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Das Wacken-ABC

3. August 2017

Das größte Metalfestival der Welt startet in Wacken. Während 80.000 Fans härteste Rockmusik feiern, fragt sich der Rest der Welt: Was treibt diese Leute an? Hier ist unser ultimativer Führer durch das Wacken-Universum.

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Deutschland Wacken Open Air
Bild: picture alliance/dpa/C. Rehder

A wie Anfahrt

Bereits seit dem Wochenende rollen Fahrzeuge mit dem Schriftzug W:O:A (kurz für "Wacken Open Air") auf der Heckscheibe Richtung Norddeutschland. PKWs, Busse, Wohnwagengespanne, Wohnmobile. Manche haben den berühmten Wacken-Stierkopf am Auto - das Wahrzeichen des Wacken Open Airs. Und natürlich gibt es auf Parkplätzen und Raststätten Begegnungen zwischen fröhlichen Metallern, die aus der ganzen Welt nach Norddeutschland zum Metal-Mekka kommen. 

B wie Bier

Das Grundnahrungsmittel auf Wacken. Metalheads sind passionierte Biertrinker, gern auch mal 24 Stunden lang. Also auch zum Frühstück. Damit auch alle gut versorgt sind und nicht ständig frisches Bier nachgeliefert werden muss, haben die Veranstalter 2017 eine Bierpipeline gebaut, die das Festivalgelände mit frischem Bier versorgt. Die Wackenbesucher bringen sich aber auch selbst den Gerstensaft palettenweise mit, damit auch auf dem Campingplatz immer genügend vorhanden ist.

Arbeiter bauen die Bier Pipeline zusammen
Für den frischen Biernachschub sorgt seit 2017 eine BierpipelineBild: picture-alliance/dpa/C. Rehder

C wie Campground

Hier spielt sich das Leben jenseits der Bühnen ab. Zelte und Autos stehen auf den Wiesen dicht an dicht, dazwischen Pavillons und Vans. Irgendwo brummt immer ein Dieselgenerator, damit Kühlschränke kalt bleiben und Musik aus Boxen dröhnen kann. Es gibt Duschen und Toiletten und jede Menge Dixi-Klos. Viele Leute finden das Leben auf dem Wackener Campingplatz fast noch toller als die Konzerte. Für sie ist es wie Urlaub. Allerdings ein Urlaub, bei dem man nicht unbedingt Ruhe findet.

D wie Dixi-Klo

Die Alternative zu den Toilettenhäuschen. Man(n) geht nicht wirklich gerne in diese Plastikzellen mit den Chemieklos. Frau noch weniger. Aber wenn es unbedingt sein muss - und das muss es oft bei so viel Bier und Grillfleisch - dann muss es eben sein. Mehr Worte verlieren wir an dieser Stelle nicht darüber. Nur eins noch: Für 150 Euro kann man sich ein Privat-Dixi mieten. Und die sind sofort ausgebucht. 

E wie Eintritt

Das Kartenkontingent ist seit 2010 auf 75.000 Stück festgelegt. Mit allen weiteren Teilnehmern wie Musikern, Mitarbeitern, Presse und VIP's kommt man auf eine Besucherzahl von mehr als 80.000 Menschen. An den Kartenpreisen wurde aber durchaus geschraubt: Kostete die Karte für das W:O:A 2016 noch 190 Euro, müssen die Fans seit 2017 ganze 220 Euro hinlegen. Vielen war das zu teuer: War das Festival die letzten Jahre innerhalb weniger Stunden ausverkauft, hat es die letzten beiden Male fast ein ganzes Jahr gedauert.

F wie Firefighters

Band Wackener Feuerwehr beim Wacken Festival 2012
Sie gehören genauso zum W:O:A wie die zahlreichen Metalbands: die "Wacken Firefighters"Bild: picture alliance/Jazzarchiv

Die "Wacken Firefighters" sind die Musiker der örtlichen Feuerwehrkapelle. Sie eröffnen das Festival mit einem Auftritt auf einer der kleineren Bühnen (Für Insider: Im Beergarden), spielen Coverversionen von bekannten Rocksongs aber auch richtig deutsche Volksmusik. Tausende Metalheads feiern die Blaskapelle und grölen fröhlich mit. Auch während des Festivals spielen die "Wacken Firefighters " immer wieder und sorgen für beste Stimmung.

G wie gigantisch

Mehr als 40 Kilometer Bauzaun umgeben ein etwa 240 Hektar großes Festivalgelände. Das sind etwa 330 Fußballfelder oder etwa viermal das komplette Dörfchen Wacken mit seinen 1800 Einwohnern. Es wird für die Dauer des Festivals die viertgrößte Stadt in Schleswig Holstein.

H wie Holy Wacken Ground

Der "Holy Wacken Ground" ist nichts anderes als das Festivalgelände. Wer während des Festivals auf dem "Heiligen Acker" ist, gehört zu einer riesigen Gemeinschaft, die nur eines will: Laute Musik hören und miteinander feiern. Damit es einigermaßen sauber bleibt, appellieren Schilder mit der Aufschrift "Don't pee on the Holy Land" an die Fans, dem heiligen Boden den nötigen Respekt zu erweisen.

I wie Infield

Das Epizentrum des Heiligen Ackers. Hier stehen die drei Hauptbühnen - seit 2017 mit neuen Namen: "Faster", "Harder", "Louder" - getreu dem Wacken-Motto. Das Infield wird traditionell am Donnerstag eröffnet. Um Punkt 14 Uhr stürmen die Metalheads mit lauten Schlachtrufen das Gelände und versammeln sich vor den Bühnen. 

J wie (Thomas) Jensen

1989 saßen die beiden Wackener Thomas Jensen und Holger Hübner in einer Kneipe zusammen und entwickelten die Idee, ein kleines Rockfestival in der Kiesgrube hinterm Dorf auszurichten. So fand das erste W:O:A am 24. und 25. August 1990 statt - mit sechs Bands und 800 Besuchern. Was Jensen und Hübner damals losgetreten hatten, ist heute das größte Metalfestival der Welt. Für Jensen, heute alleiniger Veranstalter, ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen. Bis heute ist er dem ursprünglichen Konzept treu geblieben: Rockmusik für Rockfans.

Farbfoto des Wacken Open Air Gründungsmitglieds Thomas Jensen (Foto: picture-alliance/abaca/J. Reynaud)
Thomas Jensen, der Mann hinter dem legendären Metalfestival Bild: picture-alliance/abaca/J. Reynaud

K wie Kontrollen

Die Sicherheitsleute kennen keine Gnade: Wer nicht das richtige Bändchen am Arm hat, kommt an ihnen nicht vorbei. Auf das Infield darf kein Rucksack, keine Handtasche, kein eigener Getränkebehälter (bis auf einen knickbaren Plastikbeutel, den man mit 500 ml Wasser füllen kann). Selbst Brustbeutel sind nicht erlaubt - wohl auch, weil sich einige besonders schlaue Füchse in der Vergangenheit große Taschen mit Getränken vor die Brust gehängt und sie als Brustbeutel bezeichnet haben. Da solche Tricks zu unnötigen Diskussionen führen, ist damit seit 2017 endgültig Schluss. Erlaubt sind Gürteltaschen sowie das "Full Metal Bag" - ein Säckchen in Handtaschengröße, in dem das Nötigste mitgebracht werden kann und auch ein paar Gimmicks stecken.

L wie Lärm

Das Motto von Wacken heißt: "Faster, Harder, Louder!" Annähernd ruhig ist es daher nur ganz wenige Stunden - zumindest auf den Campingplätzen, wo das erste Frühstücksbier mit der entsprechenden Beschallung eingenommen wird. Manche Fans meinen es zu gut mit den Nachbarn und wecken ihre Umgebung auch gerne mal um 6 Uhr morgens mit Schlager- oder Technomusik. Auf dem Festivalgelände wird es ab 11 Uhr etwas lauter, dann beginnen die ersten Bands zu spielen. Schluss ist auf den Bühnen nachts um 3 Uhr.

M wie Merchandising

Das W:O:A weiß sich gut zu verkaufen: Unter dem Wacken-Label findet mittlerweile der ein oder andere Ableger statt. Etwa die "Full Metal Cruise", eine Kreuzfahrt, auf der es so gar nicht schickimicki zugeht, sondern laut und heftig, oder die Wacken Winter Nights, ein Festival im Schnee für die Hartgesottenen. Klar, dass es bei allen Veranstaltungen auch die passende Ausstattung gibt: vom T-Shirt über den Hoodie bis hin zu Taschen und Bierkrügen. Jedes Jahr gibt es ein neues Shirt-Design, was für meterlange Schlangen vor den Ständen sorgt - für die Fans sind es Sammlerstücke.

N wie Nacken

…der wird während des dreitägigen Festivals extremen Belastungen ausgesetzt. Ob mit langer Haarmähne oder ohne, Headbangen ist der Volkssport auf dem "Heiligen Acker". Und wem besagter Nacken am nächsten Tag zu sehr schmerzt, der kann sich eine Massage gönnen (ja, sogar das gibt's auf dem Festival) oder zum Yoga (mehr dazu unter Y).

Ein Mann mit langen Haaren headbangt in einer Menschenmenge. (Foto: Getty Images/P. Lux)
Headbangen - für echte Metalfans ein Muss, aber nicht unbedingt nackenfreundlichBild: Getty Images/P. Lux

O wie Ohrenstöpsel

Seit 2017 sorgt ein neues Soundkonzept dafür, dass die Musik auch wirklich jeden Fan, ob direkt vor der Bühne oder hinten am Bierstand, erreicht: lauter, härter, klarer. Für geräuschempfindliche Wackenbesucher empfiehlt sich da ein dezenter Gehörschutz. Nachts blenden die kleinen Ohrenstöpsel das Brummen der Generatoren, die Kirmesmusik und das Schnarchen der Nachbarn aus und sorgen bei den Metalfans für die nötige Nachtruhe.   

P wie Pommesgabel

Der traditionelle Wackengruß - eine Faust, Zeigefinger und kleiner Finger ausgestreckt. Erinnert ein wenig an den Stierschädel, das Wahrzeichen von Wacken, oder eben an die bunten Gäbelchen, die man an der Imbissbude zu den Pommes bekommt. Unterstrichen wird der Metaller-Gruß mit einem lauten "Wacköööön"!

Q wie Qualm

Das Hauptnahrungsmittel auf dem W:O:A kommt vom Grill. Den ganzen Tag qualmt es auf dem Campground - die Metaller brauchen ja eine gute Grundlage für ihre tägliche Bierration (und das ist nicht wenig). Doch Vorsicht beim Anfeuern mit Spiritus - leider passieren auch immer wieder Unfälle.

R wie Ruhe

Gibt's hier nicht. Siehe "L wie Lärm" und "O wie Ohrstöpsel".

S wie Schlamm oder Staub

Der Holy Ground besteht aus Wiesen und Äckern. Der Boden ist von Natur aus weich. Wenn es dann auch noch ergiebig regnet - und das tut es oft in Wacken - dann wird der Boden noch weicher. Den Rest besorgen jede Menge Fahrzeuge und zigtausende Fans, die sich auf dem Festivalgelände und den Campingplätzen hin und her bewegen. 2016 haben die Wacken-Veranstalter ein Drainagesystem gebaut, das die Schlammsituation zumindest vor den Bühnen entschärfen soll. Aber ganz ohne Schlamm geht es nicht. Und irgendwie würde den Besuchern dann auch etwas fehlen.

Fans auf dem Wacken Open Air suhlen sich im Schlamm. (Foto: picture-alliance/Fotostand/Jakobs)
Zimperlich ist man in Wacken besser nicht, wenn der "Heilige Acker" mal wieder zum Schlammbad wirdBild: picture-alliance/Fotostand/Jakobs

Umgekehrt aber geht es auch: Tatsächlich kann Wacken auch mal staubtrocken und heiß sein. Angesichts des mikroskopisch feinen Pulvers, das sich in jede Ritze setzt, wünscht sich so mancher Metalhead ein paar ergiebige Regengüsse und den berühmten Schlamm unter den Füßen zurück.

T wie Traktor

Ab einer gewissen Menge Schlamm geht für Fahrzeuge gar nichts mehr. Autos fahren sich auf dem aufgeweichten Boden fest, Reifen drehen durch. Wenn vereinte Kräfte es nicht schaffen, den Wagen aus der Grube zu schieben, kommt der Traktor und zieht das Auto auf festen Untergrund. 

U wie Urlaub

Tatsächlich ist die Wacken-Woche für viele Besucher fast so etwas wie ein Jahresurlaub. Mit Gleichgesinnten eine Woche lang die Lieblingsmusik hören und feiern, zusammen Bier trinken, sich gehen lassen, raus aus dem Alltag.

V wie Verkehrsstau

Die Rückfahrt am Sonntag nach dem Festival ist für alle eine harte Prüfung: Nicht nur für die Wacken-Heimkehrer, sondern auch für ganz normale Reisende, die beispielsweise gerade aus dem Skandinavien-Urlaub zurückkommen. Während Unerfahrene ab dem frühen Vormittag in die Staufalle hineingeraten, suchen sich Kenner einen anderen Termin für die Rückreise. Denn wer im Wacken-Stau steckt, muss mit langem Stillstand rechnen - und mit Metalheads, die die Autobahn noch ein letztes Mal zur Metal-Disco machen und ihre Autoanlagen laut aufdrehen.

W wie Wackenduft

Es ist eine einzigartige Mischung aus Kuhdung, Bier, Urin. Das klingt nicht schön, ist es auch nicht. Der "Duft" hängt nach ein paar Tagen in jeder Pore, an den Schuhen, an der Kleidung. Besonders intensiv wird er, wenn die Sonne, die durchaus auch in Wacken scheint, den Schlamm langsam trocknet.

X wie Xylophone und (E)X-tasy

Falsches Festival! In Wacken gibt es laute Gitarren und Bier.

Y wie Yoga

Ja! Es gibt Yoga auf Wacken! Unter dem Titel "Welcome to the Jungle" können die Metalheads beim Metal-Yoga ein wenig Ruhe finden und die Nackenschmerzen kurieren.

Z wie Zyklopenspieß

Noch scheiden sich die Geister darüber, welcher Grillstand auf dem Festivalgelände das beste Fleisch hat. Die einen schwören auf den Barbarenspieß, die anderen aber auf den Zyklopenspieß. Alles zu bekomen im Wackinger Village, eine mittelalterlich anmutende Ansammlung von Hütten, in denen man Schmuck, Kunsthandwerk und ein riesiges kulinarisches Angebot bekommt. Hier wird jeder satt - vom Fleischliebhaber bis zum Veganer.

Annabelle Steffes-Halmer | provisorisches Kommentarbild
Annabelle Steffes-Halmer Autorin, Redakteurin, Videojournalistin und Trainerin
Wuensch Silke Kommentarbild App
Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online