Coronavirus-Verdacht bei Kölner Tourist
25. Februar 2020In einem Krankenhaus in Köln wird seit Montag ein Mann in Quarantäne behandelt, der sich möglicherweise infiziert hat. Der Patient klagt aktuell über Fieber, wie die Behörden der Stadt mitteilten. Er war vor kurzem aus der Lombardei in die nordrhein-westfälische Stadt zurückgekehrt. Der Mann war vom Rettungsdienst der Feuerwehr zunächst an eine medizinische Notfallpraxis verwiesen worden, da den zuständigen Stellen nicht bekannt gewesen sei, dass die Lombardei vom Robert Koch-Institut (RKI) als COVID-19-Risikogebiet ausgewiesen ist, hieß es weiter. Bislang sind in Deutschland 16 laborbestätigte Fälle bekannt.
In Italien ist die Lombardei von der neuen Lungenkrankheit am stärksten betroffen. Im Norden des Landes stieg die Zahl der Todesopfer auf sieben, wie Zivilschutzchef Angelo Borrelli am Montagabend bekanntgab. Das Todesopfer ist ein 62-jähriger Mann aus dem Ort Castiglione d'Adda südlich von Mailand, der laut Medienberichten schon vor seiner Ansteckung mit dem Coronavirus an mehreren chronischen Krankheiten litt. Die Zahl der Infizierten erhöhte sich auf 229. Einen Tag zuvor hatten die Italiener noch von rund 150 bestätigten Fällen gesprochen. Damit ist Italien mit Abstand das Land mit den meisten erfassten Fällen in Europa.
Die Regierung in Rom ergriff wegen der neuartigen Lungenkrankheit drastische Maßnahmen. Inzwischen sind elf Ortschaften, zehn in der Lombardei und eine in Venetien, abgeriegelt. Nach dem Karneval in Venedig wurde auch Fußballspiele und andere Großveranstaltungen abgesagt. Schulen und Universitäten in allen betroffenen Regionen bleiben vorerst geschlossen. In Mailand, der Hauptstadt der Lombardei, sind auch die bekannte Scala und der Dom zu.
"Corona ist als Epidemie in Europa angekommen"
Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza berief für diesen Dienstag in Rom ein Krisentreffen mit seinen Kollegen aus den Nachbarländern ein. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte seine Teilnahme zu. Der CDU-Politiker sprach angesichts der Entwicklung in Italien von einer geänderten Einschätzung der Lage. Infektionsketten seien nicht mehr nachzuvollziehen. "Corona ist als Epidemie in Europa angekommen", sagte er vor Journalisten in Berlin.
Spahn erklärte, die derzeitige Taktik der Behörden, jeden einzelnen Infizierten und alle seine Kontaktpersonen zu isolieren, sei bei einer weiteren Ausbreitung des Virus wohl nicht mehr möglich. Auf die Frage, ob auch ganze Städte abgeriegelt werden könnten, meinte er, theoretisch sei vieles denkbar. "Von der Absage von Großveranstaltungen (...) bis zum kompletten Abriegeln ganzer Städte gibt es ja auch noch viele Zwischenstufen."
Das Auswärtige Amt in Berlin empfiehlt allen Italien-Reisenden, die Nachrichten zu verfolgen und sich in der Krisenvorsorgeliste der Behörde einzutragen.
WHO zutiefst besorgt
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus bezeichnete die plötzliche Zunahme der Infektionsfälle in Italien, Südkorea und dem Iran als "zutiefst besorgniserregend". Er wies zugleich darauf hin, dass in China, wo die Viruserkrankung als erstes registriert worden war, die Zahl der Neuansteckungen kontinuierlich zurückgeht. Die Zahl der Toten stieg in er Volksrepublik offiziell auf 2663, es gibt rund 77.000 Infektionen.
In Südkorea, dem größten Infektionsherd außerhalb Chinas, gibt es mittlerweile mehr als 893 Infizierte. Die Gesundheitsbehörden meldeten im Verlauf des Montags 231 neue Fälle - der bisher stärkste Anstieg an einem Tag. Im Iran erhöhte sich die Zahl der Todesopfer nach offiziellen Angaben von acht auf zwölf - das ist angesichts von nur 64 Infizierten eine extrem hohe Sterblichkeitsrate.
se/cw (afp, dpa, epd)