Daniel Deußer gewinnt Großen Preis in Aachen
19. September 2021"Was mir bei der Hymne genau durch den Kopf gegangen ist, weiß ich nicht, aber es war auf jeden Fall ein ganz besonderer Moment", sagte Daniel Deußer der DW nach dem bisher wohl größten Sieg seiner erfolgreichen Karriere und strahlte über das ganze Gesicht. Zuvor, bei der Siegerehrung, als er der deutschen Nationalhymne lauschte, hatte er noch gedankenverloren und ganz in sich gekehrt gewirkt.
Vielleicht ließ Deußer, die aktuelle Nummer eins der Weltrangliste, noch einmal die entscheidenden Sprünge mit seiner elfjährigen Stute Killer Queen vor seinem inneren Auge vorbeiziehen. Am Ende waren es nämlich nur ein paar Hunderstelsekunden gewesen, die darüber entschieden hatten, dass der Sieger im Großen Preis von Aachen in diesem Jahr aus Deutschland kommt. In einem engen Stechen, das insgesamt sieben Reiterinnen und Reiter erreicht hatten, setzte sich Deußer vor 19.000 begeisterten Zuschauern mit null Fehlern und in 41,85 Sekunden gegen die starke Konkurrenz durch.
Als erster Reiter ins Stechen gegangen, legte der 40-Jährige gleich eine Nullrunde vor und musste danach bangen, ob seine Bestzeit Bestand hat. Der Belgier Gregory Wathelet blieb mit Nevados ebenfalls ohne Abwurf, allerdings war er mit 42,83 Sekunden langsamer. Alle anderen Konkurrenten, auch der als Topfavorit gehandelte Olympiasieger Ben Maher aus Großbritannien mit seinem Gold-Pferd Explosion, leisteten sich Fehler. Schließlich konnte nur noch der letzte Reiter, das 20-jährige "US-Wunderkind" Brian Moggre, auf Balou de Reventon Deußer verdrängen. Zwar gab Moggre, der am Donnerstag mit dem US-Team siegreich im Nationenpreis war, alles und trieb sein Pferd über den Parcours, er benötigte bei seiner fehlerfreien Runde aber 42,16 Sekunden und schob sich damit zwischen Deußer und Wathelet auf Rang zwei.
"Endlich!", mit diesem Wort kommentierte Deußer anschließend sichtlich erleichtert seinen Sieg. In den vergangenen Jahren war er oft knapp dran gewesen, hatte es dann aber doch nicht auf die Aachener Siegertafel geschafft. "Es wurden in diesem Jahr schon die ganze Zeit Witze gemacht, wann ich es denn endlich einmal schaffe", sagte er im Gespräch mit der DW und wirkte überaus zufrieden, sich diesen Druck nun genommen zu haben.
Zahlreiche Nullrunden
Insgesamt waren zwölf Reiterinnen und Reiter im ersten Umlauf ohne Fehler geblieben. Neben den deutschen Topreitern Deußer und Christian Ahlmann schafften Maher und sein Landsmann Scott Brash, Steve Guerdat aus der Schweiz, Moggre und Laura Kraut aus den USA. Wathelet und Jerome Guery aus Belgien, der Mexikaner Patricio Pasquel und die beiden jungen Deutschen Philipp Schulze-Topphoff sowie Gerrit Nieberg eine Nullrunde.
Im zweiten Umlauf, in dem nur noch die besten 18 Teilnehmer der ersten Runde dabei waren, wiederholten Deußer, Guery, Wathelet, Maher, Kraut, Moggre und Brash dieses Kunststück, so dass das Stechen entscheiden musste. Dort war schließlich Deußer der Beste.
Für das Starterfeld der 40 Besten der Aachener Turnierwoche hatten sich insgesamt acht Frauen qualifiziert, mit Jana Wargers und der deutschen Meisterin Sophie Hinners kamen zwei von ihnen aus Deutschland. Während Hinners mit Vittorio im ersten Umlauf 13 Fehlerpunkte sammelte, kam Wargers mit Limbridge auf zwölf Strafpunkte. Beide Reiterinnen schieden damit nach der ersten Runde aus, hinterließen mit ihren guten Leistungen in vielen verschiedenen Teilprüfungen des CHIO-Programms insgesamt aber einen starken Eindruck.
Lukrative Springserie
Der Große Preis von Aachen zählt gemeinsam mit dem CSIO in Calgary sowie den Großen Preisen der Hallenturniere in Genf und 's-Hertogenbosch zum sogenannten Rolex Grand Slam, einer Turnierserie, in der es dank des Schweizer Uhren-Sponsors sehr viel Geld zu gewinnen gibt. Wer drei Turniere hintereinander gewinnt, erhält eine Million Euro zusätzlich zum Preisgeld. Setzten Reiter oder Reiterin die Erfolgsgeschichte sogar noch fort und gewinnt auch ein viertes Major, gibt es einen weiteren Bonus von einer Million Euro. In Aachen war der Große Preis insgesamt mit einer Million Euro dotiert. Deußer erhielt als Sieger 330.000 Euro.
Andere Springreiter verpassten dagegen die dicke Börse: So Steve Guerdat, der als Gewinner des Großen Preises der Spruce Meadows Masters in Calgary nach Aachen gekommen war und bei einem Erfolg zusätzlich zur Aachener Siegerprämie einen Bonus von 500.000 Euro mitgenommen hätte. Doch der Schweizer leistete sich auf Venard de Cerisy im zweiten Umlauf einen Abwurf.
Und auch für Max Kühner gab es kein Extrageld: Der für Österreich startende Deutsche hatte, nachdem er in diesem Jahr den Großen Preis in s'-Hertogenbosch für sich entscheiden konnte, in Aachen immerhin die Chance auf einen Bonus von 250.000 Euro, schied aber bereits im ersten Umlauf aus. Der einzige Reiter, der bislang mit drei Siegen in Folge den Grand Slam gewinnen konnte, war Scott Brash im Jahr 2015. Der US-Amerikaner und Titelverteidiger Kent Farrington war diesmal in Aachen nicht am Start.
Dressur: Isabell Werth gewinnt erneut
Bevor die Springreiter in Aachen mit dem Rolex Grand Prix den Schlusspunkt setzten, gewann Isabell Werth zum 14. Mal den Großen Dressurpreis beim CHIO Aachen. Mit ihrem Pferd Quantaz verwies die siebenmalige Olympiasiegerin die Niederländerin Dinja van Liere mit Hermes und die Britin Charlotte Fry mit Dark Legend auf die Plätze zwei und drei.
Und auch im Nationenpreis war die deutsche Equipe die beste. Neben Werth mit Quantaz trugen Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl mit Ferdinand, Frederic Wandres mit Duke of Britain und Carina Scholz mit Tarantino zum deutschen Mannschaftserfolg vor den Niederlanden und Großbritannien bei.