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Schwieriges Verhältnis

Manfred Böhm (stl)9. Juni 2008

Händchenhalten, Küsschen auf die Wange - Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy beschwören beim deutsch-französischen Gipfel in Straubing ihre Einigkeit. Doch wie gut verstehen sich die beiden wirklich?

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Angela Merkel und Nicolas stehen gemeinsam unter einem schwarzen Regenschirm.
Angela Merkel und Nicolas Sarkozy bei einem Treffen in Brandenburg im September 2007.Bild: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel vermittelt bei jeder Gelegenheit den Eindruck, als sei es um die deutsch-französischen Beziehungen bestens bestellt. Schon unmittelbar nach der Präsidentenwahl in Frankreich gratulierte sie Nicolas Sarkozy überschwänglich per Telefon und versprach, die deutsch-französische Zusammenarbeit zu "intensivieren".

Und auch Sarkozy sparte nicht mit starken Worten. "Niemals darf diese Freundschaft geopfert werden, die so viel überstanden hat", sagte er bei seinem ersten offiziellen Besuch in Berlin am 16. Mai 2007 nur wenige Stunden nach seinem Amtsantritt.

Neue Eiszeit zwischen Paris und Berlin?

Allerdings trüben immer wieder dunkle Wolken den Himmel zwischen Berlin und Paris. Darüber können auch Küsschen auf die Wange, Händchenhalten und warme Worte nicht hinwegtäuschen.

Erst kürzlich spekulierten deutsche Medien gar über den Beginn einer "neuen Eiszeit". Der neue Mann im Elysée-Palast hatte zuvor mit außenpolitischen Alleingängen und seiner Geltungssucht nicht nur Misstrauen gesät, sondern mehrfach offenen Ärger bei Merkel ausgelöst. Ein Beispiel ist seine Verkaufstour durch mehrere arabische Staaten, von der er mit Millionen-Deals für die heimische Atomindustrie zurückkehrte. Auch Sarkozys Position im Atomstreit mit dem Iran und speziell sein Lob für die "konstruktive Rolle" des russischen Präsidenten Putin sorgten für Irritationen bei Merkel.

Bei einem Arbeitstreffen Anfang Dezember in Paris erklärte die Bundeskanzlerin, man müsse dem Iran gegenüber gesprächsbereit bleiben, aber von der Regierung in Teheran volle Kooperation mit den internationalen Behörden einfordern. Sarkozy Antwort dazu fiel kurz aus: "Ich habe exakt dieselbe Position wie Madame Merkel. Man kann sie in zwei Worte fassen: Standfestigkeit und Dialog."

Zankapfel Mittelmeerunion

Herausgefordert sah sich die deutsche Kanzlerin zudem durch Sarkozys Eigensinn in Sachen Europa-Politik. Der Franzose wollte im Alleingang eine Mittelmeer-Union ins Leben rufen. Merkel verlangte, dass daran alle EU-Länder gleichberechtigt beteiligt werden. "Die Mittelmeer-Region ist unser aller Aufgabe in Europa", sagte sie damals. Sonst bestehe die Gefahr einer Spaltung der EU. Erst nach monatelangen zähen Verhandlungen und deutschen Zugeständnissen konnte der Zankapfel aus der Welt geschafft werden.

Einen gemeinsamen Erfolg gab es im Oktober 2007, nämlich die Einigung auf den EU-Reformvertrag. Doch selbst die Freude darüber war nicht ungetrübt, denn Sarkozy beanspruchte die Lorbeeren für den Durchbruch für sich allein. Merkel machte gute Miene zum bösen Spiel und dankte Sarkozy für den "mutigen Schritt", um Europa "aus dem Stillstand herauszubringen".

Gemeinsamer Gipfel geplant

Merkel bleibe keine andere Wahl, als Sarkozys Vorstöße in gemeinsame Projekte umzuwandeln, urteilen Experten. Vor diesem Hintergrund muss auch die demonstrative Einigkeit auf dem NATO-Gipfel in Bukarest im April 2008 gesehen werden. Schulter an Schulter verkündeten die Bundeskanzlerin und der französische Präsident, dass sie gemeinsam das 60. Jubiläum der Allianz nächstes Jahr in der Grenzregion um Straßburg/Kehl ausrichten werden. Erstmals in der Geschichte der NATO wird damit ein Gipfel gleichzeitig in zwei Mitgliedsländern veranstaltet.