen steht", so Faigle.
Strom oder Umweltschutz?
Wie viele afrikanische Länder steckt auch Tansania im Dilemma zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz. Unter anderem plant die Regierung ein Wasserkraftwerk im Selous-Nationalpark, um den wachsenden Strombedarf zu decken. Umweltschützer fürchten, dass dadurch die einzigartige Tierwelt des UNESCO-Weltnaturerbes zerstört wird. Neben der Wilderei wächst der Druck auch durch das hohe Bevölkerungswachstum. Immer mehr Nutztiere und immer größere Ackerflächen bedrohen den Lebensraum der Wildtiere. Ihr Schutz ist Bigurube wichtig – die Menschen aber auch. "Wir sehen immer mehr Konflikte zwischen Menschen und zum Beispiel Elefanten, die ihre Felder zerstören. Wir müssen den Betroffenen helfen, damit ihre Lebensräume erhalten bleiben werden", sagt er im DW-Interview. Durch den Preis werde hoffentlich deutlich, vor welchen großen Herausforderungen Tansania beim Umweltschutz stehe.
Umweltschutz ist auch das Lebensthema von Clovis Razafimalala aus Madagaskar. Dafür musste der 46-Jährige sogar schon ins Gefängnis. "Sein Einsatz für die Umwelt brachte ihm nicht nur Anerkennung, sondern vor allen Dingen auch Feindschaft und bitteres Leid ein", so Faigle. Razafimalala ist Vorsitzender der Umweltschutzorganisation Maroantsetra Lampognpo. Sie setzt sich vor allem für den Erhalt des Masoala-Nationalparks ein, der ebenfalls UNESCO-Weltnaturerbe ist. Vor allem illegale Abholzungen setzten Madagaskars Wäldern zu - 90 Prozent der Flächen sind bereits vernichtet. 2016 wurde Razafimalala von der Regierung festgenommen, weil er Massenproteste gegen die Holzindustrie organisiert haben soll. Ein reiner Einschüchterungsversuch: Zum fraglichen Zeitpunkt war er laut Zeugen gar nicht im Land.
Doch das schreckt ihn nicht ab. Razafimalala kämpft weiter. "Wenn ich diese Aktivitäten nicht stoppe, wer wird es dann tun? Meine Eltern haben mich nicht nur zur Schule geschickt, damit ich Geld verdiene, sondern auch, damit ich für die Gesellschaft etwas tue", sagt er zur DW. Den Afrika-Preis wolle er nutzen, um mehr internationale Aufmerksamkeit für die Umweltzerstörung in Madagaskar zu wecken. "Für mich ist das eine großartige Gelegenheit, Lobbyarbeit zu betreiben. Der Preis wird meine Arbeit erleichtern und er bedeutet Schutz für mich."