Der Anti-Umweltschützer
10. September 2002Eine Flutwelle schäumender Entrüstung schwappte über den selbst ernannten Linken und Naturschützer Bjørn Lomborg hinweg, als er 1998 sein Buch über das 'wirkliche' Ausmaß der Umweltzerstörung veröffentlichte. Seitdem diskutieren Wissenschaftler und Umweltschützer weltweit Lomborg's Thesen: Die globalen Ökosysteme als Lebensgrundlage der Menschheit würden nicht in dem Maße zerstört, wie Umweltschützer behaupten. Schreckensszenarien wie der Klimawandel seien "Phantomprobleme", auf die man kein Geld verschwenden solle.
Vier Jahren lang hat der Statistikprofessor gebraucht, um über 3000 Statistiken zusammenzutragen und die von den großen Umweltschutzverbänden oft zitierten Quellen zu überprüfen. Lomborg versucht in seinem Buch zu belegen, dass die meisten beunruhigenden Fakten über die Zerstörung der Umwelt von Umweltschützern übertrieben dargestellt oder sogar erfunden werden. Ein Beispiel: Der WWF habe 1997 beklagt, dass "laut neuen Recherchen des WWF, zwei Drittel der Waldbestände der Erde verloren sind". Der neue Leiter des dänischen Amts für Umweltbewertung überprüfte das und die Umweltorganisation musste bestätigen, dass solche Recherchen nicht existierten.
Umweltlügen
Im Gespräch mit DW-WORLD warnt Lomborg vor Übertreibungen der Umweltschützer. Das verhindere eine vernünftige Entscheidungsfindung. Auch sei der Kyoto-Vertrag keine vernünftige Lösung. Klimamodelle zeigten, dass die Vereinbarungen von Kyoto sehr wenig dazu beitragen könnten, die Erderwärmung zu verhindern. "Der Kyoto-Vertrag wird die Erderwärmung um 6 Jahre nach hinten verschieben. Das heißt - der Mann in Bangladesh, der 2100 umziehen muss, weil sein Haus überflutet wird, kann mit dem Umzug bis 2106 warten", illustriert Lomborg seine Ausführungen.
Entwicklungshilfe statt Kyoto
Die Kosten des Kyoto Projekts hält er für unverhältnismäßig. 150 bis 300 Milliarden Dollar würde es im Jahr 2010 kosten, die daraus entstehenden Umweltverpflichtungen zu erfüllen. Lomborg sähe dieses Geld gerne anders verwendet. "Mit dem Geld, das Kyoto uns während eines Jahres kostet, könnten wir das größte Problem der Menschheit lösen. Wir könnten jedem Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglichen."
Wenig Lob und viel Kritik
Von Wissenschaftlern und Umweltverbänden erntete der 'Skeptical Environmentalist' wenig Lob und viel Kritik. Umweltverbände kritisieren seine Methoden. Die globalen Statistiken, die Lomborg benutze, verschleierten wichtige Details. Der WWF und das World Ressource Institute haben auf Lomborgs Buch mit der Einrichtung einer Website reagiert. Dort untersuchen sie Lomborgs Buch auf inhaltliche und methodische Fehler. Zum Beispiel behauptet Lomborg, dass die Produktivität der Meere sich seit 1970 fast verdoppelt habe. Eine dazugehörige Graphik zeigt einen Anstieg der Fangquoten.
Dazu stellt der WWF fest: "Was der Mensch aus der Meer fischt und was es produziert, sind zwei völlig verschiedene Tatsachen." Lomberg stelle Zusammenhänge her, wo es keine gebe. Als Beweis für den verbesserten Zustand der Erde nenne Lomberg die verbesserten Lebensumstände der Menschen. Die Frage sei aber nicht, "ob wir unsere Lebensumstände verbessern, sondern ob wir das auf Kosten der Umwelt tun", betont der WWF. Außerdem habe er sich Wissenschaftler zur Zielscheibe genommen, deren Theorien selbst in der Fachwelt nicht akzeptiert würden.