Deutsche Väter unter Druck
13. Januar 2014In Deutschland wird eifrig darüber nachgedacht, wie Kindererziehung und Beruf besser miteinander vereinbar werden könnten. Eine Vision von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) ist es gewesen, Eltern nur noch 32 Stunden die Woche arbeiten zu lassen. Das was ihnen dann in der Haushaltskasse fehlt, könnte ja der Staat übernehmen - zum Teil jedenfalls. Damit ist Schwesig zwar auf keinerlei Verständnis bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestoßen, aber die Diskussion über familienfreundliche Arbeitsplätze hat nun eine Facette mehr. Kurz darauf hat die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Vorschläge eingebracht, die Bundeswehr familientauglich zu machen. Mehr Bobbycars statt Panzer und mehr einfühlsame Kinderbetreuer statt brüllender Feldwebel in den Kasernen.
Die Ministerinnen wollen etwas verändern, damit mehr deutsche Kinder auf die Welt kommen, Frauen der Arbeitswelt nicht verloren gehen und junge Mütter im Berufsleben nicht mehr zurückfallen. Es könnte sein, dass ihre Ideen zwar in die richtige Richtung gehen, aber dennoch nur teilweise erfolgreich sind, weil die Männer nicht mitmachen. Die leben nämlich noch immer stark in einem traditionellen Rollenverständnis. Das zumindest legt eine Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Väter 2014 – zwischen Wunsch und Wirklichkeit, nahe. "Neun von zehn Vätern arbeiten Vollzeit, daran hat sich in den letzten Jahren nur marginal etwas geändert", stellt Thomas Steinbach, Stellvertretender Chefredakteur der Zeitschrift Eltern fest, in deren Auftrag die Studie entstanden ist. Auffällig ist dabei, dass über die Hälfte der Väter finden, sie verbrächten nicht genug Zeit mit den Kindern und gleichzeitig fast zwei Drittel am liebsten Vollzeit als das liebste Arbeitszeitmodell angeben. Auch gibt es eine große Diskrepanz zwischen dem, was möglich ist an Teilzeitarbeit und dem, was wirklich in Anspruch genommen wird.
Zurück ins alte Gleis nach dem ersten Kind
Überhaupt, die neuen Väter! Sie werden immer wieder einmal ausgerufen und ihre Fähigkeit, sich für die Familie auf ganzer Linie einzubringen, gerühmt. "Da hat sich in der Tat was am Männerbild geändert, das Weicheier-Image ist weg", stellt der Kölner Soziologe Thomas Gesterkamp fest. Der Forscher sieht diese Männer aber in einer neuen Zwickmühle: Sie wollen überall toll sein, sowohl Zuhause als auch im Beruf. "Am besten ist es, du verdienst 10.000 Euro und bist Mittags schon zu Hause - das ist die Quadratur des Kreises", meint Gesterkamp. Am Ende entscheiden sich die Männer dann doch eher für Job und Karriere. "Wir beobachten eine Retraditionalisierung nach dem ersten Kind, da sind auch archaische Rollenbilder wirksam." Der Forscher möchte hier aber durchaus etwas Bewegung ausmachen.
Auch dass die Väter nur äußerst selten mehr als zwei Vätermonate in Anspruch nehmen, stimmt ihn nicht skeptisch. "Veränderungen brauchen Zeit und in den zwei Monaten entsteht ja auch eine ganz andere Art von Väterlichkeit." Zumindest auf der Symbolebene geben sich deutsche Väter heutzutage offener und zugewandter. Kaum einer kann es sich erlauben, nicht bei der Geburt dabei zu sein, auch wenn es vielen nicht wirklich wohl dabei ist. Ebenso haben die meisten ein schlechtes Gewissen, wenn ihnen nicht genug Zeit für einen Einsatz an Heim, Herd und Wickeltisch bleibt. Entsprechend weniger arbeiten wollen sie aber trotzdem nicht.
Putzmuffel und Abwaschgegner im Westen
Wenn Ursula von der Leyen und Manuela Schwesig aus ihren Ideen Realität werden lassen, müssen sie sich darauf einstellen, lange auf nachweisbare Erfolge zu warten. Schwer zu sagen, wie lange es dauern wird, bis sich etwas verändert in den gelebten Geschlechterrollen. Aber die Zahlen der Väter-Studie geben einen Eindruck, wie hartnäckig die Traditionen fortwirken. Auch nach 25 Jahren Wiedervereinigung gibt es noch signifikante Unterschiede im Verhalten von ost- und westdeutschen Männern. Während 65 Prozent der Väter im Westen angeben, dass sie wenig bis fast nie putzen, spülen oder kochen, sind es im Osten nur 44 Prozent. In den neuen Bundesländern finden 39 Prozent der Väter, dass beide Partner gleichermaßen für die Versorgung der Familie zuständig sind, in den alten Bundesländern sind es nur 17 Prozent.