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Demokratie-Stunde in Ghana

Isaac Kaledzi / Max Borowski29. August 2013

Neun Monate wurde in Ghana über Betrugsvorwürfe bei der letzten Wahl verhandelt, bis der Fall entschieden wurde. Das wichtigste Ergebnis: Westafrikas Vorzeigeland hat auch diesen Streit friedlich beigelegt.

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Ghanas Präsident John Dramani spricht nach der Wahl im Dezember 2013 zu seinen Anhängern. (EPA/LEGNAN KOULA)
Bild: picture-alliance/dpa

Nachdem ganz Ghana fast neun Monate gewartet hatte, brauchte Richter William Atuguba am Donnerstag (29.08.2013) keine fünf Minuten, um das Urteil zu verkünden: Die Präsidentschaftswahl vom vergangen Dezember ist gültig. Amtsinhaber John Dramani Mahama rechtmäßig gewählt. Der Einspruch der Opposition abgeschmettert.

Für die Opposition im Land ist das bitter, denn die Wahl war teils chaotisch abgelaufen und denkbar knapp ausgefallen. Für Ghana jedoch sind weder dieses Ergebnis noch das spektakuläre Gerichtsverfahren eine Katastrophe - anders als in vielen Nachbarstaaten, wo knappe und umstrittene Wahlergebnisse immer wieder zu Gewalt und Hass zwischen den politischen Lagern führten. Im Gegenteil: "Das war eine tolle Lektion in Sachen Demokratie", sagt Gregor Ryssel, der Büroleiter der deutschen, CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Ghanas Hauptstadt Accra der DW.

Lehrreicher Prozess

Ein Wahlhelfer gibt einem Wähler einen Wahlzettel in einem Wahllokal unter freiem Himmel im Norden Ghanas (PIUS UTOMI EKPEI/AFP/Getty Images)
Die Beteiligung an der Präsidentschaftswahl war hochBild: AFP/Getty Images

Über die Klage der oppositionellen Neuen Patriotischen Partei (NPP) von Ex-Außenminister Nana Akufo-Addo wurde live im Fernsehen verhandelt. Die ganze Nation konnte regelmäßig am Fernseher zuschauen, wie sich die Angeklagten - Präsident Mahama, sein National-Demokratischer Kongress (NDC) und die Wahlkommission - gegen den Vorwurf der Wahlfälschung verteidigen mussten. Die Emotionen unter den Prozessbeteiligten und Berichterstattern kochten zeitweise so hoch, dass die Richter Saalverweise und Bußgelder verhängten.

Alles in allem jedoch, glaubt KAS-Experte Ryssel, war das Verfahren positiv für die Demokratie in Ghana. "Die Menschen im ganzen Land konnten miterleben, wie diese für die meisten Bürger abstrakte Institution Verfassungsgericht funktioniert, wie in einem solchen Verfahren die Anwälte ihre Argumente vorbringen", sagt Ryssel.

Vorbildliche Reaktionen

Die Opposition unter Akufo-Addo war 2012 mit großen Hoffnungen in den Wahlkampf gestartet, unterlag aber laut offiziellem Wahlergebnis mit 47,7 Prozent knapp Amtsinhaber Mahama, der 50,7 Prozent erzielte. Es gab zahlreiche Unregelmäßigkeiten. Anders als die Opposition sahen allerdings weder internationale Wahlbeobachter noch das Verfassungsgericht Hinweise auf systematischen Wahlbetrug.

Aus Angst vor gewalttätigen Reaktionen enttäuschter Anhänger der einen oder anderen Seite hatten die meisten Geschäfte in Accra am Donnerstag geschlossen. Die Polizei hatte ihre Präsenz in allen Landesteilen verstärkt. Doch zunächst blieb die Situation ruhig nach der Urteilsverkündung. Trotz eines emotionalen Prozesses und einer erhitzten Diskussion in den ghanaischen Medien hatten sowohl politische als auch religiöse und ethnische Führer ihre Anhänger eindringlich dazu aufgerufen, friedlich zu bleiben. Aufwiegelnde Stimmen hatten kaum eine Chance. "Ich glaube, dass die Politiker hier wissen, dass sie um der Stabilität und des Friedens willen und das Urteil der Verfassungsrichter akzeptieren müssen", sagt Ryssel.

Urnen und Taschen mit Wahlzetteln warten in Accra auf die Auszählung (Xinhua/Wei Mengjia)
Die Auszählung lief in vielen Wahlbezirken chaotisch abBild: AP

Auch nach dem Urteil reagierten die Vertreter der beiden Parteien vorbildlich. Während seine Anhänger im Gerichtssaal teils in Tränen ausbrachen und laut weinten, gratulierte Wahlverlierer Akufo-Addo nach wenigen Minuten schon dem Sieger. Er sei enttäuscht, sagte er gegenüber Journalisten, aber er akzeptiere das Urteil. "Wir müssen einen Weg des Aufbaus einschlagen, nicht der Zerstörung, um unsere Enttäuschung zu verarbeiten", sagte Akufo-Addo.

"Endlich ist es vorbei", sagte Ghanas Vizepräsident Kwesi Amissah Arthur erleichtert, "der Fall ist entschieden im Sinne des Präsidenten, der unterlegene Kandidat hat schon angerufen, um zu gratulieren, und wir hoffen, dass alle jetzt den Präsidenten unterstützen bei der Arbeit, für die er gewählt wurde". Auch der Generalsekretär des NDC, Johnson Asiedu Nketia, freute sich, mahnte die Partei-Anhänger allerdings sogleich, bei Siegesfeiern "Mäßigung zu üben".

Jübelnde Anhänger tragen ein Poster von Präsident John Dramani Mahama in Accra (REUTERS/Luc Gnago)
Nach der Wahl im Dezember 2013 jubelten die Anhänger von John Mahame bereitsBild: Reuters

Wirtschaft in der Krise

Seit inzwischen mehr als 20 Jahren gilt Ghana als weitgehend stabile Demokratie, in der - für Westafrika eine Seltenheit - bereits mehrfach friedliche Regierungswechsel zwischen den beiden großen Parteien NDC und NPP stattfanden. Zurücklehnen können sich Regierung und Opposition deswegen allerdings nicht. "Ich sehe das Urteil auch als eine Verpflichtung für die Politiker an", sagt Ryssel. Die Regierung müsse sich nun vor allem um die dringenden wirtschaftlichen Probleme Ghanas kümmern.

Obwohl das Land seit drei Jahren begonnen hat, Öl zu exportieren, ist die Wirtschaft in eine tiefe Krise gerutscht. Zudem hat der Streit um das Wahlergebnis die Schwächen des präsidentiellen Systems offengelegt, in dem der Sieger alles bekommt und der Verlierer nichts, obwohl er auch einen großen Teil des Volkes repräsentiert. Vor allem dürften die Politiker nicht der Versuchung verfallen, reine Klientelpolitik für die eigenen Ethnien zu machen, so Ryssel. Die enge Verbindung zwischen Volksgruppen und politischen Parteien, gilt als Grund für die tiefe Spaltung in anderen westafrikanischen Ländern und stellt laut Ryssel auch für Ghana eine Gefahr dar.