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Versprechen der letzten Klimakonferenz gebrochen?

Ajit Niranjan
14. November 2022

Politiker und Wirtschaftsführer kündigten auf der letzten Klimakonferenz Pläne zum Kohleausstieg an, zur CO2- und Methanreduktion, zum Schutz der Wälder und zur Finanzierung. Was ist aus den Versprechen geworden?

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Protestierende halten beim Weltklimagipfel COP26 in Glasgow Leuchtbuchstaben in die Höhe, die die Worte " "End Climate Betrayal" bilden
"Schluss mit dem Klimabetrug" - wird weiterhin betrogen?Bild: Duncan McGlynn/AP Images for AVAAZ/picture alliance

Aus fast 200 Staaten kamen die Versprechen beim vergangenen Klimagipfel in Großbritannien: Führende Politiker sicherten zu, den Vereinten Nationen mitzuteilen, wie ihre Länder den Ausstoß von Klimagasen schneller und früher reduzieren würden. Ein Jahr später, beim Wiedersehen auf der aktuellen Weltklimakonferenz in Ägypten, hatten dies aber gerade einmal 26 Länder getan.

Gebrochene Versprechen sind fester Bestandteil von Klimakonferenzen: 2009 versicherten die reichen Länder den ärmeren Staaten, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar (101 Milliarden Euro) zu zahlen, damit diese ihren Ausstoß von Klimagasen reduzieren und Maßnahmen zur Anpassung an die Erderhitzung ergreifen können.

2020 wurden jedoch statt 100 Milliarden nur rund 83 Milliarden US-Dollar ausgezahlt - ein Großteil davon zudem in Form von Krediten, die zurückgezahlt werden müssen.

Händedruck zwischen Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und Venezuelas Präsident Nicolas Maduro auf der COP27 in Ägypten
Viele Staats- und Regierungschefs haben ihre Klimaschutzversprechen bisher nicht eingehaltenBild: Venezuelan Presidency/AFP

Und: Trotz aller getroffenen Zusagen, die Erderhitzung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, reichen die bislang eingeschlagenen Maßnahmen dafür nicht aus. Bleibt es bei dem, was bisher unternommen wurde, wird sich die Erde um 2,7 Grad bis zum Ende dieses Jahrhunderts aufheizen. 

Wie aber sieht es mit den Versprechen von der vergangenen Klimakonferenz aus? 

Glasgower Versprechen 1: weniger Kohlekraft

Alle Regierungen einigten sich in Glasgow darauf, die Kohlekraft zu beenden - einschließlich der Kohleländer Polen und Vietnam. 39 Staaten versicherten zudem, die Finanzierung von Projekten zur Förderung von Kohle, Öl und Gas in anderen Ländern einzustellen.

Doch viele Länder rudern mit ihren Versprechen derzeit zurück. Polen kündigte laut dem Nachrichtenportal Euractiv an, die Pläne zur Schließung von Kohlebergwerken verschieben zu wollen. Andere Länder in Europa nehmen Kohlekraftwerke wieder in Betrieb, um Erdgas aus Russland zu ersetzen.

Dennoch haben hohe Gaspreise und die Sorgen vor Energieknappheit die Investitionen in Erneuerbare Energien angekurbelt. Die Technologie zur Umwandlung von Sonnenlicht in Strom ist inzwischen so günstig geworden, dass der Bau eines neuen Solarparks billiger ist, als ein bestehendes Kohlekraftwerk am Laufen zu halten.

Aus den Türmen des Braunkohle-Kraftwerks Niederaussem bei Köln steigen dichte Schwaden auf
Viele AKW in Frankreich sind defekt, Erdgas ist knapp, deshalb produzieren wieder mehr Kohlekraftwerke Strom in Europa Bild: S.ZIese/blickwinkel/picture alliance

"Zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens muss bis 2040 das Energiesystem klimaneutral sein. Dafür muss das Tempo des Kohleausstiegs um den Faktor sechs beschleunigt werden", sagt Jennifer Layke, Direktorin für Energie beim World Resources Institute, einer gemeinnützigen Denkfabrik in Washington. "Rund 100 Gigawatt an Kohlekraft müssten jedes Jahr stillgelegt werden. Das entspricht der Schließung von 310 durchschnittlich großen Kraftwerken pro Jahr."

Glasgower Versprechen 2: weniger Ausstoß von Methan

Mehr als 100 Länder verpflichteten sich, den Ausstoß der Treibhausgases Methan zwischen 2020 und 2030 um 70 Prozent zu reduzieren. Erdgas besteht hauptsächlich aus Methan, auch Kühe stoßen es bei der Verdauung aus. Methan ist 80-mal klimaschädlicher als das Kohlendioxid (CO2), und beschleunigt die Erderhitzung deshalb vor allem kurzfristig.

Einige Länder haben nun Maßnahmen eingeleitet: Im Juni versprach Mexiko, zwei Milliarden Dollar in die staatliche Ölgesellschaft investieren zu wollen, um das Ablassen und Abfackeln von Methan an den Bohrstellen zu stoppen. Die EU arbeitet derzeit an Vorschriften, um Methanemissionen im Energiesektor einzudämmen.

Auf einer Ölplattform von Total entsteht eine riesige Flamme beim Abgefackeln von Gas
Ein großer Teil der Methanemissionen ließe sich schnell und kostengünstig reduzieren, wenn Praktiken wie das Abfackeln von Methangas bei der Förderung von Öl verboten würdenBild: PIUS UTOMI EKPEI/AFP

Aber bisher nannten laut World Resources Institute nur 15 der 119 Unterzeichner des weltweiten Methanabkommens konkrete Zahlen für ihre Pläne zur Methanreduktion. Analysten erwarten, dass Dutzende Länder Aktionspläne zur Reduzierung der Methanemissionen auf der Klimakonferenz in Sharm El Sheikh ankündigen werden.

Wenn auch Regierungen Interesse zeigen - einige Unternehmen blockieren den Fortschritt. In den USA wehrt sich die Ölindustrie gegen die Regulierung des Methanausstoßes durch die staatliche Umweltschutzbehörde. In Europa drängen Öl- und Gasunternehmen darauf, dass bei importierten Kraftstoffen die Methanemissionen in der Bewertung ignoriert werden - und das, obwohl Importe mindestens 80 Prozent des EU-Gasverbrauchs im Jahr 2021 ausmachten. 

"Viele Unternehmen, die an dieser Lobbyarbeit beteiligt sind, machen sich in der Öffentlichkeit für eine Reduzierung der Methanemissionen stark", sagt Vivek Parekh von der gemeinnützigen Denkfabrik Influence Map mit Hauptsitz in Großbritannien.

Glasgower Versprechen 3: kein Geld mehr für Klimakiller

Auf der letzten Klimakonferenz in Glasgow sagten Hunderte von Banken und Versicherungsunternehmen mit einem Vermögenswert von über 130 Billionen US-Dollar zu, Gelder im Sinne des 1,5-Grad-Ziels umzuschichten.

Doch das Bündnis ist wackelig. Einige Mitglieder sind ausgetreten und die meisten profitieren noch immer von Projekten zur Förderung von Kohle, Öl und Gas. Ein aktueller UN-Bericht, der das Thema Greenwashing bei Versprechen über Netto-Null-Emissionen behandelt, listet genau diese Gruppe auf. 

Einer mit Kohle beladenes Frachtschiff, auf dem Rhein vor einer Anlage vorn Thyssenkrupp Steel Europe in Duisburg, Deutschland
Banken investieren immer weniger in klimaschädliche Kohleprojekte - aber ihr Engagement reicht noch nicht ausBild: Ying Tang/NurPhoto/picture alliance

Ein Bericht der britischen Wohltätigkeitsorganisation ShareAction stellte fest, dass die meisten Banken, die sich das Ziel von Netto-Null-gesetzt hatten, ihr Geld zu langsam in grüne Aktivitäten umschichteten. Die meisten der 43 größten Mitglieder der Net-Zero-Banking Alliance haben Klimaziele, die "nicht ausreichend sind, um die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise zu verhindern".

Nur sieben Banken haben sich übergreifende Ziele gesetzt, um Emissionen bis 2030 zu senken. Die meisten Ziele bestehen darin, die Intensität der Emissionen pro Investment zu reduzieren - nicht aber die absolute Menge der Emissionen.

Glasgower Versprechen 4: Wälder und Böden schützen

Über 140 Länder verpflichteten sich auf der Klimakonferenz in Glasgow, die Entwaldung und die Verödung von Böden zu stoppen. Gleichzeitig versprachen sie, für Aufforstung und Wiederbelebung von Böden bis 2030 zu sorgen. Zu diesen Staaten gehören unter anderem Brasilien, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo mit den wertvollsten und bedrohtesten Wäldern der Welt.

"Trotz ermutigender Anzeichen gibt es weltweit keinen einzigen Indikator dafür, dass man auf dem Weg ist, diese Ziele für 2030 zu erreichen", heißt es in einem aktuellen Bericht der gemeinnützigen Organisation Forest Declaration Assessment. Um das gesetzte Ziel zu erreichen, müssten die Entwaldungsraten um zehn Prozent pro Jahr sinken. Im vergangenen Jahr sanken sie jedoch nur um sechs Prozent.

Feuer in einem brasilianischen Regenwald im Amazonas
Viehzüchter, Bergleute und Holzfäller haben weite Teile des Amazonas-Regenwaldes verwüstet - ermutigt vom scheidenden brasilianischen Präsidenten Jair BolsonaroBild: Carl de Souza/AFP

In Brasilien hat der neu gewählte Präsident Luiz Inácio Lula da Silva versprochen, den Amazonas-Regenwald zu schützen. "Ein stehender Baum ist mehr wert als tonnenweise Holz, das von denen illegal geerntet wird, die nur an schnellen Profit denken", sagte er nach seinem Wahlsieg Ende Oktober.

Die letzten vier Regierungsjahre unter seinem rechtsextremen Vorgänger Jair Bolsonaro waren geprägt von Waldbränden, Landraub, Behinderungen der Umweltbehörden und Angriffen auf indigene Gruppen, die für den Waldschutz kämpfen.

Nun veröffentlichte eine Gruppe führender Agrarunternehmen einen Fahrplan zum Klimaschutz - darunter große Rindfleischproduzenten wie Cargill und JBS. Kurzfristig sollen die Emissionen gesenkt und über Fortschritte berichtet werden. Und bis 2025 soll die Entwaldung im Amazonas für die Rinder-, Soja- und Palmölproduktion ganz enden.

Adaptiert aus dem Englischen von Gero Rueter