Chinas Wirtschaft landet weich
11. Oktober 2014In Zeiten politischer Krisen und schleppender Weltwirtschaft waren über 600 Teilnehmer zum "Hamburg Summit: China meets Europe" gekommen, der alle zwei Jahre an der Elbe stattfindenden europäisch-chinesischen Wirtschaftskonferenz. Und sie waren gespannt, vom chinesischen Premierminister Li Keqiang persönlich zu hören, wie es um die zweitgrößte Volkswirtschaft steht. Li gab sich optimistisch. So sei die chinesische Wirtschaft in der ersten Jahreshälfte um 7,4 Prozent gewachsen. "Unser Ziel für das ganze Jahr lautet: rund 7,5 Prozent." Dabei betonte er das Wort "rund". Das bedeute, dass etwas drunter oder drüber im Rahmen liege. "Wichtig ist, zu sehen, ob genügend Arbeitsplätze geschaffen werden, ob das Einkommen der Bevölkerung steigt und wie die Qualität des Wachstums ist", so Li Keqiang. Vor allem der Arbeitsmarkt gebe Grund zur Freude, so seien in den ersten zehn Monaten zehn Millionen Arbeitsplätze in den Städten entstanden, so viel wie für das ganze Jahr angestrebt. Li schlussfolgerte: "Eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft, wie manche Medien berichtet haben, wird es nicht geben."
In seiner Rede in der Handelskammer der Hansestadt, der Gastgeberin des Hamburg Summit, hob Li Keqiang auch die internationale Verantwortung hervor, die sein Land inzwischen trägt. China leiste beispielsweise den einem Entwicklungsland angemessenen Beitrag, um Afrika im Kampf gegen die Ebola zu unterstützen.
Aktivere Rolle in Krisen
Frank-Walter Steinmeier lobte Chinas Engagement in Afrika. So schickte das asiatische Land in den vergangenen drei Wochen über 200 Ärzte in die von Ebola am meisten betroffenen Länder. Der deutsche Außenminister nannte Chinas wirtschaftlichen Aufstieg in den zurückliegenden drei Dekaden "ohne Beispiel", um das Land gleich darauf an seine Verpflichtung zu erinnern: "Neben der wirtschaftlichen Stärke ist das die politische Verantwortung." Dem Außenminister liegt die Ukrainekrise besonders am Herzen. Hier stelle er in den Gesprächen mit dem chinesischen Amtskollegen einen beachtlichen Maß an Übereinstimmungen fest, so Steinmeier.
Deutlicher als Steinmeier wurde Elmar Brok vom Europaparlament. Er hoffe, dass China eine aktivere Rolle bei den diversen Krisen spiele, beispielsweise in der Syrienkrise, sagte Brok. Auf das Vetorecht zu verzichten, reiche nicht mehr aus.
Dagegen argumentierte Jin Canrong, ein renommierter Politikwissenschaftler von der Volksuniversität in Peking, dass China im Moment nur eine regionale Macht mit globalem Einfluss sei. Man könne nicht klar zwischen regionaler und globaler Macht unterscheiden, konterte der CDU-Politiker Brok.
Hamburg: Chinas Tor nach Europa
Ist China nun bereits eine globale Macht? Meinen chinesische und europäische Politiker dasselbe, wenn sie von gemeinsamen Regeln sprechen? Darauf und auf viele andere Fragen konnte das Treffen keine Antwort geben. Dennoch sei der Hamburg Summit eine ganz wichtige Plattform für den Austausch zwischen China und Europa, sagte Frank-Walter Steinmeier. Für diese Plattform sei Hamburg wie kaum ein anderer Ort geeignet.
Unter allen deutschen Städten pflegt Hamburg die längste Beziehung zu China. Über 500 chinesische Unternehmen haben sich hier niedergelassen und nutzen die Stadt als den Brückenkopf nach Europa. "Hamburg" bedeutet im Übrigens auf Chinesisch die "Burg der Han-Chinesen".