1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Deutsche mit Flüchtlingspolitik unzufrieden

6. September 2018

CDU und CSU streiten weiter über Migration und Zuwanderung. Bei den Bürgern kommt das schlecht an. Sie fordern klare Entscheidungen und überzeugende Lösungen, wie der aktuelle Deutschlandtrend von infratest dimap zeigt.

https://p.dw.com/p/34RjP
Unions-Fraktionssitzung Angela Merkel Horst Seehofer
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

In Berlin geht die parlamentarische Sommerpause so zu Ende, wie sie begonnen hat: Es rumort in der Bundesregierung. Thema ist einmal mehr die Flüchtlingspolitik. Nach der Eskalation bei den fremdenfeindlichen Demonstrationen in Chemnitz hat Bundesinnenminister Horst Seehofer die Migration als "Mutter aller politischen Probleme in Deutschland" bezeichnet.

Tatsächlich ist die Zuwanderung und der Umgang damit für viele Bürger ein wichtiges Thema. Das zeigt der aktuelle ARD-Deutschlandtrend für September, durchgeführt durch das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap. In der repräsentativen Umfrage bemängelt jeder zweite Bürger, dass die Bundesregierung die Sorgen der Bevölkerung beim Thema Zuwanderung vernachlässige. Im Osten der Republik fühlen sich sogar zwei Drittel der Befragten in diesem Punkt nicht ernst genommen.

Infografik Deutschlandtrend Zuwanderung DE

Überwiegend negative Zwischenbilanz

Das Urteil über den Umgang mit der Zuwanderung geht einher mit einer überwiegend kritischen Wahrnehmung der Flüchtlingspolitik in den vergangenen drei Jahren. Noch am ehesten positiv fällt die Zwischenbilanz bei der Versorgung der Flüchtlinge aus, welche die Länder und Kommunen auf dem Höhepunkt der Flüchtlingszuwanderung vor große Herausforderungen gestellt hat. Heute sind 43 Prozent der Bundesbürger der Ansicht, dass die Unterbringung und Verteilung der Flüchtlinge, die seit 2015 zu uns gekommen sind, sehr gut oder gut gelungen ist. 50 Prozent sind gegenteiliger Auffassung.

Deutlichen Handlungsbedarf sehen die Bürger im Hinblick auf die Integration der nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge: Jeweils 69 Prozent finden, dass die Integration der Flüchtlinge in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt bisher nicht gut genug gelungen ist. Ebenso viele sehen Defizite bei der Prävention von Gewalt und Kriminalität. Am häufigsten werden Defizite bei der Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern konstatiert: 83 Prozent kritisieren sie als eher schlecht oder sehr schlecht gelungen.

Schlechtes Zeugnis für die Bundesregierung

Doch nicht nur für die Flüchtlingspolitik vergeben die Bürger schlechte Noten. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung sind mit der Arbeit der Bundesregierung insgesamt unzufrieden.

Infografik Deutschlandtrend Zufriedenheit mit Bundesregierung DE

78 Prozent der Befragten finden, dass die Regierung zu zögerlich agiert und keine klaren Entscheidungen trifft. Dieser Meinung sind nicht nur Anhänger der Oppositionsparteien, sie findet sich auch im Lager der Regierungsparteien. Drei Viertel der Anhänger sowohl der Union als auch der SPD sind dieser Ansicht. Ähnlich urteilen die Anhänger der Grünen (76 Prozent). In Reihen der FDP (81 Prozent), der Linken (82 Prozent) und der AfD (92 Prozent) vermissen sogar noch größere Teile klare Entscheidungen.

Wenn am Sonntag gewählt würde

Obwohl die Bürger mit der Arbeit der Bundesregierung unzufrieden sind, ist die politische Stimmung in Deutschland relativ stabil.

Infografik Deutschlandtrend Sonntagsfrage DE

Wenn am kommenden Sonntag gewählt würde, kämen die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD auf die gleichen Werte wie im August. Damit reichen sie weiterhin nicht an ihre Ergebnisse bei der Bundestagswahl vor einem Jahr heran und hätten keine Mehrheit im Parlament.

AfD ein Fall für den Verfassungsschutz?

Nachdem die AfD in Chemnitz gemeinsam mit Rechtsextremisten demonstriert hat, wird in Deutschland darüber diskutiert, ob die Partei vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollte. Während der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer dies ablehnt, vertritt Bundeskanzlerin Angela Merkel die Ansicht, dies solle der Verfassungsschutz selbst entscheiden. Die Bundesbürger halten mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit (65 Prozent) die Beobachtung der Partei für angemessen, ein Drittel (32 Prozent) sieht dafür keinen Grund.

Infografik Deutschlandtrend AfD Verfassungsschutz DE

Die Anhänger der AfD lehnen eine solche Maßnahme erwartungsgemäß weitgehend ab. Bei den übrigen Parteien sieht das anders aus. Die größte Zurückhaltung üben Anhänger der FDP. Hier sind nur 54 Prozent der Ansicht, dass die AfD ein Fall für die Verfassungsschützer ist.

Wie groß ist das Vertrauen in den Rechtsstaat?

Nach den Ereignissen in Chemnitz wird über die Funktionsfähigkeit des deutschen Rechtsstaates diskutiert. Zwei Drittel der Deutschen (68 Prozent) vertreten die Auffassung, dass der Rechtsstaat in Deutschland alles in allem gut funktioniert, wobei das Vertrauen in den Rechtsstaat in den westdeutschen Bundesländern deutlich stärker (73 Prozent) als in den ostdeutschen (50 Prozent) ausgeprägt ist. Auf ganz Deutschland bezogen ist immerhin knapp ein Drittel (31 Prozent) der Befragten der Auffassung, dass der Rechtsstaat nicht gut funktioniert.

Eine zentrale Voraussetzung für das Funktionieren einer Gesellschaft ist das Vertrauen der Bevölkerung in die staatlichen und nicht staatlichen Institutionen. Infratest dimap hat im aktuellen DeutschlandTrend abgefragt, wie groß das Vertrauen in die Institutionen ist.

Infografik Deutschlandtrend Vertrauen in Institutionen DE

Auch wenn die fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz zu einer Diskussion über die Rolle der Polizei bei der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols geführt hat, ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei ungebrochen: Vier von fünf Bürgern sprechen den Ordnungskräften ein sehr großes oder großes Vertrauen aus. Lediglich ein knappes Fünftel äußert sich skeptisch über die Verlässlichkeit der Polizei. Überwiegend positiv werden auch die Gerichte bewertet. Zwei Drittel der Bürger sind der Überzeugung, dass auf die Arbeit der Justiz Verlass sei, ein Drittel sieht das anders.

Ein geteiltes Meinungsbild zeigt sich, wenn es um die Vertrauenswürdigkeit der Medien geht. Dass man der Berichterstattung in Fernsehen, Radio und Zeitungen vertrauen kann, glauben 47 Prozent der Bevölkerung, 52 Prozent äußern daran mehr oder minder starke Zweifel.