Pariser Klimaziel braucht schnelles Handeln
2. November 2017Im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Bonn veröffentlichte jetzt das UN-Umweltprogramm den sogenannten Emissions Gap Report. Dieser zeigt auf, welche Anstrengungen weltweit erforderlich sind, damit die Ziele des globalen Klimaabkommens noch erreicht werden können.
Um die Katastrophen durch die Erderwärmung zu begrenzen, hatte sich in Paris die Weltgemeinschaft im Klimavertrag verpflichtet, die Emissionen von Treibhausgasen zu senken. Die durchschnittliche Erderwärmung soll dadurch im Vergleich zur vorindustriellen Zeit (ca. 1850) auf deutlich unter zwei Grad gehalten werden. Zudem sollten alle Anstrengungen unternommen werden, damit der Temperaturanstieg noch unter 1,5 Grad bleibt.
Mit bisherigen Zusagen wird es über drei Grad wärmer
Nach Angaben des Reports reichen die bisherigen freiwilligen Zusagen jedoch nicht aus, damit die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzt wird.
Mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit würde mit den bisherigen Zusagen bis zum Ende dieses Jahrhunderts die globale Durchschnittstemperatur um mindestens drei Grad steigen.
Die bisher eingereichten Emissionsminderungen reichten nach Angaben des Reports lediglich für ein Drittel der bis 2030 erforderlichen Reduktionsminderung aus, damit die Klimaziele noch erreicht werden können.
"Ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Pariser Abkommens befinden wir uns noch immer in einer Situation, in der wir nicht annähernd genug tun, um Hunderte von Millionen Menschen vor einer miserablen Zukunft zu bewahren", sagte Erik Solheim, Leiter von UN Environment bei der Vorstellung des Berichts in Genf.
"Das ist inakzeptabel. Wenn wir allerdings in die richtigen Technologien investieren und sicherstellen, dass der Privatsektor einbezogen wird, können wir das Versprechen immer noch erfüllen, das wir unseren Kindern zum Schutz ihrer Zukunft gegeben haben", so Solheim. Aber es sei nötig, sofort zu handeln.
Rekordanstieg von Treibhausgasen
Verantwortlich für die Klimaerwärmung ist die Konzentration von Treibhausgasen in der Atomsphäre, vor allem von CO2. Laut einem aktuellen Bericht der Weltwetterorganisation (WMO) stieg die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre auf inzwischen 403,3 Teilchen pro Millionen Teilchen (ppm). Das ist im Vergleich zum Vorjahr (400 ppm) ein Rekordanstieg.
1996 lag die Konzentration noch bei 362 ppm und vor dem Beginn der Industrialisierung mindestens 800.000 Jahre bei 280 ppm. Nach Angaben der WMO gab es eine so hohe CO2-Konzentration in der Atmosphäre wie heute zuletzt vor drei bis fünf Millionen Jahren. Damit verbunden war eine Temperaturerhöhung von zwei bis drei Grad, geschmolzenes Eis in Grönland und der West-Antarktis und ein 10 bis 20 Meter höherer Meeresspiegel.
Erforderliche Reduktion noch möglich
Der GAP-Report mahnt zum schnellen Handeln aller: Regierungen, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und jedes einzelnen Bürgers. Es sei dringend mehr Ehrgeiz anzustreben, damit die Ziele des Pariser Übereinkommens noch erreicht werden können.
Um die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen, sei es erforderlich und ökonomisch sinnvoll, neben den nationalen Zusagen im Rahmen des Klimaabkommens weltweit zusätzlich 11 bis 13,5 Gigatonnen (Gt) CO2 pro Jahr bis zum Jahr 2030 einzusparen. Eine Gigatonne CO2 entspricht etwa den Emissionen des Verkehrs (inklusive Luftfahrt) in der EU.
Um das Ziel der Temperaturbegrenzung von 1,5 Grad Celsius noch zu erreichen, seien nach Berechnungen der Forscher zusätzliche Einsparungen in der Größenordnung von 16 bis 19 GT pro Jahr bis 2030 erforderlich.
"Das Pariser Abkommen hat die Klimaschutzmaßnahmen angekurbelt, aber die Dynamik schwankt eindeutig", sagt Edgar Gutiérrez-Espeleta, Umwelt- und Energieminister von Costa Rica und Präsident der UNO-Umweltversammlung 2017. "Wir stehen vor einer wichtigen Entscheidung: Steigern wir unsere Ambitionen oder tragen wir die Konsequenzen."
Investitionen in neue Technik sind Schlüssel zum Erfolg
Der UN-Bericht zeigt aber auch Möglichkeiten wie das Pariser Klimaziel noch erreicht werden kann. In der Industrie, in Gebäuden, im Verkehr, der Land-,Forst- und Energiewirtschaft ließen sich 30 bis 40 Gigatonnen CO2 pro Jahr einsparen. Die damit verbunden Kosten für die CO2-Einsparung lägen bei unter 100 Dollar pro Tonne CO2.
Ein großes Einsparpotential von bis zu 21 Gigatonnen CO2 pro Jahr ließe sich nur durch den Ausbau von Solar- und Windenergie, energieeffiziente Geräte und PKW, Stopp von Abholzungen und Aufforstungen erzielen und 8 bis 12 Gigatonnen pro Jahr durch eine veränderte Landwirtschaft.
Damit diese Einsparpotentiale auch erzielt werden, sei laut Report vor allem auch die Politik in den Ländern gefordert. Ein wichtiger Schritt sei hierbei auch der Verzicht auf neue Kohlekraftwerke und der Abbau von bestehenden.
Weltweit gibt es nach Schätzungen des Reports derzeit 6.683 Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 1964 Gigawatt. Wenn alle diese Anlagen bis zum Ende ihrer Lebensdauer betrieben werden, würden sie noch rund 190 Gt CO2 in die Atmosphäre emittieren.
Hinzu kommen noch Kohlekraftwerke die im Bau sind (273 GW) und in Planung (570 GW). Würden diese Anlagen alle gebaut und noch betrieben, so emittierten diese noch zusätzliche Emissionen von etwa 150 Gt CO2.
Hilfreich sei es hier, sehr schnell umzusteuern und so die Emissionen zu reduzieren. Mit Blick auf Entwicklungs- und Schwellenländer seien hier auch partnergestützte Projekte und Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien und Energieeffizienz hilfreich. Sie "sind für die weltweite Dekarbonisierung von entscheidender Bedeutung", sagt der norwegische Außenminister Børge Brende bei der Veröffentlichung des Reports.
"Da erneuerbare Energien und Energieeffizienz viele andere Vorteile bringen - einschließlich einer besseren menschlichen Gesundheit und Arbeitsplätzen - fordere ich die internationale Gemeinschaft auf, die Finanzierung zu leisten, die sie versprochen haben, um die Entwicklungsländer bei ihren Klimaschutzmaßnahmen zu unterstützen", sagte Brende.
Im Rahmen der Klimavereinbarungen hatten die Industrieländer versprochen ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar in einen Klimafonds zu zahlen. Damit ließen sich auch entsprechende Maßnahmen zur Emissionsminderungen zum Teil finanzieren.