Das Kreuz mit dem Gipfelkreuz
16. September 2016Kaum vorzustellen: Mitten in der Nacht macht sich ein Unbekannter mit einer Axt auf den Weg zum Gipfel des mehr als 2000 Meter hohen Schafreuters in den bayerischen Alpen und beschädigt das Gipfelkreuz. Und zwar so stark, dass die Bergwacht es später aus Sicherheitsgründen gänzlich fällen muss. Ähnliches passierte auch am Prinzkopf und auf der Dudl-Alm. Sind die Taten allein schon bizarr genug, hat sich nun auch noch eine hitzige Diskussion um die christlichen Symbole auf den Berggipfeln entwickelt.
Für Aufsehen sorgte die Bergsteiger-Legende Reinhold Messner. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung verurteilte er zwar die Tat, gab aber auch zu, dass religiöse Symbole in den Bergen nicht sein Fall seien. "Das Kreuz ist das christliche Symbol schlechthin, dieses gehört meiner Meinung aber nicht auf einen Gipfel. Ich spreche nicht von Missbrauch, ich sage nur, man sollte die Berge nicht zu religiösen Zwecken möblieren", sagte Messner. Die Berge gehörten doch der gesamten Menschheit.
Gipfelkreuze - pro und contra
Stimmen aus der katholischen Kirche verteidigen dagegen die Gipfelkreuze. So äußerte der Eichstätter Erzbischof Gregor Maria Hanke in einem Interview mit dem Portal katholisch.de: "Gipfelkreuze sind ein Hinweis, dass diese Schönheit und Erhabenheit, diese Mächtigkeit einen Ursprung hat, der in Gott dem Schöpfer liegt", sagte der Erzbischof. Auch wer keinen Gottesbezug habe, könne die Botschaft mitnehmen: Die Natur gehört nicht mir.
Auch der Deutsche Alpenverein hält an den Gipfelkreuzen fest. "Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, da die Alpen sowohl Natur- als auch Kulturlandschaft sind", sagte Sprecher Thomas Bucher der katholischen Nachrichtenagentur (KNA). Der Deutsche Alpenverein hat sogar eine Belohnung ausgesetzt für Hinweise, die zum Täter führen. Zur Kultur gehöre nun einmal traditionell das Gipfelkreuz, und das seit über 200 Jahren. Seinen Ursprung habe es dennoch in der Religion, erklärte Bucher. Gipfel seien durch ihre Nähe zum Himmel schon immer ein naheliegender Standort gewesen. "Im Himalaya haben sie ihre Gebetsfahnen, wir haben Kreuze", fügte Bucher hinzu.
Kunst-Installation in der Schweiz
Reinhold Messner ist nicht der einzige, der sich an den Kreuzen stört. Schon 2010 gab es erste Initiativen in der Schweiz, die sich gegen die Kreuze richteten. Erst vor kurzem trieb es der Schweizer Künstler Christian Meier buchstäblich auf die Spitze, als er mit seinen Freunden einen leuchtenden Halbmond auf dem Gipfel des Appenzeller Berges Freiheit installierte. "Ein christliches Symbol gehört nicht auf einen Berggipfel“" begründete der Künstler gegenüber dem St. Gallener Tageblatt sein Protestwerk. Er habe sich an den vielen Gipfelkreuzen gestört und mit dem Halbmond einen Ausgleich schaffen wollen.
Der Kreuz-Krimi geht weiter
Während die Öffentlichkeit noch streitet, haben andere bereits Tatsachen geschaffen: Genauso unbemerkt wie das Kreuz auf dem Schafreuter über Nacht zerstört wurde, genauso plötzlich stand dort ein neues Gipfelkreuz. Gerüchten zufolge soll die rechte Gruppierung "Identitäre Bewegung“ dahinter stecken. Der Deutsche Alpenverein will bis zum 9. Oktober, rechtzeitig zur Bergmesse, ein neues Kreuz auf den Gipfel bringen und das provisorische ersetzen.