China lässt Ägypten aus dem Netz verschwinden
2. Februar 2011Schon am Sonntag (30.01.2011) hat China die Suche nach dem Stichwort "Ägypten" weitestgehend blockiert. Zwei äußerst populäre chinesische Blogsites, www.sina.com und www.sohu.com, geben bei der Suche jeweils keinen Treffer aus, während Recherchen nach anderen Ländern problemlos Ergebnisse erbrachten. Statt einer weiterführenden Linkliste tauchte auf den Seiten entweder eine Fehlermeldung oder ein Hinweis auf entsprechende gesetzliche Einschränkungen auf.
Berichterstattung auf chinesisch
Hong Lei, der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, bestritt jedoch, dass es eine Zensur zum Thema Ägypten gebe. Und tatsächlich werden in den Staatsmedien die Unruhen in Ägypten nicht tabuisiert. Regelmäßig hat etwa das chinesische Staatsfernsehen in den vergangenen Tagen aus Kairo berichtet. Dabei wurde allerdings der Schwerpunkt der Berichterstattung auf die von Demonstranten ausgehende Gewalt gesetzt, nicht auf die Ursache der Proteste gegen die Regierung. "Gesetzlosigkeit und Anarchie" herrschten auf Ägyptens Straßen, so der einhellige Tenor chinesischer Medien.
Auch im Netz finden sich nur wenige Berichte. Einem Artikel der in Hongkong erscheinenden "South China Morning Post" zufolge dürfen dort nur Berichte der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua verbreitet werden. Selbst Fotos und Videos von ägyptischen Demonstranten oder Panzern seien verboten. Stattdessen finden sich im chinesischen Internet Artikel etwa über ein Treffen von Ägyptens noch amtierenden Staatspräsidenten Husni Mubarak mit seinem neuen Kabinett oder über den Rücktransport von Chinesen aus Kairo. Am Dienstag (02.02.2011) hatte China rund 480 Landsleute außer Landes geflogen.
Die Angst der KP vor dem arabischen Funken
Mit der Zensurmaßnahme versucht die Regierung anscheinend, ein Übergreifen der Demokratiebestrebungen auf die heimische Bevölkerung und deren 450 Millionen Internet-Nutzer zu verhindern. Gebetsmühlenartig wiederholen Chinas Medien immer wieder, dass die Ereignisse in Nordafrika nicht auf China übertragbar seien. Entsprechende Bestrebungen in Asien würden allenfalls zu "Chaos in den Straßen" führen, lautete ein Kommentar in der regierungsnahen "Global Times".
Die Behörden fürchten, dass sich die Chinesen an den eigenen, blutig niedergeschlagenen Volksaufstand von 1989 erinnern. Wohl nicht ganz zu Unrecht: Erst vor wenigen Tagen war bei Twitter ein Video aufgetaucht, dass einen Demonstranten in Kairo zeigt, der einem anrollenden Wasserwerfer den Weg versperrt. Sofort twitterten chinesische Internet-User von "Ägyptens Tiananmen-Augenblick" – in Anspielung auf ein berühmtes Bild vom Platz des Himmlischen Friedens vor 22 Jahren, bei dem sich ein mutiger Student vor die Panzer der chinesischen Armee gestellt hatte. Weitere Kommentare lauteten: "Demokratie ist eine gute Sache" oder "Nicht Monarchie ist die Grundlage für Frieden, sondern Demokratie".
Chinas Zensur reagierte schnell: Rigoros strich sie auch Kommentare von Internetnutzern, die nach den jüngsten Unruhen am Nil so manche Parallele zwischen Ägypten und China zu sehen glaubten. Ohnehin ist China im Umgang mit Internetsperren wenig zimperlich: Die Regierung in Peking zensiert die in China ansässigen Websites regelmäßig, außerdem werden die etwa 450 Millionen Internet-Nutzer im Land häufig am Besuch ausländischer Websites gehindert. Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Youtube sind von vornherein blockiert. Immer mehr vor allem junge Chinesen nutzen allerdings verschiedene technische Möglichkeiten wie Proxy-Server und Tunneldienste, um der staatlichen Kontrolle zu entgehen.
Autor: Thomas Latschan (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Esther Felden