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Coronavirus verursacht "dynamische Lage"

3. Februar 2020

Bundesgesundheitsminister Spahn sieht Deutschland im Kampf gegen das Coronavirus gut gerüstet. In China entdecken Mediziner einen weiteren möglichen Übertragungsweg. Und die Behörden machen Druck und Tempo wie nie.

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Pressekonferenz des Bundesgesundheitsministers zu Coronavirus
Jens Spahn: "Wir kennen den Virus noch nicht abschließend"Bild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Das neuartige Coronavirus könnte - neben der Tröpfcheninfektion - auch über das Verdauungssystem verbreitet werden. Chinesische Mediziner fanden das Virus "2019-nCoV" in Stuhlproben und Rektalabstrichen, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Einige Patienten hatten nur Durchfall bekommen - statt üblicherweise Fieber.

Zwei infizierten Deutschen, die in der Frankfurter Uniklinik behandelt werden, geht es nach Einschätzung ihrer Ärzte gut. "Sie werden gegenwärtig isoliert stationär betreut und sind medizinisch wohlauf", sagte der Ärztliche Direktor Jürgen Graf. Die beiden Erwachsenen waren am Wochenende gemeinsam mit 122 anderen Passagieren in einem Bundeswehrflugzeug aus der besonders stark vom Virus betroffenen Stadt Wuhan zurückgeholt worden.

Zwei Wochen in Quarantäne

Die meisten Menschen an Bord waren zunächst direkt in eine Kaserne nach Germersheim gebracht worden. Da die Erkrankung bis zu zwei Wochen nach der Infektion ausbrechen kann, ist die dortige zweiwöchige Quarantäne nötig. Insgesamt wurden bis Sonntag mindestens zehn Fälle von Deutschen bekannt, die sich mit "2019-nCoV" angesteckt haben.

Germersheim Coronavirus Evakuierte
Germersheim im Bundesland Rheinland-Pfalz: Quarantäne in der Kaserne Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprach von einer "dynamischen Lage". Und er führte weiter aus: "Wir kennen den Virus noch nicht abschließend." Es sei eine Zeit, in der es wichtig sei, dass der Staat funktioniere. Dies sei in Deutschland der Fall, betonte Spahn. Nach seinen Angaben wollen die führenden Industrienationen (G7) über eine einheitliche Strategie gegen die Ausbreitung des Virus beraten. Er habe mit seinem US-Kollegen Alex Azar telefoniert, um "zu einer gemeinsamen Einschätzung der Lage zu kommen", berichtete der deutsche Gesundheitsminister. Ziel sei ein einheitlicher Umgang mit der Epidemie. "Es bringt ja nichts, wenn ein Land alleine Maßnahmen ergreift."

Die Gesamtzahl der bestätigten Todesfälle stieg in China mittlerweile auf 361. Das sind 57 mehr als am Vortag, wie die Nationale Gesundheitskommission mitteilte. Fast alle wurden aus der Provinz Hubei gemeldet. Die Zahl der bestätigten Infektionen kletterte demnach auf gut 17.200.

Erste Notklinik in Wuhan eröffnet 

Im Kampf gegen das Coronavirus hat China nach weniger als zwei Wochen Bauzeit das erste von zwei Notkrankenhäusern in Wuhan eröffnet. Das "Huoshenshan" ("Berg des Vulkan-Gottes") genannte Hospital in Schnellbauweise hat rund tausend Betten. Rund 1400 medizinische Kräfte des Militärs betreiben das Behelfshospital, in dem Lungenkranke zentral in Quarantäne kommen und behandelt werden. An den Unterkünften war seit 23. Januar Tag und Nacht gearbeitet worden. Ein zweites Hospital mit mehr als tausend weiteren Betten soll am Mittwoch eröffnet werden. Es wird "Leishenshan" ("Berg des Feuergottes") genannt. Nach dem chinesischen Volksglauben sollen die Götter des Feuers oder des Vulkans helfen, Krankheiten zu bekämpfen.

Wuhan in China: Die Millionenmetropole baut für die vielen Infizierten eigens zwei neue Krankenhäuser (Foto: picture-alliance/AP Photo/Chinatopix)
Wuhan in China: Die Millionenmetropole baut für die vielen Infizierten eigens zwei neue KrankenhäuserBild: picture-alliance/AP Photo/Chinatopix

Experte: Höhepunkt in knapp zwei Wochen

Ein führender Experte rechnet inzwischen damit, dass der Höhepunkt der Epidemie in der Volksrepublik erst später als bisher erwartet erreicht ist. Der Chef des nationalen Expertenteams im Kampf gegen das Coronavirus, Zhong Nanshan, sprach von einer Verzögerung von zehn bis 14 Tagen. Dafür müssten aber die vorbeugenden Maßnahmen verstärkt werden. "Wir dürfen in unserer Wachsamkeit nicht nachlassen."

Damit korrigierte Zhong seine bisherige Vorhersage von vor einer Woche, als er den Höhepunkt noch für Ende dieser Woche prognostiziert hatte. Obwohl die Ausbreitung des neuartigen Erregers zunimmt und das Virus bereits in jeder Provinz und Region Chinas nachgewiesen ist, rechnet er nicht mit einem "nationalen Ausbruch". Zur Begründung verwies der Experte auf radikale Maßnahmen wie die Einschränkung der Bewegungsfreiheit für mehr als 50 Millionen Menschen in Zentralchina, verlängerte Ferien, Fieberkontrollen, abgesagte Veranstaltungen und persönliche Vorsichtsmaßnahmen, die bei den Bemühungen helfen dürften. Zhong äußerte sich gegenüber chinesischen Staatsmedien.

Weitere Grenzschließungen in Hongkong

Hongkong schloss unterdessen weitere Grenzübergänge nach China. Wie Regierungschefin Carrie Lam mitteilte, bleiben nur noch der Shenzhen Bay-Übergang, die Brücke nach Zhuhai und Macao und eine begrenzte Zahl von Flugverbindungen in die Volksrepublik offen. Dort könnten eingehende Gesundheitskontrollen gemacht werden. Zuvor waren bereits alle Fähr- und Zugverbindungen ausgesetzt worden.

Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam (l.) mit Medizinern bei einer Pressekonferenz Ende Januar  (Foto: picture-alliance/NurPhoto/V. Yuen)
Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam (l.) mit Medizinern bei einer Pressekonferenz Ende JanuarBild: picture-alliance/NurPhoto/V. Yuen

Die weitere Schließung folgte auf wachsenden Druck unter den sieben Millionen Hongkongern, die Grenze ganz zu schließen, um ein Einschleppen des neuartigen Coronavirus zu verhindern. Mehr als Tausend Mitarbeiter des Gesundheitswesens traten an diesem Montag in den Streik, um eine weitere Begrenzung der Besucher aus der Volksrepublik durchzusetzen.  

1,2 Billonen von der Zentralbank - Aktienmärkte stürzen ab

Die Notenbank stärkt derweil das Finanzsystem der Volksrepublik mit einer ungewöhnlich hohen Geldspritze: Die Zentralbank stelle den Geschäftsbanken an diesem Montag 1,2 Billionen Yuan (rund 156 Milliarden Euro) Liquidität zur Verfügung, kündigte das Institut in Peking an. Das solle die Funktionalität des chinesischen Geldmarktes und Bankensystems während der Coronavirus-Krise sicherstellen. Die Ausbreitung des Virus hatte den Börsen weltweit in den vergangenen Tagen gehörig zugesetzt. 

Am ersten Handelstag nach den verlängerten Ferien um das asiatische Neujahrsfest stürzten die chinesischen Aktienmärkte wegen der Coronavirus-Epidemie ab. Die Börse in Shanghai büßte rund acht Prozent ein. Auch der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzen gab knapp acht Prozent nach. Auch an den übrigen asiatischen Börsen ging es bergab. Der Nikkei-Index schloss in Tokio ein Prozent tiefer bei 22.972 Punkten. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans fiel um 0,6 Prozent.

wa/kle/sti (dpa, afp, rtr)

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