Ein Präsident unter Strom
13. April 2012Er ist täglich präsent in den französischen Medien: mal verbindlich mit einem Brief an die Franzosen, mal kumpelhaft in der direkten Begegnung mit dem Bürger und mal polemisch auf Wahlkampfveranstaltungen. Für deutliche Worte ist der Franzose mit den ungarischen und griechisch-jüdischen Wurzeln bekannt.
Sarkozy und der Hochdruckreiniger
Internationale Berühmtheit erlangte Nicolas Sarkozy im Juni 2005: Damals besuchte er die Familie eines elfjährigen Jungen, der in einem Bandenkrieg in der Stadt La Courneuve bei Paris durch eine verirrte Kugel getötet worden war. Als Innenminister war er zuständig für die innere Sicherheit in den von Kriminalität, Arbeits- und Perspektivlosigkeit gebeutelten Vorstädten rund um die französischen Großstädte. Er versprach: "Hier drängt sich der Ausdruck 'mit dem Kärcher reinigen' auf, denn hier muss man sauber machen."
Monate danach starben zwei Jugendliche aus Immigrantenfamilien auf der Flucht vor der Polizei in einem Transformatorenhäuschen durch Stromstöße. Als Reaktion brandeten in vielen Vorstädten gewalttätige Unruhen auf. Autos wurden angezündet. Es schlug die Stunde des hart durchgreifenden Sicherheitspolitikers Nicolas Sarkozy. Medienwirksam war er dabei, wenn die Polizei Einsätze fuhr. Und auch hier fand er wieder deutliche Worte: "Denen, die einen Bus in Brand gesetzt haben und ein Kleinkind von 18 Monaten ins Krankenhaus gebracht haben, sage ich: Sie sind Gesindel."
Innere Sicherheit als Dauerthema
Zuvor war Sarkozy von 1983 bis 2002 Bürgermeister im reichen Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine. Doch als Innenminister, erst unter Ministerpräsident Jean-Pierre Raffarin, dann – nach einem kurzen Intermezzo als Superminister für Wirtschaft und Finanzen – wieder als Innenminister unter Dominique de Villepin, konnte er sein Lieblingsthema bearbeiten: Zuwanderung und innere Sicherheit. Wer in Frankreich leben und von diesem Aufenthaltsrecht profitieren wolle, müsse das Gesetz respektieren, lautete seine unmissverständliche Botschaft.
Am 6. Mai 2007 wurde er erstmals zum französischen Staatspräsidenten gewählt. Auch in der Außenpolitik fand der bisherige Innenminister seine Linie. Bei seinem Antrittsbesuch in Berlin erklärte er, es gäbe nichts, für das die deutsch-französische Freundschaft nach so vielen Bewährungsproben geopfert werden dürfe.
Außenpolitisches Profil
Diese deutsch-französische Freundschaft demonstrierten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Nicolas Sarkozy gern. Während der Euro-Schuldenkrise wurde die Verbindung zu einer feststehenden Größe: das Duo, das Europa aus der Krise retten sollte.
Doch auch über Europa hinaus zeigte sich Sarkozy als entschlussfreudiger Außenpolitiker: Auf sein Betreiben hin erkannte Frankreich im Jahr 2011 als erster europäischer Staat die libysche Übergangsregierung an. Und Sarkozy setzte sich - anders als die deutsche Regierung - für Luftangriffe auf Libyen ein, um gegen das Gaddafi-Regime vorzugehen. Natürlich hänge die Zukunft Libyens von den Libyern ab, Frankreich wolle nicht an ihrer Stelle entscheiden, erklärte Sarkozy. "Aber wenn wir an der Seite der arabischen Staaten intervenieren, dann im Namen eines universellen Gewissens, das solche Verbrechen nicht dulden kann", so der französische Präsident weiter.
"Sarko" im Popularitätstief
Trotz allem sind Sarkozys Umfragewerte seit langem im Keller. Die Wähler interessieren sich Umfragen zufolge vor allem dafür, wie der künftige Präsident für Arbeitsplätze und soziale Absicherung sorgen will und die Wirtschaftskrise in den Griff bekommt. In dieser Hinsicht hat Sarkozy sie offenbar nicht überzeugt. Auch die Geschichten von Sarkozys bewegtem Privatleben – zuletzt über seine dritte Ehefrau, dem Ex-Modell Carla Bruni, und Töchterchen Giulia – halfen eher nicht.
Doch im März 2012 kam die Wende – ausgelöst durch die schrecklichen Attentate von Toulouse und Montauban, bei denen sieben Menschen, darunter drei jüdische Kinder und ein Lehrer, getötet wurden. "Das ist ein Angriff auf Frankreich", schrieb Sarkozy in seinem "Brief an das französische Volk" und war wieder bei seinem Lieblingsthema – der inneren Sicherheit. Als Präsident zeigte er sich staatsmännisch in Zeiten der innenpolitischen Krise – und hatte Erfolg: Kurze Zeit nach den Attentaten war der Täter dingfest gemacht. Und sofort danach kündigte Sarkozy neue Antiterrorgesetze an. Seine Umfragewerte stiegen wieder, mit seinem sozialistischen Herausforderer François Hollande liefert er sich nun ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
In der Stichwahl unterlegen?
Dabei versäumt Sarkozy es nicht, sich als den agilen, aktiven Staatsmann darzustellen, der Hollande Sarkozys Meinung nach gerade nicht ist. Nur mit Tatkraft könne man die Krisen überwinden, die Frankreich in den vergangenen vier Jahren durchlebt hat, das will Sarkozy seinen Wählern vermitteln, gern auch etwas pathetisch: "Frankreich hat gelitten. Aber es hat die Krisen überstanden, weil wir gehandelt haben. Unbeweglichkeit hätte uns ins Verderben geführt."
Doch der Wahlkampf-Endspurt wird wohl trotzdem zu Ungunsten von Sarkozy ausgehen, das sagen zumindest die Umfragen und Prognosen. Sie sehen Hollande als Sieger – spätestens in der Stichwahl am 6. Mai.