Der Tsunami-Clown
21. März 2005Er hatte die schrecklichen Fernsehbilder im Kopf, als er Mitte März 2005 den Flieger in die Tsunami-Region Thailands nahm. Wie es wirklich dort aussehen würde, wusste Constantin Offel nicht. "Die ersten Eindrücke in Pukhet waren gar nicht so schlimm", erzählt der Clown aus Deutschland. Auf der Fahrt in sein erstes Guesthouse habe er zwar einige zerstörte Gegenden gesehen, aber die Aufräumarbeiten seien ziemlich weit fortgeschritten. "Die meisten Trümmer waren schon weggeräumt."
Unterwegs in Sachen Lachen
Der gelernte Clown, der von der privaten "Koh Phiphi Tsunami-Hilfe" nach Thailand eingeladen wurde, kam um traumatisierte Kinder zum Lachen zu bringen. Und das ohne ein einziges Wort - nur mit Mimik und Gestik. "Ich hatte ja keine Ahnung, wie der thailändische Humor funktioniert", erzählt Constantin Offel. Anders als bei seinen Aufführungen in Deutschland, hatte er keine fertige Show im Gepäck. Nur einzelne Slapstick-Nummern. Er musste sich ganz auf seine Inspiration verlassen - und auf die Interaktion mit dem Publikum.
Vier Shows an vier Spielplätzen. Die letzte Show war gleichzeitig die größte Herausforderung für Constantin Offel: Vor 193 Kindern, ausschließlich Tsunami-Waisen von der Insel Koh Phiphi im Süden Thailands. Hier ist die Hälfte der Bevölkerung in der Flutwelle umgekommen. Die Kinder leben jetzt auf dem Festland in einem Internat, denn ihre Heimatorte gibt es nicht mehr. "Es war am Schwierigsten vor diesen Kindern zu spielen. Sie waren wesentlich ruhiger, in sich gekehrter. Es gab viele Kinder, die sehr traurig geguckt haben", erinnert sich Offel.
Er spielt den Clown, dem nichts gelingt. Sein Koffer bleibt in der Luft stehen und hindert ihn am Weitergehen. Sein Stuhl lässt sich nur aufklappen, wenn er einen Handstand darauf macht. Und er spielt Diabolo. Die Kinder begreifen, dass der Clown das Holzspielzeug höher werfen kann, je lauter die Kinder ihn anfeuern. Sie lachen über seine Pannen und freuen sich über die Kunststücke. "Am Ende sind alle mit einem Lächeln auf dem Gesicht ins Camp zurückgegangen", sagt der engagierte Clown zufrieden.
Was bleibt?
Constantin Offel ist wieder in Deutschland in seinem idyllischen Wohnort Eltville am Rhein. Er spielt in einem Pantomime-Ensemble und auf Kindergeburtstagen. Der gebürtige Bayer weiß, dass er nachhaltig nicht viel für die Kinder in Thailand tun kann. Manchmal sei ein starker Moment jedoch wichtiger, als vieles andere, sagt Offel. "Sie haben für kurze Zeit vergessen können, was ihnen widerfahren ist. Es gibt ein altes arabisches Sprichwort: Es ist tausend Mal mehr Wert, wenn ein guter Clown eine Stadt betritt, als 30 mit Medikamenten beladene Esel.
"Clowns ohne Grenzen"
Die heilende Wirkung von Lachen wird heute wieder sehr ernst genommen, denn es kann helfen ein Trauma zu lösen. Deshalb gibt es nicht nur Nothilfe-Organisationen wie "Ärzte ohne Grenzen", sondern auch clowneske Hilfe. Seit 12 Jahren existieren in Spanien die "Payasos sin Fronteras" - "Clowns ohne Grenzen". Entstanden sind sie im Kosovokrieg. Eine Gruppe spanischer Clowns ist in Flüchtlingslager nach Kroatien gereist - ohne Gage und auf eigene Gefahr.
Nach und nach haben sich auch in Frankreich, Kanada und anderen Ländern solche Gruppen gebildet. In Deutschland gibt es aber noch keine "Clowns ohne Grenzen". Und das will Constantin Offel jetzt ändern. Nach seiner Rückkehr aus Thailand hat er sich mit Moshe Cohen, dem Chef-Clown der US-amerikanischen "Clowns without Borders" in Hannover getroffen, um sich mit ihm über die Gründung einer Vereinigung deutscher Benefiz-Clowns zu beraten.
Nächstes Ziel: Sri Lanka
Cohen riet Offel, zunächst mehr internationale Erfahrungen zu sammeln und in einem Projekt mit anderen Ländergruppen zusammenzuarbeiten. Das scheibt die Internationale Satzung der "Clowns ohne Grenzen" vor. Mit einer privaten dänischen Clown-Tsunami-Hilfe plant Offel eine Reise in die Tsunami-Region Sri Lankas.