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Telefonnetz 2.0

Dennis Stute30. Mai 2007

Die Kooperation der Deutschen Telekom mit dem Dienstleister Jajah zeigt erneut: An der Internet-Telefonie führt für die großen Gesellschaften kein Weg vorbei. Womit sie künftig ihr Geld verdienen, muss sich noch zeigen.

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Bei Jajah braucht man den Computer nur für die Anmeldung, Quelle: AP
Bei Jajah braucht man den Computer nur für die Anmeldung - gesprochen wird über das TelefonBild: picture-alliance/ dpa

Beispiellos, attraktiv, hervorragend, stark, enorm - das sind nur einige der schillernden Adjektive, mit denen der Internet-Telefonieanbieter Jajah am Dienstag (29.5.07) die Tatsache bekanntgab, dass sich die Deutsche Telekom an der US-Firma beteiligen will. Über ihre Anlagegesellschaft T-Online Venture Fund investierte die Telekom zusammen mit der Wagniskapital-Abteilung des Chipherstellers Intel 20 Millionen Dollar in Jajah.

Unter Druck

Telekom-Chef René Obermann, Quelle: AP
Telekom-Chef René ObermannBild: AP

Erstmals beteiligt sich damit eine der großen Telefongesellschaften an einem Anbieter für Internet-Sprachdienste (VoIP) - also einem jener Unternehmen, die ihnen in ihrem klassischen Geschäftsfeld das Wasser abgraben. So laufen inzwischen mehr als vier Prozent aller internationalen Gespräche über Skype, einen der Pioniere der konkurrenzlos billigen Internet-Telefonie. Jajah hat nach eigenen Angaben mehr als zwei Millionen Nutzer in 55 Ländern, bis Jahresende sollen es fünf Millionen Kunden werden.

"Die Beteiligung zeigt erneut, dass sich die traditionellen Telefongesellschaften positionieren müssen", sagt Justus Haucap, Inhaber des Lehrstuhls für Wettbewerbstheorie an der Universität Bochum. Schon in fünf Jahren könnte die Mehrzahl der Gespräche über das Internet geführt werden. Die niederländische Telefongesellschaft KPN etwa will die Gespräche schon in drei Jahren nur noch über das Web vermitteln, die Deutsche Telekom wird dafür bis 2012 brauchen. In der Slowakei hat die Telekom über ihre Tochter Slovak Telecom das erste internetbasierte Telefonnetz der EU aufgebaut - und kann so auf einem überschaubaren Markt schon einmal Erfahrungen sammeln.

Sinkende Kosten

Die Software Skype ermöglicht kostenlose internationale Gespräche, Quelle: AP
Die Software Skype ermöglicht kostenlose internationale Gespräche

Die Vorteile von VoIP liegen für die Konzerne auf der Hand: Vermittlungsstellen fallen weg, die Netze lassen sich mit sehr viel weniger Ressourcen betreiben - und mit einem Bruchteil der Mitarbeiter. Blockiert bei der traditionellen Vermittlung ein Gespräch eine ganze Leitung, lassen sich mit VoIP tausende Gespräche als Datenpakete über ein Glasfaserkabel schicken.

Für den Kunden wird sich der Unterschied kaum bemerkbar machen - abgesehen davon, dass die Telefonkosten stark sinken dürften. Es werde nicht mehr lange dauern, bis man nur noch eine monatliche Grundgebühr bezahle, vermutet der Experte Haucap. Wie die meisten Beobachter geht er davon aus, dass VoIP auch den Mobilfunkbereich erreichen wird. Derzeit ist dies wegen technologischer Mängel noch ein Nischengeschäft, in dem sich kleine Anbieter wie Rebtel und eben auch Jajah versuchen.

Zusammenwachsen der Märkte

Die Firmenzentrale der niederländischen Telefongesellschaft KPN in Rotterdam, Quelle: AP
Die Firmenzentrale der niederländischen Telefongesellschaft KPN in RotterdamBild: AP

Dass Distanzkosten beim Telefonieren bedeutungslos werden, spielt nicht nur für die Verbraucher eine Rolle. "Das hat auch Folgen für die Politik", sagt Paul Welfens, der an der Universität Wuppertal unter anderem zu den Themen Strukturwandel, Innovation, und digitale Wirtschaft forscht. "Man kann etwa den amerikanischen und den europäischen Markt nicht mehr sinnvoll separat regulieren, sondern man braucht gemeinsame Regeln." Zudem würden die drei Märkte Festnetz, Mobilfunk und Internet, die derzeit sehr unterschiedlich reguliert sind, in absehbarer Zeit verschmelzen.

Womit die Telefongesellschaften nach dem Ende der Gesprächsgebühren ihr Geld verdienen, wird sich noch zeigen müssen. Die Infrastruktur dürfte ein Bereich bleiben, die Großkunden ein anderer. Paul Welfen vermutet, dass Dienste wie Filmarchive, Auskunfts-Services oder andere zielgruppenspezifisiche Angebote wichtige Geschäftsfelder werden.

"Wir wissen nicht, ob der künftige Weltmarktführer in der Telefonie nicht Google oder Microsoft sein wird - vielleicht haben die auch ein paar Ideen", sagt Welfens. Es sei keineswegs ausgeschlossen, dass große Player wie die Deutsche Telekom ganz vom Markt gefegt würden. "In diesem Bereich muss man sehr gut aufgestellt sein", sagt Welfens. "Amiga und Commodore waren Pioniere auf dem PC-Markt - aber erinnert sich noch jemand an die?"