Der alte Mann und der Pannen-Flughafen
8. März 2013Die Ernennung Helmut Mehdorns zum neuen Geschäftsführer des geplanten Großflughafens in Berlin kam völlig überraschend. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hatte die Personalie am Freitagmorgen mitgeteilt und dabei Mehdorns Erfahrungen und Kompetenzen gelobt. Der 70-Jährige, ehemalige Manager der Deutschen Bahn und der Fluglinie Air Berlin hatte sich eigentlich zum Jahreswechsel aus seinem aktiven Berufsleben verabschiedet. Nun soll er für drei Jahre die Geschicke am Flughafen BER leiten. Die bisherigen Versuche, den schwierigen Posten zu besetzen, waren allesamt gescheitert (siehe Links).
"Ich wünsche mir, dass sie uns mit Vorschuss-Lorbeeren versehen", sagte Mehdorn auf der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Berlin. Dass die Presse diesem Wunsch folgen wird, ist nicht anzunehmen und auch nicht Aufgabe der Journalisten. Zudem ist die bisherige Geschichte des Flughafens, der dem Bund und den Länder Berlin und Brandenburg gehört, eine lange Liste planerischer und politischer Pannen. Das kostet dem Steuerzahler schon jetzt viele Milliarden zusätzlich und führte zum Spitznamen "Pannenflughafen".
"Schlimmer geht es nicht"
Gegenwind bekommt Mehdorn aber auch aus anderer Richtung. Kurz nachdem seine Ernennung publik geworden war, hagelte es Kritik von allen Seiten. "Schlimmer geht es nicht", sagte die Grünen-Politikerin Renate Künast. Parteifreund Anton Hofreiter, Vorsitzender des mit dem Flughafen schon befassten Verkehrsausschusses im Bundestag, kann sich "Mehdorn in dieser Rolle überhaupt nicht vorstellen". Der Flughafen hätte einen diplomatischen Chef gebraucht und keinen Mann, der seine Biografie "Diplomat wollte ich nie werden" titelt. Auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring zeigte sich skeptisch, ob Mehdorn das Chaos am BER wird richten können.
Der Vorsitzende des Flughafen-Untersuchungsausschusses im Berliner Senat, Martin Delius von der Piratenpartei, zeigte sich enttäuscht. Der angekündigte "Reset" habe nicht stattgefunden. Delius vermutet, "dass die drei Gesellschafter noch tief zerstritten und uneins über das weitere Vorgehen sind". Bundesverkehrsminister Ramsauer habe die Personalie entschieden, vermutet Delius, ohne Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck einzubeziehen.
Auf der Pressekonferenz klang das von Seiten Platzecks, der auch Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft ist, zwar anders. Er habe schon damals als Oberbürgermeister Potsdams gute Erfahrungen mit Mehdorn gemacht, erzählte Platzeck, der versuchte, gute Laune zu verbreiten. Aber seine Äußerung, wonach sich die "Gespräche in den letzten Tagen verdichtet hätten", lässt vieles offen. Wowereit, der mit dem damaligen Bahn-Chef Mehdorn schon öffentliche Machtkämpfe austrug, äußerte sich eher vorsichtig optimistisch zu dessen Ernennung. Mehdorn habe Ecken und Kanten, die man ihm sicherlich nicht abschleifen könne. "Es wird Spannung geben, die ist aber produktiv", so Wowereit.
Mehdorn gegen störende Gesetze beim Lärmschutz
Am kommenden Montag (11.03.2013) beginnt Mehdorns neuer Job. Schon bei der Pressekonferenz brachte er seinen Durchsetzungswillen deutlich zum Ausdruck. Die Flughafengesellschaft werde mit einer Stimme sprechen, also mit seiner. Die Gesellschafter hätten ihm ihre volle Unterstützung zugesagt, und zwar 24 Stunden am Tag. Befragt nach seiner Meinung zum Streit um ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr zeigte Mehdorn schon Mal seine Muskeln. Berlin müsse sich an internationale Standards gewöhnen - basta. Eine Weltstadt kenne keine Restriktionen, Mobilität werde immer Lärm machen. In Deutschland gebe es diese Angewohnheit, alles immer gleich in Gesetze einzumauern.
Wie wird Platzeck darauf reagieren, der erst vor kurzen nach einem erfolgreichen Volksbegehren in Brandenburg auf die Seite der Freunde eines solchen Nachtflugverbots gewechselt ist und sagte, er wolle dafür kämpfen? Die mitregierende Linkspartei in Brandenburg unterstützt das Einhalten der Nachtruhe am Flughafen.
Noch immer kein Eröffnungstermin
Wann der neue Flughafen nun endlich eröffnet werden soll, steht weiterhin in den Sternen. Auf der Pressekonferenz wollte niemand einen Termin nennen. Er müsse sich erst einarbeiten, so Mehdorn. Auch er könne nicht zaubern. In der Tat wird der neue Flughafen nun zwar von Mehdorn geleitet, aber zur Fertigstellung gehören viele andere Hände und Köpfe. Darauf wies auch die Kanzlerin in ihrer typisch nüchtern-analytischen Art hin. Sie wurde am Rande eines Wirtschaftstreffens in München nach der Personalie befragt wurde. "Die Aufgabe ist komplex, einer allein wird das nicht schaffen, ich kann nur jedem eine glückliche Hand wünschen", so Merkel. In das Debakel um den Flughafen möchte die Kanzlerin keinesfalls mit hineingezogen werden.