Der Maler mit dem Fotoapparat: Andreas Gursky in London
London feiert den deutschen Fotografen mit einer großen Retrospektive in der wiedereröffneten Hayward Gallery. Gurskys Kunstprinzip ist das Sezieren und Zusammenfügen der Welt.
Salerno
Im Hafen von Salerno stehen hunderte Fahrzeuge eines Autoherstellers, die auf ihre Verschiffung warten, dahinter farbige Container und darüber, in einer weiteren Schicht, die Wohnblöcke der Hafenstadt. Aufgenommen von einem Berg wirkt Gurskys Bild wie ein klassisches Landschaftsgemälde – die Stadt am Meer – gleichzeitig verdichtet es industrielle Gegenwart.
Hilfe, ich bin ein Star!
Andreas Gursky ist als Künstler eher zurückhaltend und spricht ungern über seine Arbeiten. Doch bei der Pressekonferenz in der wiedereröffneten Hayward Gallery ist er ein vielgefragter Interviewpartner. Die Retrospektive zeigt rund 60 Arbeiten aus knapp 30 Jahren intensiver, fotografischer Beschäftigung mit dem Zustand der Welt - im Großformat.
Der montierte Blick
Gurskys Fotografien können die Nähe zur Malerei nicht verhehlen. Wegen des erhöhten Aufnahmewinkels verschaffen sie dem Betrachter eine demokratische Perspektive: Die häufig in Schichten montierten Motive und Elemente wirken gleichberechtigt. "Mich interessiert, wie sich die Welt zusammensetzt", sagt der deutsche Fotokünstler.
May Day IV, 2000
Seit vielen Jahren reist Gursky durch die Welt, um an gesellschaftlichen Brennpunkten seine fotografischen Studien zu betreiben. Für die digitale Nachbearbeitung nimmt er sich Monate oder sogar Jahre Zeit. Es entstehen Fotografien, die auf den ersten Blick wie gemalt aussehen.
Gruppenbild mit Kanzlerin
Kein historischer Schnappschuss, sondern ein Kunstprodukt: Die Köpfe der vier Bundeskanzler hat Gursky digital vor das Gemälde des Malers Barnett Newman montiert. Die Arbeit "Rückblick" entstand 2011 im Atelier: Bundeskanzlerin Angela Merkel, rechts daneben der "Kanzler der Einheit" Helmut Kohl, ganz links Gerhard Schröder und - zu erkennen am Zigarettenrauch - Helmut Schmidt.
Rhein II
Diese Ansicht des Rheins zählt zu den Kultwerken des deutschen Fotografen. Es entstand 1999 und lässt das Kunstprinzip Gurskys erahnen - es besteht aus dem künstlerischen Sezieren und Zusammenfügen der Welt. "Rhein II, 1999" erzielt 2011 bei einer Auktion in New York den Rekordpreis von mehr als drei Millionen Dollar.
99 Cent
Kunterbunte Warenwelten wie hier in diesem Supermarkt sind ein Kunstprodukt des Fotografen. Indem er die Motive optisch zusammenrückt, verdichtet der Künstler das Leben auf eine Kunstwelt. Serielle Strukturen faszinieren Andreas Gursky. Sie finden sich in vielen seiner gefeierten Fotografien.