Chinas Wirtschaft wächst trotz Corona
18. Januar 2021Die chinesische Wirtschaft ist 2020 wegen der Corona-Krise so langsam gewachsen wie seit über vier Jahrzehnten nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt legte um 2,3 Prozent zum Vorjahr zu, wie das Statistikamt in Peking mitteilte. Das ist das schlechteste Abschneiden seit 1976, das dem historischen Einbruch zu Jahresbeginn infolge des Corona-Ausbruchs geschuldet ist. 2019 hatte es noch zu einem Plus von rund sechs Prozent gereicht. Dennoch steht die Volksrepublik damit gut da, sind doch die anderen großen Volkswirtschaften nach Prognose internationaler Organisationen wie der OECD geschrumpft. Die deutsche Wirtschaft ist einer ersten Schätzung zufolge um 5,0 Prozent eingebrochen.
Einzige Volkswirtschaft mit Wachstum in 2020
China ist damit laut Prognosen die einzige große Volkswirtschaft, die 2020 nicht geschrumpft ist. Laut der offiziellen Zahlen hatte die Wirtschaft zuletzt weiter Fahrt aufgenommen. Nach einem Plus von 4,9 Prozent im dritten Quartal legte sie im vierten Quartal um 6,5 Prozent im Vorjahresvergleich zu. Da das bevölkerungsreichste Land der Erde das Coronavirus seit dem Sommer weitestgehend im Griff hat und nur vereinzelt Infektionen und kleinere Ausbrüche zählt, haben sich die wirtschaftlichen Aktivitäten wieder normalisiert. In diesem Jahr dürfte sich der Aufschwung erheblich verstärken: Der Internationale Währungsfonds (IWF) sagt China ein kräftiges Wachstum von 7,9 Prozent voraus. "Wir denken, dass die Aussichten für die nahe Zukunft gut bleiben", sagte Ökonom Julian Evans-Pritchard von Capital Economics. "Wir sehen noch viel Potenzial für den Konsum, da die Haushalte ihre im vergangenen Jahr angehäuften Ersparnisse abbauen werden."
Chinas Wachstum hilft deutschen Firmen durch die Corona-Krise
Wie die Pekinger Zollbehörde vergangene Woche mitgeteilt hatte, waren allein im Dezember die Exporte im Vorjahresvergleich um 18,1 Prozent gestiegen. Die Importe hatten um 6,5 Prozent zugelegt. "Die chinesische Wirtschaftsentwicklung 2020 bot sicher einen der wenigen Lichtblicke in der Welt", sagte Max Zenglein vom China Institut Merics in Berlin. Deutsche Unternehmen habe der Aufschwung in China geholfen, um Einbrüche auf anderen Märkten zu kompensieren. Die starken Exportzahlen seien damit zu erklären, dass sich die chinesische Wirtschaft schnell auf die neue Nachfrage-Situation in anderen Staaten angepasst habe. So seien viel Elektronik für die Einrichtung von Home Office-Arbeitsplätzen als auch medizinische Schutzausrüstung aus China geliefert worden.
Sorge vor neuen Infektionen
Neue Impulse werden durch den neuen Fünfjahresplan erwartet, der auf dem Volkskongress im März verabschiedet werden soll. Der Plan setzt dort an, wo China in den vergangenen Jahren die größten Rückschläge hinnehmen musste. Der Handels- und Technologiekrieg der USA mit China hat die Abhängigkeit vom Ausland schmerzlich bewusst gemacht. Wie aus ersten Mitteilungen der Führungselite der Kommunistischen Partei zum neuen Plan hervorging, wird ein neuer Wirtschaftskurs eingeschlagen. Heimische Nachfrage und eigene Innovation sollen noch stärker gefördert werden.
China will sich damit unabhängiger von den USA und dem Rest der Welt machen. Trotz der positiven Aussichten gibt es Warnungen vor weiterhin bestehenden Herausforderungen. Laut dem Experten Zenglein müsse auch in China die Corona-Lage weiter beobachtet werden. Zuletzt hatte es in der Provinz Hebei, die Peking umschließt, Hunderte neue Infektionen gegeben. "Die steigenden, wenn auch regional begrenzten Coronafälle werden sich kurz vor dem bevorstehenden chinesischen Neujahrsfest zweifelsohne auf die Nachfrage auswirken", sagte Zenglein.
Insbesondere sei zu erwarten, dass der Dienstleistungssektor davon betroffen sein werde, wenn über die Feiertage auf Reisen und Restaurantbesuche verzichtet würde. Auch wenn die Situation nicht mit dem Vorjahr zu vergleichen sei, werde es auch 2021 kein unbeschwertes Neujahrsfest in China geben. Das chinesische Neujahr fällt in diesem Jahr laut dem traditionellen Mondkalender auf den 12. Februar.
hb/sti (dpa,rtr)