1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Schattenmann des deutschen Schlagers

Markus Frenzel

Ralph Siegel bestimmte jahrelang das deutsche Schlagergeschäft. Fast alles, was er anpackte, wurde zu musikalischem Gold. In die heutige glitzernde Popwelt passt er jedoch nicht mehr hinein.

https://p.dw.com/p/4utm
Relikt aus einer vergangenen Zeit: Komponist und Produzent Ralph SiegelBild: dpa

Über Jahrzehnte galt Ralph Siegel als der deutsche Mr. Grand Prix. Fast sämtliche Teilnehmer bekamen ihre Texte und die Musik von ihm. Manchmal schickte der Schlagerfürst mit dem verknautschten Gesicht eines Profiboxers gleich mehrere Gruppen in den nationalen Vorentscheid. Das Daumendrücken fiel ihm dann zwar etwas schwerer, doch stellte er so fast immer den nationalen Champion. Der 58-jährige Produzent steht für die größten Erfolge wie für die peinlichsten Niederlagen der deutschen Grand-Prix-Teilnehmer. Siegel produzierte mit "Ein bisschen Frieden" von Nicole den einzigen deutschen Nummer-Eins-Erfolg bei dem internationalen Wettbewerb. Seine letzten Kandidaten Corinna May und Lou floppten jedoch.

Mit dem Zug in die Top Ten

Siegels Karriere begann in einer Septembernacht vor 40 Jahren in München. Damals stieg er mit seiner Mutter in den Zug nach Paris, um dort eine Ausbildung zum Musikproduzenten zu beginnen. Damals hätte sich der junge Mann sicher nicht träumen lassen, dass er ein halbes Leben später einer der bedeutendsten Musiker Deutschlands sein sollte. Etwa 2000 Lieder komponierte Siegel bislang. 100 Gruppen spielten seine Songs. 40 Nummer-Eins-Hits flossen aus seiner Feder. Zudem begann Siegel schon vor einem Vierteljahrhundert mit einem heute immer noch beliebten Erfolgsrezept: Er schaffte künstliche Stars und bastelte seine eigenen Erfolgsgruppen wie die Band "Dschingis Khan".

Tiefschlag für den Schlagergott

Zuletzt ist es um Ralph Siegel ruhiger geworden. In den Zeitungen taucht er nur noch auf, wenn es etwas aus seinem Liebesleben zu berichten gibt – wie vor einigen Wochen die Verlobung mit seiner dritten Frau, der fast 30 Jahre jüngeren Kriemhild. Aus dem neu geschaffenen European Song Contest sollte Siegel rausgehalten werden. Die Teilnahmebedingungen wurden so zurechtgeschnitten, dass seine Titel und seine Interpreten - kurz: seine Musik - nicht mehr mitmachen konnten. Siegel blieb nichts anderes übrig, als sich in seine Villa im bayerischen Pullach zurück zu ziehen. In seinen riesigen Kellerstudios kann er ungestört weiter komponieren und bleibt weiterhin der Größte – in seiner eigenen Welt des deutschen Schlagers.