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Kein Platz an der Sonne

Mathias Bölinger10. September 2012

Die europäische Solarbranche ist in Schwierigkeiten. Eine regelrechte Pleitewelle hat die einstige Boombranche erfasst. Die europäischen Unternehmen machen Billigexporte aus China dafür verantwortlich.

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Ein chinesischer Arbeiter mit Helm prüft Solar-Paneele
China SolarbrancheBild: picture-alliance/dpa

"Shine, baby, shine" - rief der Texaner mit dem Cowboyhut der Sonne zu und lachte ein zufriedenes Lachen. Der Schauspieler Larry Hagman, der so für einen großen Solarzellenhersteller wirbt, ist in den achtziger Jahren bekannt geworden als Ölbaron J.R. in der Fernsehserie Dallas. Zwei Jahre ist es her, dass dieser Clip den ganzen Zukunftsoptimismus der Branche verkörperte. Der Boom der erneuerbaren Energien schien vergleichbar mit dem Ölboom der letzten Jahrzehnte. Doch inzwischen ist der Optimismus geschwunden.

Larry Hagman, bekannt als der Öl-Baron "JR Ewing" in der TV-Sendung 'Dallas', macht jetzt Werbung für SolarWorld. (Foto: SolarWorld)
Mit "Shine, baby, shine" scheint es bei europäischen Solarherstellern vorerst vorbei zu seinBild: SolarWorld

"Protektionismus auf dem Vormarsch"

Allein in Deutschland sind mehrere große Solarunternehmen pleite gegangen. Darunter Weltmarktführer wie Solon oder Q-Cells. Einer der Gründe ist, dass Förderprogramme beispielsweise der deutschen Bundesregierung reduziert wurden und die Nachfrage zurückgegangen ist. Doch die europäischen Unternehmen sehen noch einen ganz anderen Grund: die zunehmende Konkurrenz aus China. 2011 exportierte China Solarpaneele im Wert von 21 Milliarden Euro nach Europa - zu Dumpingpreisen, glaubt man in europäischen Konzernzentralen. Ein Zusammenschluss von europäischen Solarunternehmen hat deshalb bei der Europäischen Union Strafzölle beantragt. Ganz vorne dabei ist das Bonner Unternehmen Solarworld - jenes Unternehmen, das mit dem Ölbaron aus Dallas wirbt.

"In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist der Protektionismus immer auf dem Vormarsch", sagt Cheng Siwei, Wirtschaftsprofessor an der chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften. "Trotzdem hoffe ich, dass wir diesen Konflikt in Verhandlungen beilegen können." Ähnliches hatte die deutsche Bundeskanzlerin kürzlich bei ihrem Peking-Besuch vorgeschlagen. Cheng erläutert auf einer Podiumsdiskussion der Bertelsmann-Stiftung in Berlin die chinesische Haltung zu dem Handelskonflikt und macht den europäischen Herstellern wenig Hoffnung darauf, dass der Druck aus Fernost nachlassen könnte. "Über den Preis sind europäische Produkte nicht konkurrenzfähig", ist er überzeugt. "Europa kann nur dort bestehen, wo es eine höhere Qualität liefern kann. Aber bei den Solarzellen ist der technische Unterschied zwischen uns nicht sehr hoch."

Die meisten europäischen Unternehmen sehen das ganz anders. Sie halten die Preise der chinesischen Konkurrenz für viel zu niedrig. Dank staatlicher Subventionen könnten chinesische Hersteller Solarpaneele unter dem Produktionspreis anbieten, sagen sie. Die EU geht diesen Vorwürfen seit Juli in einem Wettbewerbsverfahren nach. Innerhalb von neun Monaten muss sie nun prüfen, ob chinesische Unternehmen Dumpingpreise anbieten, oder die Europäer einfach nur eine Entwicklung verschlafen haben. "Die chinesischen Unternehmen sind sicherlich - vorsichtig gesagt - wohlwollend unterstützt worden", sagt Klaus Töpfer, ehemaliger Leiter des UN-Umweltprogramms. Von einem Strafverfahren hält er dennoch wenig. Stattdessen sollten sich die europäischen Unternehmen lieber auf technisch anspruchsvollere Geschäftsfelder konzentrieren: die Steuerung von Stromnetzen oder die Planung großer Solarkraftwerke.

Mit Fahnen und einer traurigen Sonne protestieren Mitarbeiter der Solarbranche gegen Kürzungen der Solarförderung. (Foto: Jan Woitas/lah)
In Europa fürchten viele Mitarbeiter der Solarbranche um ihre Arbeitsplätze.Bild: picture-alliance/ZB

"Bis die Kasse leer ist"

Die deutschen Unternehmen hätten sich in den letzten Jahren auf ihren guten Ergebnissen ausgeruht, glaubt auch Stefan Riel, Vorstandsmitglied beim Unternehmen Wirsol, das Solaranlagen plant und als einziges deutsches Solarunternehmen in China investiert hat. "Für mich war klar, dass Deutschland kein Standort für die Solarzellenproduktion ist. Die deutschen Unternehmen haben es leider verpasst, ihre Produktion zu internationalisieren."

De schwierige Lage der Branche derzeit hält er weniger für einen Handelskonflikt als für eine Marktbereinigung - eine Situation in der große Produktionskapazitäten auf eine sinkende Nachfrage treffen. "Auch chinesische Unternehmen untereinander stehen in einem harten Wettbewerb. Die Kapazitäten gehen in die Märkte und die chinesischen Hersteller machen das aggressiv - bis die Kasse leer ist", so Riels Einschätzung.