Der Urwald von Bialowieza: Kampf um den "polnischen Schatz"
Tiere wie Wisente und Blutspechte fühlen sich im Urwald von Bialowieza zu Hause. Einige der 24 Baumarten sind mehrere Jahrhunderte alt. Trotzdem holzt die polnische Regierung weiter ab im UNESCO-Weltnaturerbe.
Schädlinge oder Geld?
Im März 2016 hatte die polnische Regierung beschlossen, eine Verdreifachung der bisher zugestandenen Abholzung zu erlauben. 10.000 Bäume sind seitdem bereits gefällt worden. Man wolle damit den Borkenkäfer bekämpfen, heißt es. Umweltschützer halten dagegen, der sei schon immer Teil des Ökosystems gewesen. Die Gegner glauben, es gehe eigentlich um eine wirtschaftliche Nutzung.
Der vermeintliche Übeltäter
Der Borkenkäfer ist ein Feinschmecker: Er liebt Fichten, die Königin unter den Nadelbäumen. Eine Fällung der befallenen Bäume sei aber trotzdem nicht nötig, so Wissenschaftler. So böten sie Würmern, Insekten und Pilzen Lebensraum. Abgestorbene Baumstämme würden von einigen der seltenen Spechtarten im Bialowieza-Urwald als Nistplätze benutzt. Diese hätten sich dadurch verdreifacht.
Baum um Baum
Der Bialowieza-Urwald erstreckt sich über polnisches und weißrussisches Staatsgebiet. 35 Prozent der Fläche auf polnischer Seite umfassen dabei einen Nationalpark und Naturreservate und sind damit streng geschützte Zonen. Die Regierung sagt, dass sie die Fällungen nur in bewirtschafteten Gebieten vornehmen will. Gegner zweifeln daran. Die Rodungspläne seien zu extensiv angelegt.
Ein echtes Schwergewicht
Der Wisent, auch Bison bonasus genannt, ist der letzte lebende Vertreter der Wildrinder europaweit. Im Urwald von Bialowieza hat die größte frei lebende Herde ihr Zuhause. Schon 1795 stand das Gebiet deswegen unter strengem Schutz - damals unter dem russischen Zaren. Auf Wilderei stand die Todesstrafe. Der Wisent ist das größte und schwerste Landsäugetier Europas.
Kaum Fleischeslust
Der Blutspecht ist eine von insgesamt 1200 Tierarten, die den Bialowieza-Urwald ausmachen. Ursprünglich aus dem Nahen und Mittleren Osten, kam er vor etwa 100 Jahren auf den europäischen Kontinent. Der gefiederte Vegetarier bevorzugt Kirschen und Nüsse.
Rettet die Bäume!
Seit Jahrtausenden ist der 1500 Quadratkilometer große Urwald unberührt. Und das soll auch so bleiben, fordern Umweltschützer. Damit die Baumfällarbeiten nicht gestört werden, hat die polnische Regierung die Bereiche weiträumig absperren lassen. Polizisten und Sicherheitsbeamte der Forstverwaltung überwachen das Ganze und sorgen dafür, dass sich Demonstranten nicht an die Maschinen ketten.
Ein Fall für die EU
Die Rodung von Bialowieza ist inzwischen auch über die polnischen Grenzen hinaus ein Thema. Berliner Aktivisten protestierten jüngst dagegen. Viel mehr Gewicht dürfte aber die Einmischung der EU haben: Hält Polen sich weiterhin nicht an den Abholzungsstopp der Kommission, wird der Fall in das bereits laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen das Land mit aufgenommen, so die Drohung.
Mein Freund, der Baum
Dieser junge Mann dürfte mit seiner Form des Protests wohl kaum in Schwierigkeiten geraten. Sieben andere Aktivisten, die Holzerntemaschinen besetzt hatten, wurden festgenommen und Anfang August vor Gericht gestellt, weitere zehn sollen folgen. Ihnen allen drohen Geld- und Haftstrafen wegen der "Störung der öffentlichen Ordnung".