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Citigroup-Chef tritt ab

5. November 2007

Der Chef des größten US-Finanzkonzerns ist im Zuge der Kreditkrise zurückgetreten. Der Grund: Die Bank muss nochmals bis zu bis elf Milliarden US-Dollar abschreiben. Die Aktienmärkte reagierten uneinheitlich.

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Hat die Kreditkrise nicht überlebt: Citigroup-Chef Charles Prince (Quelle: AP)
Hat die Kreditkrise nicht überlebt: Citigroup-Chef Charles PrinceBild: AP

Nach einer Krisensitzung des Verwaltungsrats der Citigroup am Sonntag Abend (4.11.2007) stand fest: Charles Prince tritt zurück. Vier Jahre lang hatte Prince den Finanzriesen geführt. Der Rücktritt sei für ihn angesichts des Ausmaßes der jüngsten Verluste "der einzige ehrenhafte Weg", sagte er.

Unter Prince hat der Citigroup-Aktienkurs mehr als 17 Prozent verloren. Das Unternehmen musste bereits vor kurzem rund 6 Milliarden Dollar abgeschreiben - davon allein 2,2 Milliarden wegen Problemen durch die Kreditkrise am US-Immobilienmarkt. Die neuen Verluste werden den Konzerngewinn um bis zu 7 Milliarden Dollar drücken. Experten hatten weitere Bereinigungen erwartet - aber kaum in diesem Ausmaß.

Übergangs-Chef kommt aus Deutschland

Zum Interims-Unternehmenschef wurde der in Deutschland geborene, Sir Win Bischoff, berufen, derzeit noch Vorsitzender des Europa-Geschäfts der Citigroup. Der 66-jährige Bischoff war zuvor Chef der Asset Management-Gesellschaft Schroders in London, bis sie von der Citigroup gekauft wurde.

Der ehemalige US-Finanzminister Robert Rubin ist neuer Vorsitzender des Verwaltungsrates. Der 57-jährige Prince hatte auch dieses Amt inne gehabt. Rubin arbeitet seit 1999 in sehr hoher Position außerhalb des unmittelbaren Tagesgeschäfts für die Bank. Er gilt als enger Vertrauter von Prince. Laut "New York Times" wird daher sein Rückzug aus der Bank erwartet, sobald ein neue Führung gefunden sei. In Frage kämen interne wie externe Kandidaten, sagte Rubin.

Die Kandidatensuche läuft

Zu den heiß gehandelten Kandidaten für den Spitzenjob zählen der derzeit für das laufende Geschäft verantwortliche Top-Manager Robert Druskin und der für das Investment Banking zuständige Vikram Pandit, der erst vor gut einem halben Jahr von der Investmentbank Morgan Stanley zur Citigroup kam. Als externe Lösung ist der Chef des weltgrößten Börsenbetreibers NYSE Euronext, John Thain, im Gespräch.

Auch er musste seinen Hut nehmen: Stan O'Neal von Merrill Lynch
Auch er musste seinen Hut nehmen: Stan O'Neal von Merrill LynchBild: picture-alliance/dpa

Binnen weniger als einer Woche musste damit bereits der zweite Chef einer US-Großbank wegen der Kreditmarkt-Turbulenzen seinen Hut nehmen. Erst vergangenen Dienstag war Merrill-Lynch-Chef Stan O'Neal nach den Rekord-Abschreibungen der Investmentbank zurückgetreten.

Widersprüchliche Reaktionen an den Börsen

In Deutschland belastete die Citigroup-Entscheidung Händlern zufolge den Aktienmarkt. Die Börse in Frankfurt startete am Montag nach durchwachsenen Vorgaben etwas schwächer in den Handel. "Die Verunsicherung bleibt, da man nicht weiß, wie viel Risiko die Banken noch in den Büchern stehen haben", sagte ein Händler.

Der Japan-Chef von Citigroup eröffnet der Börseneinstand in Tokio (Quelle: AP)
Der Japan-Chef von Citigroup eröffnet den Börseneinstand in Tokio (Quelle: AP)Bild: AP

In Tokio legte die Citigroup am Montag trotz der Krise ein starkes Debüt hin. Die Aktie ging um fünf Prozent über dem New Yorker Schlusskurs vom Freitag aus dem Markt. Die Meldung vom Rücktritt des Konzernchef traf allerdings erst kurz nach Handelsaufakt ein. Der Chef der Japan-Tochter sagte daraufhin eine Pressekonferenz ab. Im Juni hatte Citigroup als erstes ausländisches Institut die japanische Banklizenz erhalten.

Todesdrohungen gegen Analystin

Die Turbulenzen um die Bank haben inzwischen dazu geführt, dass eine Analystin um ihr Leben fürchtet: Nachdem sie die Citigroup-Aktien herabgestuft hatte, ist die Analystin Meredith Whitney von CIBC World Markets nach eigenen Angaben mit dem Tode bedroht worden.

"Die Kunden sind über meine Bewertung nicht glücklich und ich habe mehrere Morddrohungen erhalten", sagte sie der britischen "Times". Von ihrer Einstufung sei sie nach wie vor vollkommen überzeugt - es sei die eindeutigste, die sie in ihrer Karriere je gemacht habe. Aber Investoren könnten "bösartig und streitlustig" werden, wenn sie der Meinung seien, durch eine Bewertung Geld verloren zu haben. (leix)