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Der digitale Krieger

1. Juni 2012

Kein Kommentar, aber auch kein Dementi: Das Weiße Haus schweigt zu Berichten, wonach US-Präsident Obama persönlich die digitale Kriegsführung vorangetrieben hat. Größter Erfolg war der Stuxnet-Wurm gegen den Iran.

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US-Präsident Obama auf dem NATO-Gipfel in Chicago (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Die Attacken mit dem Computerwurm Stuxnet auf iranische Atomanlagen sind von Barack Obama direkt angeordnet worden, berichtet die "New York Times". Als Stuxnet im Sommer 2010 an die Öffentlichkeit gelangte, habe der US-Präsident die Geheimaktion noch beschleunigt. Der Autor des Berichts und Washingtoner Chefkorrespondent der Zeitung, David E. Sanger, beruft sich dabei auf Informationen aus Sicherheitskreisen.

Vom Vorgänger geerbtes Programm

Das Weiße Haus wollte dazu nicht Stellung nehmen. Er könne den Bericht weder bestätigen noch dementieren, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Josh Earnest. Solche Informationen seien aus gutem Grund geheim: "Sie zu veröffentlichen würde eine Bedrohung für unsere nationale Sicherheit darstellen", sagte Obamas Sprecher.

Die Angriffe mit Computer-Viren und anderen Schadprogrammen auf den Iran hätten schon unter Obamas Vorgänger George W. Bush begonnen, heißt es in der "New York Times" weiter. Nach seinem Amtsantritt im Januar 2009 habe Obama das Programm entschieden vorangetrieben. Selbst nachdem sich die Schadsoftware über den Iran hinaus im Internet weltweit verbreitet hatte, hielt der Präsident an der digitalen Kriegsführung fest. In den folgenden Wochen habe eine neuere Version des Virus' die iranische Atomanlage Natans angegriffen und zeitweise fast 1.000 der 5.000 iranischen Zentrifugen lahmgelegt.

Codename: "Olympic Games"

Die US-Regierung schätzt, Stuxnet habe das iranische Atomprogramm um eineinhalb bis zwei Jahre zurückgeworfen. Experten außerhalb des Weißen Hauses sind allerdings skeptischer.

Die Geheimaktion mit dem Codenamen "Olympische Spiele" wäre der erste bekannte US-Cyberangriff, der sich gegen ein anderes Land richtete. An der Entwicklung der Schadsoftware soll auch Israel beteiligt gewesen sein, das sich durch Irans Atomprogramm in seiner Existenz bedroht sieht. Stuxnet war ein hochentwickelter Computerwurm, der ausschließlich Siemens-Industriesysteme in der für Atomzentrifugen typischen Konfiguration angriff. Ziel war das Siemens-System Simatic S7, das in Industrieanlagen zur Überwachung und Steuerung technischer Prozesse verwendet wird.

Der Schriftzug "Stuxnet-Virus" liegt über einer Webseite der Firma Siemens (Grafik: dw/Maximilian Schönherr)
Stuxnet: Angesetzt auf Siemens-Syteme, um dem Iran zu schadenBild: picture-alliance/Maximilian Schönherr

Der Zeitungsartikel beruht auf Auszügen aus dem Buch "Konfrontieren und Verbergen: Obamas geheime Kriege und sein überraschender Gebrauch der amerikanischen Macht". Der Journalist David Sanger hatte dafür anderthalb Jahre lang recherchiert und aktive oder frühere Regierungsvertreter und Beamte aus den USA, Israel und Europa befragt.

rb/wl (afp, dapd, dpa)